Peterchens Mondfahrt (2021)

Animation | Deutschland/Österreich 2021 | 85 Minuten

Regie: Ali Samadi Ahadi

Die neuerliche Verfilmung des Kinderbuchklassikers von Gerdt von Bassewitz erzählt in modernem Gewand die Geschichte eines Jungen und seiner Schwester, die einem Maikäfer helfen, dessen vom Mondmann entführte Ehefrau und seinen eigenen Arm zurückzuerhalten. Dazu reisen sie ins Weltall, wo ihnen der Sandmann, die Nachtfee und eine Reihe Naturgeister helfend zur Seite stehen. Der 3D-Animationsfilm ist technisch solide, verschenkt durch eine hektische, der bemühten Modernisierung der Vorlage geschuldete Handlung und wenig entwickelte Nebenfiguren aber viel vom poetischen Potenzial des Stoffes. - Ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
PETERCHENS MONDFAHRT
Produktionsland
Deutschland/Österreich
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
Little Dream Ent./Brave New Work Filmprod./Coop99/ZDF
Regie
Ali Samadi Ahadi
Buch
Ali Samadi Ahadi · Arne Nolting
Musik
Ali N. Askin
Schnitt
Andrea Mertens
Länge
85 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 8.
Genre
Animation | Kinderfilm | Literaturverfilmung | Märchenfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Editionen enthalten eine Audiodeskription für Sehbehinderte.

Verleih DVD
Lighthouse (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
Verleih Blu-ray
Lighthouse (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
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Eine neuerliche, als 3D-Animation realisierte Verfilmung des Kinderbuchklassikers von Gerdt von Bassewitz aus dem Jahr 1912.

Diskussion

Erfolgreiche Kinderbücher wirken auf deutsche Filmproduzenten wie Magnete, und seien diese auch hundert Jahre alt. Das gilt für „Die Häschenschule – Der große Eierklau“ genauso wie für „Peterchens Mondfahrt“; „Die Häschenschule“ von Albert Sixtus stammt aus dem Jahr 1924, der Kinderbuchklassiker von Gerdt von Bassewitz (1878-1923) wurde 1912 als Märchenspiel veröffentlicht und vier Jahre später als Bilderbuch. Gemeinsam ist beiden Filmen, dass sie die inzwischen doch recht antiquierten Vorlagen einer weitgehenden Modernisierung unterziehen.

Dabei war „Peterchens Mondfahrt“ bereits zwei Mal verfilmt worden, bevor Ali Samadi Ahadi den Stoff für sich entdeckte: als Fernsehfilm im Jahr 1959 unter der Regie von Gerhard F. Hering und 1990 als Zeichentrickfilm von Wolfgang Urchs.

Das Schicksal des Herrn Sumsemann

Der zwölfjährige Peter und die sechsjährige Schwester Anna sind mit ihrer Mutter umgezogen, nachdem ihr Vater bei einer Mondmission als Astronaut tödlich verunglückt ist. Im neuen Haus muss sich Peter ein Zimmer mit Anna teilen, die ihn mit ihren fantasievollen Erzählungen nervt. Er beschäftigt sich lieber mit Astronomie und Raumfahrt. Wegen solcher seltsamen Hobbys wird er von einigen Jungs seiner neuen Klasse drangsaliert. Als Peter auf dem Weg zur Schule einem Maikäfer das Leben rettet, entdeckt Anna, dass das Insekt sprechen kann, was Peter ihr aber nicht glauben will. In der Nacht besucht der Maikäfer Anna, stellt sich als Herr Sumsemann vor und erzählt ihr seine traurige Lebensgeschichte. Nachdem der böse Mondmann Sumsemanns Zuhause, eine schöne Birke, zerstören wollte, wurde er von der Nachtfee auf den Mond verbannt. Doch unglücklicherweise erfasste ihr Bann auch Frau Sumsemann, den Baum und einen Arm des Käfers.

Nur durch die Hilfe zweier mutiger Kinder könne der Käfer Frau, Birke und Arm zurückbekommen. Anna ist gerührt und will Sumsemann unbedingt helfen. Als das quicklebendige Mädchen seinen Bruder weckt, lehnt der aber dankend ab. Deshalb tritt Anna die Reise mit Sumsemann kurzerhand ohne Peter an. Doch als der kurz darauf erwacht, folgt er den beiden im Schlafanzug ins Weltall nach. Dort trifft Peter den Sandmann, der ihm Hilfe zusagt, weil der Mondmann seine Schwester zusammen mit einer Gruppe sanfter Sternschnuppen entführt hat. Der Sandmann bringt Peter und Susemann mit seinem Schlitten zum Palast der Nachtfee, die erst ihre Erlaubnis zur Mondreise geben muss. Dort lernt Peter mehrere kuriose Nachtgeister kennen. Überdies zeigt sich, dass der Mondmann das Universum beherrschen will, was nur mit vereinten Kräften verhindert werden kann.

Eine Modernisierung mit Humor

Der Filmemacher Ali Samadi Ahadi, der sich mit seinen drei „Pettersson und Findus“-Adaptionen als Spezialist für ausgezeichnete Familienunterhaltung profiliert hat, hat zusammen mit Arne Nolting auch das Drehbuch geschrieben. Die 3D-Animation der Figuren und der farbenfreudigen Weltall-Szenerien kann durchaus mit Hollywood-Produktionen mithalten und wartet mit großem visuellem Einfallsreichtum auf. So wurde die Vorgeschichte von Sumsemann kurzerhand als Zeichentricksequenz in düsterer Farbgebung realisiert. Allerdings verlassen sich die Filmemacher nicht auf die Poesie des Stoffes und funktionieren die gemächliche Schlittenfahrt über die Milchstraße zu einem überaus turbulenten Rennen mit den Waldgeistern um, das eine künstlich erzeugte Hektik mit sich bringt. Immerhin setzt der Regisseur bei diesem Wettrennen, das unübersehbar an die einschlägige Szene aus Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung erinnert, humoristische Akzente – die Teilnehmer rasen nämlich durch geografische Gegebenheiten wie Goudatal, Parmesanwüste und Sojamilchfluss. Dramaturgisch clever ist auch der Gag in die Handlung eingebaut, dass der Sandmann an einer Berufskrankheit leidet: Narkolepsie – er ist immerzu schläfrig. Und auch die Idee, dass Frau Sumsemann für den Mondmann die Steuererklärung machen soll, besitzt einen gewissen Charme.

Als größtes Handicap des Films erweist sich allerdings die Figurenzeichnung. Die Protagonisten Peter und Anna funktionieren zwar als solide Identifikationsfiguren, doch da sie in der Auseinandersetzung mit dem Mondmann spürbar aktiver sind als in der Vorlage, machen sie keine innere Entwicklung durch. Außerdem fragt man sich, warum heutzutage schon kleine Kinder Superhelden werden und gleich das ganze Universum retten müssen.

Lendenschurz & Federschmuck

Im Vergleich dazu bleiben die Nebenfiguren flach und schematisch. Das reicht vom fiesen Mondmann und seinen törichten Handlangern über die begriffsstutzige Nachtfee bis hin zu Peters böswilligen Schulkameraden. Klischeehaft sind auch einige Naturgeister geraten, die wohl durch typologische Anlehnungen an vielfältigste Kulturtraditionen und Mythologien international leichter anschlussfähig sein sollen. Aber muss ein Sturmriese, das einzige schwarze Wesen im Film, wirklich einen lächerlichen Lendenschurz im Raubtierlook und einen albernen Federschmuck tragen?

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