Drama | Österreich 2022 | 280 (6 Folgen) Minuten

Regie: Nicolai Rohde

In einem Skiort in den Tiroler Alpen nahe Innsbruck kommt der Mann einer Bestattungsunternehmerin ums Leben. Die Verbitterung und Trauer der Witwe verwandeln sich in schiere Rachlust, als sie herausfindet, dass der Tote, ein Polizist, eine junge Frau beschützt hatte, die auf der Flucht vor einem Verbrecherring mörderischer Sadisten ist, und dass sein Tod kein Unfall war. Hartnäckig macht sie sich auf die Jagd nach den Beteiligten und bringt dabei sich selbst und ihre Familie zunehmend in Gefahr. Eine packende Thrillerserie nach Bernhard Aichners gleichnamigem Roman, die sich als stringente Rache-Story entfaltet und zur düsteren Reise in menschliche Abgründe wird, was neben den Tätern auch die faszinierende weibliche Hauptfigur betrifft. - Ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
TOTENFRAU
Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
Barry Films/Mona Film Prod.
Regie
Nicolai Rohde
Buch
Barbara Stepansky · Benito Müller · Wolfgang Müller · Mike Majzen · Nicolai Rohde
Kamera
Stephan Burchardt
Schnitt
Sebastian Bonde · Melanie Schütze
Darsteller
Anna Maria Mühe (Blum) · Maximilian Kraus (Mark Thaler) · Emilia Pieske (Nela Thaler) · Lilian Rosskopf (Tim Thaler) · Hans Uwe Bauer (Großvater)
Länge
280 (6 Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Literaturverfilmung | Serie | Thriller

Thrillerserie nach Bernhard Aichners gleichnamigem Roman um eine Bestattungsunternehmerin, die den Tod ihres Mannes rächen will und sich mit einer Gruppe sadistischer Finsterlinge anlegt.

Diskussion

Marks Tod kommt völlig unerwartet. Gerade hat sich der junge Polizist noch von seiner Frau verabschiedet, um mit dem Motorrad zur Arbeit zu fahren, dann rast auf der Straße vor dem Haus ein Auto in ihn hinein, und aus dem kleinen Alltags-Abschied wird eine brutale Trennung für immer. Die Frau (Anna Maria Mühe), die eigentlich Brunhilde heißt, aber nur bei ihrem Nachnamen Blum genannt wird, sieht den Crash mit an und kauert danach fassungslos über dem Körper ihres Mannes auf dem Asphalt; der Fahrer des Unfallwagens macht sich aus dem Staub. Das scheinbar stabile, harmonische Leben, das Blum und Mark sich aufgebaut haben, bricht in diesen paar Sekunden wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Und was dahinter zum Vorschein kommt, ist düster, kalt und scharfkantig.

Eine Heldin, die mit dem Tod auf Du und Du ist

Bernhard Aichner, auf dessen gleichnamiger Romanvorlage die Serie „Totenfrau“ beruht, serviert das Grauen in lakonisch-knappem Stil, und die Inszenierung von Regisseur Nicolai Rohde bemüht sich, dem Rechnung zu tragen. Die Story, angesiedelt in einem verschneiten Skiort nahe Innsbruck in den Tiroler Alpen, wandelt in unterkühlten Nordic-Noir-Fußspuren, festgemacht an einer faszinierenden weiblichen Hauptfigur, die ein bisschen an gebrochene, spröde Heldinnen wie Stieg Larssons Lisbeth Salander oder Saga Norén aus „Die Brücke“ erinnert. Blum arbeitet als Bestattungsunternehmerin; mit dem Tod ist sie also auf Du und Du; nichtsdestotrotz trifft Marks Verlust sie mit existenzieller Wucht. Die Trauer macht sie einzelgängerisch und bissig wie ein verwundetes Tier. Ihren beiden Kindern, einer Teenager-Tochter und einem etwa zehnjährigen Sohn, emotionalen Halt zu geben, bleibt weitgehend Blums Schwiegervater überlassen, der mit im Haus der Familie wohnt. Blum selbst ist zu wütend und verbittert, um an Trost für sich selbst oder andere auch nur denken zu können.

Und diese Wut und Bitterkeit werden sich bald zu blanker Rachsucht steigern. Blum entdeckt auf Marks Handy irritierende Nachrichten und stößt in einem Versteck in den Bergen auf eine schwer traumatisierte junge Frau, deren Geschichte nahelegt, dass Marks Tod kein Unfall war: Die Fremde ist auf der Flucht vor einer Gruppe von Sadisten, die Frauen aus Osteuropa mit dem Versprechen auf Arbeit über die österreichische Grenze locken, um sie dann zu vergewaltigen, zu foltern und zu ermorden; Mark hatte ihr Schutz geboten und sie versteckt, ohne aber seine Kollegen von der Polizei einzuschalten, was nahelegt, dass er befürchtete, der Einfluss des Psychopathen-Rings in dem Skiort könnte sehr weit reichen.

Dunja (Romina Küper) ist sich sicher, dass ihre Peiniger für Marks Tod verantwortlich sind. Blum glaubt ihr, und sie beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Ein markantes Detail, an das sich das Opfer aus der Zeit seiner Gefangenschaft erinnert, führt sie bald auf die Spur eines ersten Verdächtigen. Als es zur Konfrontation kommt, wird der Mann Blum drohen, sie wisse nicht, mit wem sie sich da angelegt hat. Was durchaus zutreffend ist, aber auch umgekehrt gilt: Die Täter ahnen nicht, was sie damit entfesselt haben, Blum ihren geliebten Mann zu nehmen.

Eine Reise in menschliche Abgründe

Die Ergründung von Blums biografischen Hintergründen, die sie zur „Totenfrau“ gemacht haben, hält die Serienadaption eher kurz und konzentriert sich primär auf die stringente Thriller-Handlung rund um Blums Jagd nach den Tätern – eine Jagd, bei der sich die Heldin notgedrungen selbst immer weiter aus der Deckung wagt und Kopf und Kragen riskiert. Die Inszenierung setzt eher auf klassischen Suspense und eine solide „Whodunit“-Dramaturgie als auf exzessive Gewaltdarstellungen; gerade deswegen entfalten die Zusammenstöße zwischen Blum und ihren Gegnern, wenn sie denn physisch eskalieren, aber eine umso größere Wucht und Schockwirkung.

Dabei werden die sechs Folgen zu einer sich zuspitzenden Reise in menschliche Abgründe – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Denn Blums Ermittlungen zerren nicht nur ans Licht, welche Bestialität sich hinter der properen Fassade einzelner Bürger des beschaulichen Skiorts verbirgt, sondern sie fördern auch in Blum selbst ein verborgenes Reservoir an Grausamkeit und Skrupellosigkeit zu Tage. Und mitunter erschreckt man beim Zuschauen auch ein bisschen über sich selbst, wenn einen die verführerische Woman-Revenge-Dynamik von Blums Jagd so richtig packt und man blutrünstig darauf wartet, dass die „Totenfrau“ ihrem Walküren-Namen alle Ehre macht.

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