4K UHD. | USA 2021 | 128 Minuten

Regie: Jaume Collet-Serra

Eine Archäologin unternimmt im Jahr 1916 mit ihrem Bruder eine Expedition zum Amazonas, um eine legendäre Blüte mit Heilkräften zu suchen. Im Dschungel heuern sie einen raubeinigen Flussschiffer für eine abenteuerreiche Reise an, auf der sie es mit alten Flüchen ebenso wie mit Verfolgern zu tun bekommen. Dabei kommen sich die Wissenschaftlerin und der Kapitän allmählich näher. Actionreiche Familienunterhaltung mit vielen Schauwerten und einem zentralen Duo im Fahrwasser des Klassikers „African Queen“. Die Leidenschaft bleibt allerdings Behauptung und reiht sich wie manch andere überbetont zeitgemäße Setzung des Drehbuchs ins auf Massentauglichkeit schielende Kalkül des Films ein. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
JUNGLE CRUISE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
Davis Ent./Flynn/Seven Bucks/TSG/Walt Disney/Zaftig
Regie
Jaume Collet-Serra
Buch
Glenn Ficarra · John Requa · Michael Green
Kamera
Flavio Martínez Labiano
Musik
James Newton Howard
Schnitt
Joel Negron
Darsteller
Dwayne Johnson (Frank Wolff) · Emily Blunt (Lily Houghton) · Edgar Ramírez (Aguirre) · Jack Whitehall (MacGregor Houghton) · Jesse Plemons (Prinz Joachim)
Länge
128 Minuten
Kinostart
29.07.2021
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
4K UHD. | Abenteuer | Action
Externe Links
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Heimkino

Die Standardausgabe (DVD) enthält keine erwähnenswerten Extras. Die Extras der BD umfassen indes u.a. eine Sammlung mit vier kürzeren „Making of“-Featurettes (gesamt: 47 Min.) sowie ein Feature mit elf im Film nicht verwendeten Szenen (15 Min.).

Verleih DVD
Walt Disney (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Walt Disney (16:9, 2.35:1, dts-HDMA7.1 engl., DD7.1 dt.) 4K: Walt Disney (16:9, 2.35:1, dolby_Atmos engl., DD7.1 dt.)
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Familientaugliche Abenteuerkomödie um eine forsche Archäologin, ihren Bruder und einen raubeinigen Flusskapitän, die sich 1916 auf eine gefährliche Expedition ins Amazonasgebiet wagen.

Diskussion

Lily Houghton (Emily Blunt) hat die Hosen an. Bereit ist dafür im London von 1916 noch niemand. Es ist also ihr Bruder MacGregor (Jack Whitehall), der ihr Gesuch den alten Männern von der Archäologiegesellschaft vortragen muss. Schweißgebadet stottert er sich durch die Worte, die sie für ihn auf einem schier endlosen Stapel von Karteikarten notiert hat, während die feinen Herren dazu genervt mit ihren Stühlen rücken. Die Wissenschaftlerin will eine Exkursion zum Amazonas starten. Mit Hilfe einer antiken Speerspitze, die sich noch im Besitz der angegrauten Gesellschaft befindet, will sie einen legendären Baum finden, dessen Blüten angeblich über enorme Heilkräfte verfügen. Die Menschheit, die sich selbst gerade an den Fronten des Ersten Weltkriegs zerfleischt, könnte sie gut gebrauchen.

Da die alten Archäologen ebenso wenig an die Kraft der Blüte glauben wie an eine Frau in den eigenen Reihen, hat Lily die Aula zu Beginn des Vortrags längst verlassen, um das Artefakt auf eigene Faust abzuholen. Ein paar geknackte Schlösser und eine Flucht mit diversen Leiterstunts später, kommt das Geschwisterpaar schließlich in der Amazonasregion an.

Die filmische Disney-Fahrgeschäft-Adaption eines Klassikers

Als Reiseführer wird Frank (Dwayne Johnson) angeheuert, ein abgebrannter Touristenführer, dessen nicht weniger abgewracktes Dampfboot kurz davorsteht, gepfändet zu werden. „Jungle Cruise“ basiert auf dem gleichnamigen Disney-World-Fahrgeschäft – eine Sequenz, in der Frank bei ein paar Touristen abkassiert, imitiert dessen Attraktionen –, das wiederum auf John Hustons Klassiker African Queen basiert, dessen Grundszenario und Figurendynamik unter Jaume Collet-Serras Regie neu aufgelegt werden. Emily Blunt und Dwayne Johnson geben ein ähnlich gutes Paar ab wie Katharine Hepburn und Humphrey Bogart, zumindest dort, wo der enge Rahmen von Disneys Blockbuster-Produktionsmaschinerie es zulässt.

Es ist nicht so, dass sich Disney hier von den anderen Studios, die noch existieren, unterscheiden würde, doch die progressive Pose, mit der Disney derzeit alle Realverfilmungen (neu) versiegelt, stößt in „Jungle Cruise“ besonders bitter auf. „Frau hat die Hosen an“ ist als wohl klischierteste Mottenkisten-Feminismus-Pose eher eine Bürde für Emily Blunts Figur, die immer wieder ostentativ dort eingreift, wo ein Drehbuch aus den 1930er-Jahren den starken Arm eines Mannes eingesetzt hätte. Während die Schwester also dem Kessel einen mächtigen Tritt gibt, damit das Boot wieder auf Kurs kommt, macht sich der schwule Bruder Gedanken über sein – natürlich unpassendes – Outfit. Natürlich kann auch er, seiner Zartbesaitung zum Trotz, gewaltig zuschlagen, wenn es drauf ankommt.

Seine sexuelle Orientierung aber hat, abseits des Woke-Kalküls, mit dem der Film offensichtlich gegen potenzielle Kritik versiegelt wird, keinerlei Bedeutung für die Handlung. Das ist umso bitterer, weil „Jungle Cruise“ strukturell eben genau das Gegenteil dessen repräsentiert, was hier behauptet wird. Die Boy-Meets-Girl-Geschichte à la African Queen, die sich hier eigentlich abspielt, entlarvt das antiquierte „starke Frau und schlagkräftiger Homosexueller“-Gebaren schnell als mit Kalkül injizierten Fremdkörper.

Die Künstlichkeit ist ein Problem

Tatsächlich ist die Künstlichkeit, mit der weite Strecken der filmischen Wildwasser-Attraktion ausgepolstert werden, das größte Problem des Films. Die Beziehung zwischen Lily und Frank wirkt insgesamt ähnlich steril wie die gänzlich computeranimierte Fauna des Dschungels. Die gänzliche Abwesenheit von Libido und Leidenschaft lässt selbst den Kuss, der die unverkennbare Zusammengehörigkeit letztlich besiegelt, wie einen vertraglichen Handschlag wirken. In den von politischen Fragen weitgehend unberührten Tiefen des Amazonas bringt Collet-Serra dann die Schauwerte des Films zur Geltung. Der katalanische Action-Veteran inszeniert die ausufernden Setpieces souverän, sei es auf dem Fluss, wo ein U-Boot des deutschen Kaiserreichs, das vom wunderbar autoritär-verstockten Jesse Plemons alias Prinz Joachim navigiert wird, zur Verfolgungsjagd ansetzt, oder im Dschungel, wo die in ihn eingewachsenen Zombiekörper von Lope de Aguirre (Édgar Ramírez) und seiner Konquistadoren-Gefolgschaft nach der Blüte greifen.

Dwayne Johnson beweist sich inmitten des Chaos erneut als der wohl familientauglichste Actionkörper Hollywoods, der sich mit wenig Rücksicht und viel Charisma in die moderat gefährlichen Abenteuer der Jahrmarktattraktion wirft. Emily Blunt tut es ihm gleich, auch wenn es dafür noch immer notwendig ist, dass sie die Hosen anhat.

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