Literaturverfilmung | USA 2022 | 101 Minuten

Regie: Janus Metz

Durch die Verhaftung eines Dschihadisten, der vor Jahren an einer tödlich endenden Geiselnahme in einem Flugzeug beteiligt war, erfährt die CIA, dass die Terroristen damals Insider-Informationen vom Wiener Büro des Geheimdienstes bekamen. Ein Analytiker, der zur Zeit der Entführung vor Ort im Einsatz war, soll die undichte Stelle aufspüren, wodurch sich seine Wege wieder mit denen einer Ex-Kollegin kreuzen, für die er immer noch Gefühle hat. Ein Agenten-Thriller, der statt auf Action auf psychologische Spannung setzt, raffiniert zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Erinnerungen changiert und eine zutiefst melancholische Geschichte um die moralischen Grauzonen der Geheimdienst-Welt, Liebe, Loyalität, Misstrauen und Verrat entwirft. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
ALL THE OLD KNIVES
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
Amazon Studios/Barry Linen Motion Pictures/Big Indie Pictures/Chockstone Pictures/Churchill Films/Entertainment One/Jackson Picture
Regie
Janus Metz
Buch
Olen Steinhauer
Kamera
Charlotte Bruus Christensen
Musik
Jon Ekstrand · Rebekka Karijord
Schnitt
Mark Eckersley · Per Sandholt
Darsteller
Chris Pine (Henry Pelham) · Thandiwe Newton (Celia Harrison) · Laurence Fishburne (Vick Wallinger) · Jonathan Pryce (Bill Compton) · Corey Johnson (Karl Stein)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Literaturverfilmung | Spionagefilm | Thriller
Externe Links
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Spionage-Thriller um einen CIA-Agenten, der eine ehemalige Kollegin und Geliebte wieder trifft, gegen die der Verdacht besteht, einst Insider-Informationen an Terroristen weitergegeben zu haben.

Diskussion

Der Fall um Flug 127 im Jahr 2012 war für die CIA ein Debakel: Es gelang dem Agenten-Team ihres Wiener Stützpunkts nicht, die Passagiere in der Turkish-Airline-Maschine zu befreien, die in die Hände von Dschihadisten geraten waren. Und weil die Verhandlungen der Terroristen mit den Regierungen stagnierten, von denen sie im Austausch gegen ihre Geiseln inhaftierte Waffenbrüder freipressen wollten, endete das Ganze blutig.

Was genau schiefgelaufen ist, konnte – oder wollte – die CIA nie recht aufklären. Erst acht Jahre später, als ein damals in die Geiselnahme verwickelter Dschihadist in Afghanistan in die Hände der Amerikaner gerät und verhört wird (man darf vermuten auf höchst brutale Weise, denn er überlebt das Prozedere nicht), tut sich eine neue Spur auf: Die Terroristen sollen damals Insider-Informationen gehabt haben, mit deren Hilfe sie die schon geplante Befreiung der Geiseln unterbinden konnten.

Zwei ausgeschiedene Mitarbeiter als Hauptverdächtige

CIA-Analyst Henry Pelham (Chris Pine), der damals in Wien vor Ort war, wird daraufhin von seinem Vorgesetzten (Laurence Fishburne) losgeschickt, um den Maulwurf zu entlarven. Wegen eines damals in einem bestimmten Büro getätigten, dubiosen Telefonats in den Iran sind die beiden Hauptverdächtigen zwei mittlerweile aus dem Geheimdienst ausgeschiedene Mitarbeiter: der pensionierte Leiter der CIA-Außenstelle in Wien, Bill Compton (Jonathan Pryce) – und Agentin Celia Harrison (Thandiwe Newton), die kurz nach der Katastrophe den Dienst quittierte.

Die Erinnerung an sie steht Henry mehr als lebhaft vor Augen, war sie doch damals nicht nur seine Kollegin, sondern auch seine Geliebte. Und spätestens als er, nach einem Abstecher nach London, um Bill in die Mangel zu nehmen, Celia eines Abends in einem Restaurant in ihrer Heimat Kalifornien gegenübersitzt, um auch sie zu befragen, wird klar, dass die Gefühle zwischen beiden keineswegs Vergangenheit sind. Doch das Rätsel um das, was damals in Wien wirklich geschah, liegt wie ein verhängnisvoller Schatten über dem Wiedersehen.

Ein komplexes Mosaik

Der Spionage-Thriller von Regisseur Janus Metz beruht auf einer Romanvorlage von Olen Steinhauer, der auch das Drehbuch verantwortet hat. Dem Autor gelingt es mit bewundernswerter Eleganz, die Whodunit-Story als komplexes Mosaik aus subjektiven Erinnerungen, objektiven Rückblenden und der Erzählgegenwart Stück für Stück zusammenzusetzen, ohne dass dabei Verwirrung aufkommt, sondern so, dass kontinuierlich Spannung aufgebaut wird. Dabei bleibt bis fast ganz am Ende offen, ob man es bei dem Wiedersehen der beiden Liebenden, das den erzählerischen Anker abgibt, mit einer nachglühenden, vielleicht neu aufflammenden Romanze oder aber einem tödlichen Showdown zu tun hat.

Steinhauer wandelt mit dem Stoff nicht auf den Genre-Spuren von 007 und Co.; die Action wird auf ein Minimum reduziert, statt auf Schauwerte wird primär auf in Dialogen ausgetragene Konfrontationen und Strategiespiele gesetzt. Wie in den Geschichten eines John le Carré geht es auch hier um ein zutiefst melancholisches Wandeln in den moralischen Grauzonen der Geheimdienst-Welt und um die persönlichen und zwischenmenschlichen Kosten, die das Spionage-Geschäft denen, die es ausüben, abverlangt. Getragen von der Chemie zwischen Chris Pine und Thandiwe Newton als tragisches Paar, das sich zunächst in den Rückblenden ganz nahe ist, dann auseinandergerissen wird und schließlich wieder körperlich zum Anfassen nah gegenübersitzt, aber einen inneren Abgrund zwischen sich hat, entfaltet sich der Film als gediegen-melancholisches Kammerspiel um Liebe und Loyalität, Misstrauen und Verrat, geschüttelt zu einem bittersüßen, tödlichen Cocktail.

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