Leichter gesagt als getan

Komödie | Frankreich 2020 | 118 Minuten

Regie: Emmanuel Mouret

Als ein Mann und die Frau seines Cousins durch Zufall eine Zeitlang miteinander in einem Haus in Südfrankreich verbringen müssen, nutzen sie die Begegnung, um einander kennenzulernen und sich gegenseitig von ihren kürzlichen Beziehungserlebnissen zu erzählen. Mit der größeren Vertrautheit kristallisiert sich dann aber heraus, dass sie womöglich ein ideales Paar wären. Formvollendet elegante Liebeskomödie, in der leichtfüßige Reflexionen und philosophische Einsprengsel pointiert-überraschend zusammentreffen. Ein anspruchsvoller Reigen, der hochsympathisch und ausgezeichnet gespielt die Unberechenbarkeit der Liebe feiert. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
LES CHOSES QU'ON DIT, LES CHOSES QU'ON FAIT
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2020
Produktionsfirma
Moby Dick Films
Regie
Emmanuel Mouret
Buch
Emmanuel Mouret
Kamera
Laurent Desmet
Schnitt
Martial Salomon
Darsteller
Camélia Jordana (Daphné) · Niels Schneider (Maxime) · Vincent Macaigne (François) · Émilie Dequenne (Louise) · Jenna Thiam (Sandra)
Länge
118 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Komödie | Liebesfilm
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Ein Mann und die Frau seines Cousins unterhalten sich über ihre Liebeserfahrungen und kommen sich dabei immer näher.

Diskussion

Auf den ersten Blick wissen die beiden nicht so recht, was sie miteinander anfangen sollen. Maxime ist der Einladung seines Cousins François in dessen Haus in den Weinbergen der Provence gefolgt, um sich dort nach einer gescheiterten Liebesbeziehung zu erholen; doch bei seiner Ankunft ist François nicht da. Er ist zu einem dringenden Arbeitstermin für einige Tage nach Paris abgereist und überlässt Maxime der Obhut seiner Ehefrau Daphné, die ihn durchaus freundlich willkommen heißt.

Im Grunde aber hat sie mit ihrem jungen Beziehungsglück und einer Schwangerschaft im dritten Monat anderes zu tun, als sich um einen Fremden zu kümmern. Zumal Maxime weiß, dass er die freie Zeit eigentlich nützen sollte, um seine lange verkündeten Schriftsteller-Ambitionen endlich in die Tat umzusetzen. Doch, wie er Daphné gesteht, hapert es stets mit der Ausführung: „Meine Ansprüche sind einfach zu hoch.“

Einander von sich erzählen

Da die beiden sich nun aber ein paar Tage das Haus teilen, und Figuren im Kosmos des französischen Filmemachers Emmanuel Mouret sich ohnehin nie allein in eine Ecke verkriechen, sondern neugierig und offen aufeinander zugehen, kommen auch Maxime und Daphné schnell zu einem Arrangement. Die nächsten Tage werden die Sehenswürdigkeiten der Umgebung abgeklappert. Zwischen Burgen, Kirchen und Winzereien beginnen die beiden, einander mehr von sich zu erzählen.

Das naheliegende erste Thema sind dabei die jüngsten Erfahrungen im Bereich Beziehung und Liebe, zumal eine ermutigende auf eine ernüchternde Geschichte trifft. Auch die Hindernisse scheinen unterschiedlich verteilt: Bei Maxime steht die Konfrontation mit einer verheirateten Frau am Anfang, die trotz ihrer Affäre ihre Erwartungen ganz auf ihren Ehemann richtete. Der lebt und arbeitet zwar in Japan, doch rechnet sie damit, bei nächster Gelegenheit nachgeholt zu werden, mit ihm dort zwei Jahre gemeinsam Erfahrungen zu sammeln und dann ein Angebot für die USA anzunehmen, weil ihre drei Kinder – Zahl und Geburtszeitraum sieht sie ebenfalls schon als gegeben an – dort die besten Erziehungsmöglichkeiten hätten.

Nach dem Bruch mit der Karrierefrau hätte es für Maxime einfacher werden können, doch die Wiederbegegnung mit seiner alten Freundin Sandra gab Anlass für ein neues Liebesdilemma. Da schon früher alle Bekannte die beiden für das perfekte Paar hielten, fühlte Sandra sich gedrängt und entzog sich Maxime; auch jetzt geht sie lieber eine Beziehung mit dessen Freund Gaspard ein. Die frisch Verliebten nötigen Maxime allerdings, als Mitbewohner in eine weiträumige Wohnung zu ziehen, wo Sandra und Maxime dann schlussendlich doch zusammenkamen, allerdings um den Preis des Betrugs an dem nichtsahnenden Gaspard.

Damit auch der andere zu Wort kommt

Ein unschönes Dilemma, neben dem Daphné sich fast schämt. Denn im Vergleich zu Maxime scheint bei François und ihr nach einem unwahrscheinlichen Beginn alles glänzend gelaufen zu sein. Inklusive einer Gattin, die offenbar ohne Kenntnis von François’ Affäre von sich aus die Ehe für beendet erklärte, weil sie sich in einen anderen verliebt hatte. Für François und Daphné hätten sich die Dinge nicht besser fügen können.

„Leichter gesagt als getan“ enthüllt diese Vorgeschichten nicht auf einmal und voneinander abgegrenzt, sondern lässt die beiden Erzähler einander unterbrechen und auch selbst höflich Pausen machen, damit auch der andere zu Wort kommt.

Der stilisierte dialogische Liebesaustausch ist ein Markenzeichen des Filmemachers Emmanuel Mouret, den er schon in früheren Werken wie „Küss mich bitte!“ und „Die Kunst zu lieben“ gewandt eingesetzt, aber wohl noch nie so formvollendet präsentiert hat wie hier. Die verschiedenen Liebeskomplexe des Films – zu den Geschichten von Maxime und Daphné kommen später noch Perspektiven von François und anderen dazu – sind in ihren pointierten Wendungen regelrechte erzählerische Perlen, die sich nahtlos aneinanderfügen.

Das Glück steht erst am Ende fest

Vor allem interessiert Mouret die Frage, welche Umstände nötig sind, damit Beziehungen entstehen, und welche diese gerade verhindern. Für die Antwort kommt ihm zugute, dass wohl über nichts so sehr auf Hobbyniveau philosophiert werden kann wie über die Liebe, weshalb seine Figuren beständig mit amüsanten Theorien daherkommen – etwa, dass ein One-Night-Stand mit einem verheirateten Mann geradezu ideal sei, weil man nicht damit rechnen muss, dass allzu viele weitere Treffen folgen. Wobei sich mitunter auch ein melancholischer Ernst einschleicht, wenn es um existenziellere Entscheidungen geht, wie um die Wahl zwischen dem besten Freund und einer Partnerin.

Allgemein aber dominiert eine hochsympathische Leichtigkeit in dem Film, in die sich auch die unumgängliche Vereinigung von Maxime und Daphné als weitere Liebeskonstellation einspeist, just in dem Moment, als die Vergangenheit vorläufig aufgearbeitet ist. Doch „Leichter gesagt als getan“ nimmt sich auch in der Zusammenführung dieses Paares die Freiheit überraschender Entwicklungen. So spannt Mouret, unterstützt von einem hervorragenden Ensemble – insbesondere der in anderen Filmen oft so geheimnisfrei wirkende Niels Schneider offenbart eine ganz neue Seite –, elegant seinen anspruchsvollen Reigen auf und feiert die Unberechenbarkeit der Liebe. Und ist damit konventionellen romantischen Filmen einen entscheidenden Schritt voraus: Wer schließlich mit wem (glücklich?) zusammen sein wird, steht hier tatsächlich erst am Ende fest.

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