An filmischen Dokumentationen über abenteuerliche Reisen herrscht seit Jahren kein Mangel. Da sich solche Trips im Geländewagen eher unspektakulär ausnehmen, kommen bevorzugt motorisierte Zweiräder zum Einsatz. Wo zwei Bayern im Kino jüngste auf betagten Mopeds zu einer Reise nach Las Vegas starteten („Ausgrissn!“), begeben sich in „972 Breakdowns“ fünf Protagonisten auf eine weitaus kühnere Tour. Von Halle an der Saale aus, wo sie gemeinsam Kunst studierten, brechen sie Richtung Osten auf. Ihr Ziel: New York auf dem Landweg.
Für die rund 43 000 Kilometer lange Strecke setzen sie sich nicht etwa auf spezielle Off-Road-Maschinen, sondern auf vier alte russische Motorräder mit Beiwagen der Marke Ural. Die gelten zwar nicht als besonders komfortabel, haben aber den Vorteil, dass sie sich wegen ihrer simplen Konstruktion auch von Laien reparieren lassen. Zudem, so die Erwartung, würde man in Russland vermutlich überall Ersatzteile auftreiben. Damit liegen die Abenteurer nicht falsch. Im Laufe ihrer Tour werden sie von diesem Service reichlich Gebrauch machen. Der Titel des Films gibt dabei der Zahl der Pannen an.
Einmal quer durch Eurasien
Auch wenn die Länge der Strecke zu Raffungen nötigt, beginnt der Film etwas überraschend nicht in Halle, sondern in Georgien. Von dort geht es nach Russland, und wenig später ist man auch schon auf Schotterpisten in der Mongolei unterwegs. Das setzt den Maschinen arg zu, die häufig repariert werden müssen, wozu in Dörfern nach Hilfe gesucht und diese auch gefunden wird. Überall trifft das Quintett, zwei Frauen und drei Männer, auf freundliche Menschen, die ihnen nicht nur beim Schrauben helfen und Ersatzteile herbeischaffen, sondern sie obendrein auch noch zum Essen einladen. Da aber nur eine der Reisenden etwas Russisch spricht, hält sich der Informationswert der Gespräche in Grenzen; über die netten Gastgeber erfährt man herzlich wenig. „Für uns bleibt dieses Land nach wir vor ein großes Rätsel“, resümiert eine Teilnehmerin ihre Erlebnisse in der Mongolei.
Mit den Abenteurern verhält es sich ähnlich rätselhaft. Was immer sie miteinander reden oder in die Kamera sprechen, hat nahezu ausnahmslos mit ihrem Trip zu tun. Wer sie darüber hinaus sind und was sie im Leben so umtreibt, bleibt im Dunklen. Auch dass es während der rund drei Jahre dauernden Reise innerhalb der Gruppe kein einziges Mal zum handfesten Krach gekommen sein soll, ist angesichts der mit der Kamera eingefangenen Strapazen und all der Frusterlebnisse kaum vorstellbar. Vermutlich hat es sie zuhauf gegeben, aber sie kommen weder im Film noch im Off-Kommentar vor.
Die Visas laufen ab
Zum Actionkino mutiert „972 Breakdowns“, als sich das Quintett im Osten Russlands trotz einschlägiger Warnungen auf eine vermeintliche Abkürzung begibt. Die (ehemalige) Straße besteht fast nur noch aus Schlammlöchern, und die Brücken sind fast allesamt zerstört, so dass die Motorräder ständig durch Flüsse gezogen und anschließend umständlich trockengelegt werden müssen. Zu dem Frust kommt noch Stress, weil die Visa der Abenteurer auslaufen. Nach einer längeren Unterbrechung erreichen sie Alaska schließlich per Flugzeug, während ihre Maschinen auf Umwegen mit dem Schiff dorthin gelangen.
Ab da geht es plötzlich ganz schnell. Von Kanada sieht man wenigstens ein paar Sequenzen, die Reise durch die USA bleibt unbebildert, bis man die Biker ganz zum Schluss in New York einfahren sieht. Der Grund für diese Unproportionalität im Vergleich mit der Durchquerung von Russland bleibt rätselhaft. Denn die Reisenden haben rund 500 Stunden Filmmaterial angehäuft, aus dem der Regisseur Daniel von Rüdiger, der selbst nicht mit unterwegs war, den Film montiert hat. Auch wenn es unterwegs durchaus Aufnahmen einer Drohnenkamera gibt und die Handlung mitunter durch sporadische Animationen aufgelockert wird und mit einem ambitionierten Soundtrack unterlegt ist, lässt dieses Road- und Reparatur-Movie viele Fragen offen und ist überdies um einiges zu lang geraten.