Drama | USA 2020 | Minuten

Regie: Hannah Fidell

Eine texanische High-School-Lehrerin und ein siebzehnjähriger Schüler lassen sich auf eine Affäre ein, die nicht lange verborgen bleibt. Während die Einwohner der Kleinstadt und die Behörden die Lehrerin als Missbrauchstäterin brandmarken, kämpfen die beiden Liebenden mit einer Beziehung, die keine Hoffnung auf Bestand hat. Zehnteilige Serie über die emotionalen und sozialen Auswirkungen einer untersagten Liebe, in deren Darstellung eindeutige Urteile vermieden werden. Während kein Zweifel am ruinösen Charakter der Beziehung bleibt, fällt der Blick auf die Figuren vielschichtig und ambivalent aus. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
A TEACHER
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2020
Produktionsfirma
Aggregate Films/Hola Fidel/FX Prod.
Regie
Hannah Fidell · Andrew Neel · Gillian Robespierre
Buch
Hannah Fidell · Andrew Neel · Ruby Rae Spiegel · Rosa Handelman · Boo Killebrew
Kamera
Quyen Tran
Musik
Keegan DeWitt
Schnitt
Kyle Reiter · Nat Fuller · Philip Harrison
Darsteller
Kate Mara (Claire Wilson) · Nick Robinson (Eric Walker) · Ashley Zukerman (Matt Mitchell) · Rya Kihlstedt (Sandy Walker) · Shane Harper (Logan Davis)
Länge
Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Serie
Externe Links
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Zehnteilige Serie über die emotionalen und sozialen Auswirkungen einer Affäre zwischen einer Lehrerin und einem siebzehnjährigen Schüler in einer texanischen Kleinstadt.

Diskussion

Es passiert schließlich auf einem High-School-Ball, jener filmisch so unendlich oft beschworenen, uramerikanischen Institution. Der junge Eric ist dort in Begleitung eines Mädchens seiner Jahrgangsstufe. Es ist jedoch nicht sie, für die sein Teenagerherz schlägt, sondern eine andere. Der eifersüchtige Blick dieser anderen ist es auch, der Eric und seine Partnerin im Moment eines innigen Tanzes trifft. Es ist nicht der zum Bannstrahl gewordene Blick eines gleichaltrigen Mädchens, wie sich vermuten ließe, sondern der von Erics Englischlehrerin Claire. Als diese sich von dem Paar missgünstig abwendet und die Partystätte verlässt, folgt Eric – in vollendeter Dackelmanier – seinem heimlichen Schwarm nach draußen auf den Parkplatz. Eine verhängnisvolle Entscheidung, wie sich herausstellen wird.

Prom-Night-Szenen sind in Hollywood natürlich deshalb so ungemein beliebt, weil sich vor ihrer Folie effektiv ein hochsymbolischer und handlungswirksamer Übergangsritus zeichnen lässt. In „A Teacher“ wird Erics einschneidender Übertritt ins Erwachsenenleben durch eine Sexszene im Auto mit seiner Lehrerin markiert. Danach ist zwischen den beiden nichts mehr wie zuvor. Zwar hat sich die Anziehungskraft und damit das Verhältnis zwischen Lehrerin und Schüler bereits vor jener verhängnisvollen Prom Night abgezeichnet, aber die Filmemacherin Hannah Fidell lässt aus einer unverwirklichten Fantasie zwischen Claire (Kate Mara) und Eric (Nick Robinson, der in Wirklichkeit 26 Jahre alt ist) explizite Realität werden.

Das Verhältnis wird zu nationalen News

Ihre zehnteilige Miniserie „A Teacher“ beginnt dort zu erzählen, wo ihr gleichnamiges Independentfilm-Debüt aus dem Jahr 2013 endete: bei den sozialen und emotionalen Folgen von Claires Machtmissbrauch – der Verführung eines Schutzbefohlenen und (gerade noch) Minderjährigen. Denn natürlich wird das verhängnisvolle Verhältnis der beiden öffentlich. Die texanischen Kleinstadtnachrichten werden zu nationalen News, Claire wird darin zur sexbesessenen Verführerin pubertierender Jungs stilisiert, die öffentliche Anklage lautet Missbrauch. Aber ist der Fall so eindeutig, wie ihn die mediale Öffentlichkeit zeichnet?

„A Teacher“ wagt sich dezidiert in eine moralische Grauzone, in der einerseits kein Zweifel an Claires Verfehlung und Übergriffigkeit gegenüber dem Jungen besteht, die Erzählung andererseits jedoch auf vielschichtige Weise durch Erics Perspektive aufgeladen wird, die so eindeutig nicht ist. Seine Rolle zwischen Akteur in einem Liebesverhältnis und zugleich als Opfer in einem Spiel ungleich verteilter Kräfte, sind ein kleines Novum in der Film- und Serienlandschaft, die allzu häufig den popkulturell-prahlerischen Jungmännermythos des flachgelegten Lehrerinnenkörpers hochhält. Im selben Zug unterläuft Fidell mittels einer Konstellationsumkehr (Lehrerin-Schüler statt Lehrer-Schülerin) einen filmisch-erzählerisch weithin akzeptierten Topos, der dabei ist, seinen Stand zu verlieren, aber häufig noch im Klischee des Verhältnisses zwischen (älterem) Professor und (junger) Studentin fortlebt.

Fidell ist dabei nicht so sehr am öffentlichkeitswirksamen moralischen Theater der Verurteilung ihrer weiblichen Hauptfigur interessiert, die Claire schmerzlich erfährt, sondern viel mehr an den emotionalen und sozialen Verheerungen, die ihr Verhalten gegenüber Eric anrichtet.

Liebe unter einem hoffnungslosen Unstern

Es sind die Verwüstungen einer schrecklichen Liebe, die vom ersten Moment einer noch schüchternen Berührung an unter einem hoffnungslosen Unstern steht. Für Claire bedeutet die Hingabe an ihr Begehren die Selbstzerstörung ihrer bürgerlichen Existenz, sie verliert ihren Ehemann, Job und schließlich ihre Freiheit; für Eric bedeutet sie einen steten Knacks im Leben.

Hannah Fidell zeigt sich bei der Neuinszenierung ihres filmischen Materials leichthändiger und souveräner im Umgang als noch in der Kinofassung ihres „A Teacher“-Themas. Dieses war als filmisches Kammerspiel im Jahr 2013 noch allzu bedeutungsschwer, vertrackt und klaustrophobisch auf die Dynamik zwischen den beiden Hauptfiguren konzentriert gewesen. Ihr Mehrteiler untersucht nun vielmehr die weitreichenden Folgen und Nachwirkungen der ruinösen Beziehung.

Fidell rückt außerdem einen zeitlich längeren Erzählabschnitt in den Fokus, was deutlich mehr Spielraum für die Entwicklung ihrer Figuren lässt. Unprätentiös und direkt zeigen sich Kate Mara und Nick Robinson in ihrem Spiel, das zu keinem Zeitpunkt auf einfache charakterliche Zuschreibungen eines Held-Bösewicht-Schemas zurückfällt. „A Teacher“ wird somit zu weit mehr als nur einer moralischen Lehrstunde zur gesellschaftlichen Erbauung. Regisseurin Hannah Fidell zeigt sich vielmehr filmästhetisch als Könnerin im Sezieren allzu menschlicher Regungen und Gefühlszustände.

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