Die Schwalben von Kabul

Romain Antony | 09.06.2023

Die Taliban herrschen 2001 in Afghanistan (und jetzt wieder!). In Folge einer Auseinandersetzung kommt der Ehemann der Protagonistin durch einen unglücklichen Sturz in der ehelichen Wohnung zu Tode. Die Ehefrau wird des Mordes bezichtigt, ihr droht die Steinigung, deren Verlauf vorher in einer Nebengeschichte bereits drastisch vorgeführt wurde. Bei aller Willkür des fundamentalistischen Regimes, unter dem besonders die Frauen zu leiden haben, zeigt der Film in hoffnungsvoller Weise Formen des inneren Widerstandes, Durchbrüche von Menschlichkeit und intensive, lebensfrohe Momente wie sie im privaten Bereich möglich sind. Der Film wurde beim 12. Festival du Film Francophone d’Angoulême als bester Film prämiert und er wurde für die Filmmusik von Alexis Rault ausgezeichnet, der auch - nebenbei bemerkt - ein sehr schönes Lied für Sylvie Vartan geschrieben hat, l’albatros (zu hören auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=WZWqnAc9CV4) und mehrere Musiken für Filme des kürzlich verstorbenen André Téchiné komponiert hat. Nun das Filmfestival von Angoulême ist zugegebener Weise nicht Cannes, Berlin, Venedig Toronto (für Europa allerdings in Sachen Comic-Festival sehr bedeutsam), aber große Festivals übersehen des öfteren die leuchtend-funkelnden Perlen im cineastischen Großheuhaufen. „Die Schwalben von Kabul“ wurden von der in Luxemburg ansässigen „Melusine Productions“, Chef Stéphane Roelants, koproduziert. Diese Firma, eine Abteilung von Studio 352, ist auf Animationsfilme spezialisiert. Zitat aus dem Beitrag von Vesna Andonovic in der Ausgabe von der Zeitung „Luxemburger Wort“ am 25.08 2019: „Das Besondere am Film: Nur die gezeichnete Form kann Zeitgeschichte so eindringlich und zugleich zurückhaltend-feinfühlig darstellen. So unterschiedlich sie in ihrer Machart auch sein mögen, eines haben alle Projekte von Mélusine Productions-Chefs Stéphan Roelants gemein: Herzblut und eine Qualität, die es mit der Weltelite aufnehmen kann. Kein Wunder, dass sie, wie mit „Ernest et Célestine“, „Song of the Sea“ oder „The Breadwinner“, bereits mehrfach Oscar-nominiert waren.“ In diesem Beitrag wird auch erwähnt: “ 1 713 649 Euro des Budgets von 5 766 037 Euro der Koproduktion wurden vom Film Fund beigesteuert.“ Damit sei auch mal die finanzielle Größenordnung eines solchen Projektes umrissen. Aber auch der Kinderfilm „Ernest & Célestine“ von Stéphane Aubier hat großen Charme. In dem Land Charabien ist alle Musik verbannt und der Bär Ernest, mit Gehilfen und seiner Freundin Célestine, müssen diesen Frevel gegen viele Widrigkeiten wieder bereinigen.