Dokumentarfilm | Deutschland/Finnland/Indien 2021 | 70 Minuten

Regie: Rahul Jain

In der indischen Hauptstadtregion von Delhi haben Folgen des Klimawandels und jahrzehntelange Sorglosigkeit im Umgang mit der Natur eine katastrophale Umweltzerstörung bewirkt: Tote Flüsse, berghohe Mülldeponien, eine nicht enden wollende Hitzewelle, gefolgt von Regenfluten. Ein Dokumentarfilm unternimmt eine Bestandsaufnahme der Zustände und setzt vor allem auf die Kraft bedrückender Bilder. Ergänzt um vertiefende Gespräche mit Bewohnern und Medienausschnitte, fängt er ein Panorama der verheerten Umwelt und massiver Gesundheitsgefährdung ein, dem die Bewohner der Region nur noch Pragmatismus entgegensetzen können. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
TUHON MERKIT | INVISIBLE DEMONS - TUHON MERKIT
Produktionsland
Deutschland/Finnland/Indien
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
Toinen Katse Oy/Ma.ja.de. Filmprod. /Participant Media
Regie
Rahul Jain
Buch
Rahul Jain · Yaël Bitton · Iikka Vehkalahti
Kamera
Tuomo Hutri · Saumyananda Sahi · Rodrigo Trejo Villanueva
Musik
Kimmo Pohjonen
Schnitt
Yaël Bitton
Länge
70 Minuten
Kinostart
03.11.2022
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Ein Dokumentarfilm als bedrückende Bestandsaufnahme der Umweltzerstörung in der indischen Hauptstadtregion von Delhi, wo die Folgen des Klimawandels und jahrzehntelange Sorglosigkeit im Umgang mit der Natur katastrophale Verhältnisse bewirkt haben.

Diskussion

Die Kameradrohne fliegt vom sandigen Ufer am Stadtrand von Delhi auf das Wasser des Flusses Yamuna hinaus. Die Wogen werden immer trüber, schlammiger, dunkler. Aus dem Off erinnert sich der Filmemacher Rahul Jain: „Als ich aufwuchs, habe ich nie einen sauberen Fluss gesehen. Flüsse waren für mich entweder schwarz oder weiß.“ Schwarz wie der komplett verdreckte Yamuna, der durch Delhi fließt und als totes Gewässer gilt, oder weiß vom Schaum, der auf der Oberfläche treibt. Ein Mann, der früher davon gelebt hat, Pilger über den Fluss zu rudern, ergänzt: „Wenn heute Leute herkommen, drehen sie wieder um, sobald sie das Wasser sehen.“

Von der Anhöhe einer Mülldeponie blickt die Kamera auf die Stadt herunter, die in der Ferne im Smog verschwindet. Dann setzt der Regen ein. „Invisible Demons“ ist eine Bestandsaufnahme der Umweltzerstörung rund um die indische Hauptstadtregion von Delhi. Tote Flüsse, berghohe Mülldeponien, eine nicht enden wollende Hitzewelle, gefolgt von Regenfluten. Ein Panorama der Folgen des Klimawandels und jahrzehntelanger Sorglosigkeit im Umgang mit der Natur.

Der Dokumentarfilm setzt in erster Linie auf die Kraft seiner Bilder. Nach dem Starkregen versprüht ein Mann mit Schutzmaske in einer engen Gasse Chemikalien gegen die Mücken, die in der feuchten Umgebung gedeihen. Auf dem Mittelstreifen einer vielspurigen Straße reckt eine welke Pflanze tapfer ihre kargen Blüten in die Höhe. Auf den Feldern um Delhi brennen Bauern nach der Ernte Stroh ab und verstärken den Smog, der sowieso schon über der Stadt hängt.

Die Politik blieb lang untätig

„Invisible Demons“ ergänzt diese beeindruckenden Bilder um zwei Elemente, die ihnen Tiefe verleihen: Gespräche mit Bewohnern und Medienausschnitte. Die Reaktion der Bewohner Delhis auf die Unbill des Klimas ist Ratlosigkeit: „Wie kann ein Rikscha-Fahrer sagen, warum die Temperatur steigt?“, fragt ein Mann an einem Eisstand. Eine Gruppe Taxifahrer erzählt, dass sie, wenn der Smog besonders schlimm ist, hinter Lastwagen herfahren, weil man kleinere Autos nicht mehr sehen kann und selbst nicht gesehen wird. Die Menschen haben den Naturgewalten wenig entgegenzusetzen und behelfen sich angesichts der lange untätigen Politik mit Pragmatismus, der zwar nichts ändert, ihnen aber immerhin beim Überleben hilft.

Die Medienausschnitte zeigen wiederholt die Fernsehmeteorologin Divya Wadhwa und unterfüttern das Gezeigte mit weiteren Fakten und Details der Auswirkungen. Der Film begleitet Wadhwa zu einer Reportage über die Auswirkung der Hitzewellen auf die Obdachlosen von Delhi. Kinder klagen über Schmerzen in der Brust und Husten, eine ältere Frau über brennende Augen. An einem Tag mit besonders hoher Luftverschmutzung macht sich der Filmemacher abends auf, die Partikel mit der Kamera einzufangen. Weiße Blitze, die man früher, im analogen Film, für Kratzer in der Filmschicht gehalten hätte, zeichnen sich vor der Dunkelheit der Nacht und den unscharfen bunten Lichtern ab. „Ich sehe sie als Giftpfeile, die unsere Lungen durchbohren.“ Rahul Jain lässt die gesundheitlichen Auswirkungen nicht im Vagen. Röntgenaufnahmen zeigen die Folgen dieses Pfeilhagels. Schwach pusten Menschen in einer Klinik in eine Röhre.

Ein Schatten ihrer selbst

„Invisible Demons“ lässt einen bedrückt zurück. Die drei Kameramänner des Films, Saumyananda „Somo“ Sahi, Tuomo Hutri und Rodrigo Trejo Villanueva, finden eindrückliche Bilder für die Dimensionen von Naturgewalt, denen die Bewohner Delhis ausgesetzt sind. Die Zerstörung scheint überall zu sein, vom Lungengewebe über tote Landschaften bis zu der Verschmutzung, die sich über die Flüsse ins ganze Land erbricht.

Gegen Ende des Films begleiten Gläubige eine Statue der Göttin Kali zu einem Fluss. Sie baden die Statue zwischen Schollen von weißem Schaum, die in einer nahezu geschlossenen Schicht auf dem Wasser treiben. Die einst imposante Natur ist nur noch ein bemitleidenswerter Schatten ihrer selbst.

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