Buddy-Movie | USA 2018 | 95 Minuten

Regie: Carlos López Estrada

Eine in Oakland, Kalifornien angesiedelte Sozialkomödie um die enge Freundschaft zwischen einem jungen Afroamerikaner und einem Weißen, die aufgrund der rassistischen Umstände um sie her auf die Probe gestellt wird. Der Film geht ein ernstes Thema mit viel absurdem Humor an und profitiert von einer authentischen Milieu- und Figurenzeichnung. Dadurch bildet er äußerst erhellend die alltägliche Ungleichbehandlung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe ab und bietet zugleich ein filmisches Denkmal der sich wandelnden Stadt Oakland. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BLINDSPOTTING
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Snoot Ent.
Regie
Carlos López Estrada
Buch
Rafael Casal · Daveed Diggs
Kamera
Robby Baumgartner
Musik
Michael Yezerski
Schnitt
Gabriel Fleming
Darsteller
Daveed Diggs (Collin) · Rafael Casal (Miles) · Janina Gavankar (Val) · Jasmine Cephas Jones (Ashley) · Ethan Embry (Officer Molina)
Länge
95 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Buddy-Movie | Komödie | Tragikomödie
Externe Links
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Eine Sozialkomödie um zwei Freunde, deren Freundschaft dadurch strapaziert wird, dass der eine schwarz und der andere weiß ist.

Diskussion

Erst eine, dann zwei, drei, vier Waffen zieht Collin aus den Sitzen und Seitentaschen des mit Lichterketten und hohen Reifen aufgetunten Wagen seines Kumpels heraus. Collin ist genervt und nervös. In drei Tagen endet seine einjährige Bewährungsstrafe. Er war täglich joggen, hat eifrig grüne Smoothies getrunken, arbeitet als Räumungshelfer und will natürlich nicht wegen der Leichtsinnigkeit seiner Freunde wieder im Knast laden. Glücklicherweise setzt der Kumpel, dem das Auto gehört und der als Uber-Fahrer arbeitet, Collin und seinen besten Freund Miles ab.

Zu zweit spazieren sie durch die nächtlichen Straßen von Oakland, während sich ihre Gespräche immer mehr rhythmisieren und in Rap verwandeln. Collin und Miles kennen sich seit ihrer Kindheit. Der eine ist schwarz, der andere ist weiß. Für die Freundschaft ist das kein Problem, und trotzdem trennt sie die Hautfarbe. Die Schauspieler Daveed Diggs und Rafael Casal haben zusammen auch das Drehbuch geschrieben. Man merkt an den speziellen Formulierungen, an der authentischen Aussprache und den hohen Gebrauch an "F"- und "N"-Wörtern, dass sie den Straßenslang der East Bay kennen, wo die beiden aufgewachsen sind.

Zwischen Ghetto und Gentrifizierung

Oakland, die Stadt auf der anderen Seite der San-Francisco-Halbinsel mit ihrem hohen Anteil an Afroamerikaner*innen, ist dabei, sich stark zu verändern: Immobilienmakler reißen alte Häuser ab oder renovieren sie, Tech-Leute und Hipster aus San Francisco oder dem Silicon Valley ziehen zu, während obdachlose Menschen sich unter den Zugbrücken Zeltunterkünfte bauen. Diggs und Casal wollten mit dem Film der Identität ihrer Heimatstadt ein Denkmal setzen, die seit einigen Jahren durch Filme wie „Black Panther“, „Fruitvale Station“ und „The Last Black Man in San Francisco“ mehr Aufmerksamkeit bekommen hat.

Zur Identität der Stadt zählt auch, dass es immer noch Straßengewalt gibt. Als Collin mit seinem LKW nachts an einer roten Ampel wartet, erlebt er, wie ein junger Afroamerikaner vorbeirennt und von einem weißen Polizisten vier Mal ange- und damit erschossen wird. Collin ist geschockt. Einerseits war er an dem Abend zu spät in seiner Bewährungsunterkunft und will seine baldige Freiheit nicht riskieren, anderseits hat er die Gesichter des Opfers und des Täters gesehen. Immer wieder tauchen sie in seinen Albträumen auf. Gerechtigkeit einzufordern ist in seiner Lage nicht möglich.

No justice, no peace

Wirklich gerecht war nicht mal Collins eigene Verurteilung. Als Türsteher hatte ihn ein Gast („ein Neil-Patrick-Harris-Typ“) mit einem Fire-Bowl-Cocktail so lange provoziert, bis Collin und Miles zugeschlagen haben und der Gast Feuer fing. Im Gefängnis landete dann nur Collin, nicht Miles. Klar, Collin war der Angestellte, aber aus Sicht von Collins Ex-Freundin war der leicht reizbare Miles mindestens ebenso verantwortlich – nur eben nicht schwarz.

An dieser Stelle klafft eine Wunde zwischen den zwei Freunden, ohne dass sie ihnen bewusst wäre. Als die beiden von einer Party fliehen, wo Miles wieder mal jemanden blutig geschlagen und mit der Waffe in die Luft geschossen hat, schreien sie sich an. Wieder werfen sie sich die "F"- und "N"-Wörter um die Ohren. Dann platzt es aus Collin heraus: „You are the nigga they are looking for!“

Freunde fürs Leben

„Blindspotting“ erzählt eindrücklich von einer Freundschaft unter sozial schwierigen Bedingungen. Der eine will sich bessern, der andere aber nicht. Miles ist derjenige, der in seiner Gangster-Pose verharrt. Mit goldenen Grills und Pistole eifert er einer Rapper-Kultur nach, deren alltägliche Auseinandersetzungen er selbst nicht erfahren muss. Was es bedeutet, eine Waffe im Haus seiner Familie zu haben, wird ihm erst spät klar.

Trotz dieser harten Themen wirkt der Film nicht schwermütig. Die Freunde durchleben immer wieder absurde und komische Begegnungen als Helfer eines sentimentalen Fotografen, einer toughen Friseuse oder einer Maklerin. Collin und Miles streiten, lachen und laden sich gegenseitig zu ihren Familien ein. Am Ende wollen sie vor allem zusammen in Oakland bleiben. Dafür macht Miles seinem Buddy Collin auch Zugeständnisse: Zum Frühstück stoßen sie mit grünen Smoothies an.

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