Drama | Deutschland 2022 | 365 (8 Folgen) Minuten

Regie: Barbara Albert

Serienverfilmung des Romans „Bestattung eines Hundes“ von Thomas Pletzinger: Ein Journalist reist für ein Interview zu einem berühmten Schriftsteller, der zurückgezogen an einem See in Italien lebt. Dort wird er in die Geschichte einer vergangenen Dreiecksbeziehung des Autors hineingezogen, die in Südamerika begann, nach Finnland und New York führte und schließlich mit einem großen Verlust endete. Der Journalist glaubt, die Geschichte aus einem Roman des Autors zu kennen, und merkt erst spät, dass er mittendrin ist in dieser Erzählung. Die sprunghafte Erzählweise der Serie imitiert stimmig die journalistische Recherche dieser Beziehung und setzt aus subjektiven Perspektiven und Zeitsprüngen mit beeindruckender Ruhe und einem Auge für Details das Bild eines groß angelegten Geheimnisses zusammen. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
Flare Entertainment GmbH7Sky Deutschland Fernsehen GmbH & Co. KG
Regie
Barbara Albert · David Dietl
Buch
Hanno Hackfort · Thomas Pletzinger · Bob Konrad
Kamera
Frank Griebe
Musik
Michael Kamm
Darsteller
Friedrich Mücke (Mark Svensson) · Albrecht Schuch (Daniel Mandelkern) · Alina Tomnikov (Tuuli Kovero) · Ina Geraldine Guy (Kiki Kaufman) · Anne Ratte-Polle (Elisabeth Emmerich)
Länge
365 (8 Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama | Serie | Thriller

Eine Serienverfilmung des Romans „Bestattung eines Hundes“ von Thomas Pletzinger: Ein Journalist reist für ein Interview zu einem gefeierten Schriftsteller und wird in die Geschichte von dessen vergangener Dreiecksbeziehung hineingezogen.

Diskussion

Der Journalist Daniel Mandelkern (Albrecht Schuch) ist aufgeregt, als er dem Schriftsteller Mark Svensson (Friedrich Mücke) bei einer Preisverleihung vorgestellt wird. Dessen Roman „Astroland“ über ein Liebesdreieck hat ihn tief berührt und er fühlt sich dem Autor verbunden. Dieser schüttelt ihm höflich die Hand, signiert sein zerlesenes und von Merkzetteln übersätes Exemplar mechanisch und lässt Daniel verdutzt stehen. Der hätte ihn gerne um ein Interview für ein Porträt gebeten, aber vielleicht ist Svensson ja doch nicht der einfühlsame Denker mit Tiefgang, den Daniel sich vorgestellt hat, sondern ein vom Erfolg verzogener Selbstdarsteller?

Über mehrere Folgen lässt die Serie „Funeral for a Dog“ nicht nur Daniel in dem Glauben. Aus mehreren Perspektiven setzt sie die Puzzleteile der Liebesbeziehung zusammen, die Vorlage für Svenssons Roman war. Die beginnt in den 1990er-Jahren in Kolumbien, als Svensson und sein Kumpel Felix (Daniel Sträßer) die schöne Finnin Tuuli (Alina Tomnikov) treffen und ihr beide verfallen. Gemeinsam reisen die Weltenbummler weiter nach Finnland und New York, wo Tuuli am 11. September 2001 einen Sohn bekommt, der zwei Väter hat. Lange sieht es so aus, als sei diese Konstellation für die drei das Familienglück schlechthin und gegen jeden Zweifel von außen erhaben. Wer von den beiden ihr Freund sei, fragt ihre Mutter sie, als Tuuli mit Svensson und Felix in Finnland zu Besuch ist. „Muss ich es wissen?“, entgegnet die. „Nein“, lächelt die Mutter.

Dramaturgisch gelungene Romanadaption

„Funeral for a Dog“ basiert auf dem 2008 erschienenen Roman „Bestattung eines Hundes“ von Thomas Pletzinger. Gemeinsam mit Hanno Hackfort und Bob Konrad, den Autoren von „4 Blocks“, hat dieser seinen multiperspektivisch und sprunghaft über beinahe 15 Jahre erzählten Roman in ein Drehbuch übersetzt. Dieses verwandelt die inneren Monologe der Figuren, ihre Wahrnehmung der Beziehung, Liebe, Verlust und Neid in klug arrangierte Rückblenden.

Daniels Recherche leitet durch die Entstehungsgeschichte von „Astroland“. Trotz Svenssons abweisenden Auftretens bei ihrem ersten Zusammentreffen lässt er sich nicht entmutigen und reist nach einem Streit mit seiner Frau Elisabeth nach Italien, um Svensson auf seinem Privatgrundstück am Ortasee zu treffen. Im Flugzeug sitzt er zufällig neben Tuuli, die dasselbe Ziel hat. Dass sie den etwas ramponierten Fremden einfach mitnimmt, ist verwunderlich, denn Daniel ist offensichtlich verkatert und hat eine aufgeplatzte Lippe. Er übergibt sich auf der Flugzeugtoilette und wirft gleich noch seinen Ehering hinterher – seine Suche nach Svensson wird auch eine Suche nach seiner eigenen Geschichte und der Bedeutung, die „Astroland“ für seine Beziehung mit Elisabeth hat.

Perspektiven und Erinnerungen mischen sich

Svensson will den Journalisten schnellstmöglich wieder loswerden. Seine Selbstinszenierung als zurückgezogener Einsiedler wird immer brüchiger, vor allem als klar wird, dass Felix hier im See ertrunken ist und seine Leiche nie gefunden wurde. Je länger Daniel auf Svenssons Anwesen bleibt, desto undurchsichtiger und unzuverlässiger werden die Rückblenden: Tuulis wohlige Zufriedenheit in der ungewöhnlichen Familienkonstellation, Svenssons Eifersucht auf Felix, weil das Kind angeblich von ihm stammt; seine Abreise und die lange Funkstille – all diese Perspektiven mischen sich mit Daniels Erinnerungen an sein erstes Treffen mit Elisabeth, die gemeinsame Arbeit, Elisabeths Schwangerschaft.

David Dietl und Barbara Albert inszenieren die acht Folgen mit beeindruckender Ruhe, geben trotz der Zeit- und Perspektivsprünge allen Figuren Raum, sich zu entwickeln und ihre Persönlichkeiten auszuleben. Bisweilen scheinen die vielen verschiedenen Erzählstränge auseinanderzumäandern, verweilen mit den Figuren in einem Gemütszustand und finden doch immer wieder zueinander, beantworten offene Fragen, relativieren erste Eindrücke. So etwa auch Daniels Wahrnehmung seines ersten Treffens mit Svensson – eine spätere Episode zeigt Svenssons Perspektive des Abends. Seine Kränkung und der Rückzug aus der Beziehung sind schon erzählt. Sein eingangs arroganter Blick wirkt nun eher wie das Ringen um Fassung und zerstreute Höflichkeit, denn ein Detail kommt ans Licht, das Daniel nicht wissen konnte: Svensson hat während der Ehrung Tuuli im Publikum entdeckt. Jahre der Entfremdung und einen Roman über ihre Geschichte später sehen sich die beiden wieder.

Der ganz normale Wahnsinn, den das Leben bereithält

 „Funeral for a Dog“ gelingt der Spagat zwischen einer Erzählung von der großen Liebe zu dritt, vom Traum des Familienglücks und gleichzeitiger Selbstverwirklichung. Die glaubhafte und nachvollziehbare Darstellung einzelner Innenwelten, die nicht immer mit dem großen Ganzen konform gehen, sondern sich in kleinen Alltagssituationen an ihm abarbeiten, es herausfordern oder infrage stellen, beleben die großen Konflikte. In dieser Reibung liegt ein Reiz, der klassische Spannungsbögen bisweilen beiseiteschiebt und mit dem ganz normalen Wahnsinn ersetzt, den das Leben bereithält.

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