António Um Dois Três

Drama | Portugal/Brasilien 2017 | 95 Minuten

Regie: Leonardo Mouramateus

Ein gutaussehender junger Mann türmt nach einem Konflikt mit seinem Vater aus der Wohnung und sucht Zuflucht bei seiner Ex-Freundin, wo er einer Brasilianerin auf Durchreise nach Moskau begegnet. Die lose gestrickte Geschichte wiederholt sich in unterschiedlichen Variationen und Zirkelbewegungen. Auf drei parallelen Erzählachsen entsteht ein faszinierendes Geflecht von Erzählmöglichkeiten und Figurenvariationen, das im Vorübergehen zugleich von jungen Menschen in Lissabon mit wenig Geld und vielen kreativen Ideen erzählt. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
ANTÓNIO UM DOIS TRÊS
Produktionsland
Portugal/Brasilien
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Praia à Noite/Filmes do Asfalto/If You Hold A Stone
Regie
Leonardo Mouramateus
Buch
Leonardo Mouramateus
Kamera
Aline Belfort
Schnitt
Raul Domingues · Leonardo Mouramateus
Darsteller
Mauro Soares (António) · Deborah Viegas (Débora) · Mariana Dias (Mariana) · Daniel Pizamiglio (Johnny) · João Fiadeiro (João)
Länge
95 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama | Komödie
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Ein junger Mann, seine Ex-Freundin und eine Reisende begegnen sich in wechselnden Konstellationen und Umständen in Lissabon, wobei die Grenzen zwischen Fantasie und Realität verschwimmen.

Diskussion

Eine Frau sitzt schlafend im Zug nach Lissabon. Als er hält, verpasst sie den Ausstieg. Aus der Geschichte, die der brasilianische Filmemacher Leonardo Mouramateus erzählt, ist sie vorerst verschwunden. Man vergisst sie sogar. Eine andere Figur tritt ins Zentrum: António. Der junge, gutaussehende Mann wohnt bei seinem Vater, muss aber nach einem konfrontativen Gespräch mitten in der Nacht wie ein flüchtiger Einbrecher aus der Wohnung türmen – und zwar vorerst aufs Dach. Auf der Suche nach einem Schlafplatz klingelt er bei seiner Ex-Freundin, in deren Gästezimmer die Frau aus dem Zug für eine Nacht untergekommen ist: Débora, eine Brasilianerin auf der Durchreise nach Russland.

Ein Kommen und Gehen

Schon in den ersten Minuten von „António Um Dois Três“ gibt es viel Bewegung in die verschiedensten Richtungen, absichtsvolle Verunklärungen; auch das Verpassen spielt eine wichtige Rolle. Während die Ex sich schon wieder aus dem Zentrum der Geschichte entfernt, kommen sich António und Débora näher. Er repariert den Videorekorder der Nachbarin, sie schauen eine selbst aufgenommene VHS und schlafen miteinander. Er erzählt ihr von einem anonymen Brief, den er an seinen Vater geschrieben hat – ein über Ecken verschobenes Geständnis, dass er seit einem Jahr nicht mehr die Technische Universität besucht. Kurz darauf erreicht ihn eine Postkarte aus Moskau; Absender: Débora.

António ist inzwischen in der Rumpelkammer eines kollektiv betriebenen Off-Theaters untergekommen. Er ist dort für die Bühnenbeleuchtung zuständig. Bei den Proben zu Dostojewskis „Weiße Nächte“, von dem exzentrischen Bühnenautor Johnny in sehr freier Interpretation in Szene gesetzt, taucht plötzlich der anfängliche Dialog mit dem Vater im Text auf. Als António auf der Suche nach massenhaften Socken, die für das Stück gebraucht werden, bei der Ex klingelt, liegt Débora schlafend im Bett, er bemerkt sie kaum.

Er findet sie, sie finden sich

Erst in der dritten Erzählschlaufe kommt es zu einer Begegnung, die mehr ist als eine gute Gelegenheit oder ein achtloses Aneinandervorbei. Dabei beginnt auch sie als Verfehlung. Débora, übermüdet wie sie ist, verschläft das Theaterstück, in dem António nun eine der Hauptrollen spielt. Immerhin bekommt sie so viel mit, dass das Stück wie „Weiße Nächte“ beginnt, dann aber ums „Kein-Geld-Haben“ kreist. Nach der Aufführung zieht die Gesellschaft weiter. Auf einer Party gibt es eine Performance. Zwischendrin kommt António Débora abhanden. Er findet sie wieder. Sie finden sich.

Leonardo Mouramateus spinnt in seinem Debütfilm ein faszinierendes Geflecht von Erzähl- und Figurenvariationen. Wie im Vorbeigehen entsteht dabei auch ein Porträt junger Menschen in Lissabon mit wenig Geld und vielen kreativen Ideen. Dialogzeilen zirkulieren, eine Szene, die zuvor auf einer VHS-Kassette zu sehen war, ereignet sich plötzlich vor den eigenen Augen, der Song „I Put a Spell on You“ von Screamin’ Jay Hawkins zieht sich in selbstgesungener Form wie ein Refrain durch den Film, Objekte aus dem Theaterstück haben ein Vorleben in der Realität und umgekehrt.

Ein (Kino-)Raum für die Fantasie

Die Frage, ob man nun drei Versionen einer Geschichte sieht, ob hier einfach die Grenzen zwischen Fantasie und Realität verschwimmen oder auch das Konzept linearer Zeitwahrnehmung aus den Fugen gerät, steht dabei gar nicht im Vordergrund. „António Um Dois Três“ öffnet eher den Raum für die Erzählmöglichkeiten des Kinos und zeigt, zu welcher Vielfalt an Handlungsoptionen und Gesichtern Figuren – und Menschen – fähig und bereit sind. Es steht ihnen frei, aneinander vorbeizugehen oder sich dem anderen zuzuwenden.

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