Venus und Fleur

Liebesfilm | Frankreich 2004 | 102 Minuten

Regie: Emmanuel Mouret

Eine junge introvertierte Französin trifft während der Sommerferien in Marseille auf eine lebenslustige Russin, mit der sie gemeinsam auf Männerfang geht. Die gegensätzlichen Temperamente der beiden Frauen spiegeln klischierte weibliche Geschlechterrollen und setzen zugleich eine Suche nach sexueller Selbstbestimmung in Gang. Der unterhaltsame Film spielt auf humorvolle Weise mit gesellschaftlichen Vorstellungen, wobei er bewusst überzeichnet, sich aber auch lustvoll selbst relativiert. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
VÉNUS ET FLEUR
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Les Films Pelléas/Moby Dick Films
Regie
Emmanuel Mouret
Buch
Emmanuel Mouret
Kamera
Djibril Glissant · Claire Nicol
Musik
Franck Sforza
Schnitt
Cécile Dubois
Darsteller
Isabelle Pirès (Fleur) · Veroushka Knoge (Vénus) · Julien Imbert (Glück) · Frédéric Niedermayer (Gott) · Gilbert Mouret (Mann im Cabrio)
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Liebesfilm
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Unterhaltsamer Sommerfilm über zwei unterschiedliche junge Frauen, die auf der Suche nach einem Freund humorvoll mit weiblichen Geschlechterklischees spielen.

Diskussion

Zwei Hochspannungsmaste ragen über der Hochhauslandschaft von Marseille in den gewittrigen Sommerhimmel. Die schwüle Luft entlädt sich in Blitzen am Horizont, während eine junge Frau zaghaft ein luxuriöses Anwesen betritt, dessen Schlüssel im Garten unter einem Stein hinterlegt wurde. Fleur (Isabelle Pirès) darf ihre Sommerferien im Haus von Onkel und Tante verbringen, wie ein beiliegender Brief verrät. Man entschuldigt sich dafür, dass fast alle Zimmer abgeschlossen sind, mit Verweis auf die Einbruchsquote der Hafenstadt. So bescheiden und zurückgenommen wie Fleur sich bewegt und gibt, verwundert es nicht, dass sie trotz dieser Einschränkung keinerlei Kränkung zeigt.

Nachdem sie eine Weile allein im Swimming Pool vor sich hingeschwommen ist, macht sich die melancholisch wirkende junge Frau auf den Weg in ein Café. Am Nebentisch lässt sich ein anderes Mädchen nieder, wirft ihren Beutel auf den Fußboden und beginnt hemmungslos zu weinen. Fleur betrachtet sie perplex, ohne eine Kontaktaufnahme zu wagen. Wenig später steht dieselbe junge Frau plötzlich vor dem Sommerhaus, da es im Café zu einem versehentlichen Tausch der Handtaschen gekommen ist. Venus (Veroushka Knoge) schlägt Fleur sofort in ihren Bann und wird von ihr hineingebeten. Gerade noch am Boden zerstört, ist die Besucherin angesichts der schönen Villa im Grünen mehr als euphorisch.

Gemeinsam auf Männerfang

Venus, die aus dem russischen St. Petersburg mit dem Zug angereist kam, um ihrem Schwarm einen unangekündigten Besuch abzustatten, ist in Marseille gestrandet, weil ihr Auftauchen sich als unerwünscht herausstellte. Fleur bietet ihr an, im Haus zu übernachten und sogar ein paar Tage zu bleiben. „Du existierst mehr als ich“, bemerkt sie betrübt, nachdem sie der jungen Russin eine Weile beim ausgelassenen Reden und Tanzen im Wohnzimmer zugesehen hat. Die extrovertierte Venus versichert Fleur, dass Lebensfreude und Genuss ihr genauso offenstünden. Bei der Frage nach ihrem Liebesleben gibt die schüchterne Frau zu, dass sie schon seit Ewigkeiten auf einen Freund hoffe, sich aber nie etwas ergeben hätte. Venus, die selbst wieder auf der Jagd nach einem neuen Liebhaber ist, versichert ihrer neuen Freundin, dass sie fortan gemeinsam auf Männerfang gehen werden.

Der französische Regisseur Emmanuel Mouret setzt einen erotischen Sommerferienfilm in Szene, der blendend unterhält, ohne sich dabei allzu ernst zu nehmen. Besonders gelungen ist der Fokus auf die selbstbestimmte Suche nach sexueller Erfüllung der beiden Protagonistinnen, die nicht mehr in passiver Weise auf einen Märchenprinzen warten wollen, sondern sich das Recht herausnehmen, potenzielle Liebhaber auch mal in aggressiver Weise zu verführen. Oft genug lösen sie damit beim anderen Geschlecht Irritationen und Überforderung aus. Wenn sie am Strand liegende Schönlinge mit plumpen Sprüchen anquatschen oder flanierenden Männern auf dem Boulevard hinterherbrüllen, sorgt das für eine humorvolle Kritik an stereotypen Verhaltensweisen.

Als Gegenpole in Szene gesetzt

Zugleich ist von Beginn an auch eine untergründige erotische Spannung zwischen den beiden Frauen spürbar. Mouret hat beide Figuren als Gegenpole bewusst überzeichnet, um im Laufe des Films zu einer Integration der beiden Typen zu gelangen. Während Venus schon dem Namen nach für die Liebesgöttin steht, die durch Lebenslust und Schamvergessenheit immer zu bekommen scheint, was sie will, ist Fleur das Mauerblümchen, das von Venus schließlich zur Blüte gebracht wird.

Als die beiden um einen schönen stillen Jungen namens Bonheur konkurrieren, zeigen sich auch andere Seiten der beiden Frauenfiguren. Während Venus, die sich scheinbar so sicher in ihrem Körper bewegt, oft kein Gefühl für ihre eigenen Grenzen hat und sich Übergriffen aussetzt, beweist die zunächst so gehemmte Fleur eine Reife und Authentizität, die auch ohne künstliche feminine Performance auskommt.

Mouret arbeitet auf humorvolle Weise mit Schemata und Klischees, um eine unaufgeregte Geschichte sexueller Befreiung zu erzählen. Dabei geht es nicht nur um Fleurs Hemmungen und körperliche Verschlossenheit, sondern hintergründig auch um gesellschaftliche Rollenbilder, die Frauen fälschlicherweise vermitteln, dass es nicht feminin ist, sich zu nehmen, was frau will. Venus erotisiert als laute, wilde Liebesgöttin vor allem ihre verschämte Freundin und ermutigt sie, über sich hinauszuwachsen und daran zu glauben, dass sie Glück und Erfüllung genauso verdient hat.

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