Drama | Deutschland 2022 | (acht Folgen) Minuten

Regie: Dani Levy

Ein Verlierertyp aus dem Schwarzwald erfindet sich neu und gibt vor, der illegitime Spross des Emirs von Katar zu sein. Als vermeintlicher arabischer Großerbe mischt er mit cleveren Lügengeschichten und viel Selbstbewusstsein fortan die schweizerische Finanzwelt auf. Die auf einem realen Betrugsfall beruhende Hochstapler-Serie spinnt mit lustvollen Übertreibungen und gesellschaftskritischen Spitzen eine vergnügliche Räuberpistole, in der es allerdings auch zu Mord und Totschlag kommt, weil auch die Unterwelt auf die Aufschneider-Masche hereinfällt. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
X-Filme Creative Pool
Regie
Dani Levy
Buch
Dani Levy
Kamera
Katharina Bühler · Carl-Friedrich Koschnick
Schnitt
Claus Wehlisch
Darsteller
Björn Meyer (Ringo Babbels) · Petra Schmidt-Schaller (Carla) · Philippe Graber (Immobilienmakler Urs) · Carol Schuler (Pina) · Sylvester Groth (Ben Judas)
Länge
(acht Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Komödie | Serie

Vergnügliche Hochstapler-Serie um einen Verlierertypen aus dem Schwarzwald, der sich als unehelicher Sohn des Emirs von Katar neu erfindet.

Diskussion

Die Hauptfigur Ringo ist das, was man unter den Vorzeichen der Erfolgsgesellschaft wohl als „gescheiterte Existenz“ bezeichnen würde. Der nicht mehr ganz junge Mann lässt es eher gemütlich angehen und hangelt sich von einem Gelegenheitsjob zum nächsten sowie mit kleinen Lügen durch den Alltag. „Based on true lies“, lautet passenderweise auch das Motto der Serie „Der Scheich“. Bei der Produktion aus der Feder des Regisseurs Dani Levy handelt es sich um die erste deutsche Serie des Paramount-Studios, das mit seinem Streamingdienst Paramount+ im Dezember 2022 in Deutschland gestartet ist.

„Based on true lies“ heißt es aber auch, weil sich „Der Scheich“ an den Begebenheiten eines realen Betrugsfalls aus dem Jahr 2012 orientiert. Ein Hochstapler aus der Nähe von Stuttgart hatte sich in der Schweiz als arabischer Prinz ausgegeben. Bevor seine Betrugsmasche aufflog, hatte der Mann vermögende Schweizer schon um viel Geld gebracht. Blamiert wurde dabei auch der Fußballverein Grasshopper Zürich, dem der Betrüger eine Finanzspritze in Aussicht gestellt hatte.

Eine haarsträubende Story

Das reale Possenspiel innerhalb gutbetuchter Schweizer Kreise nutzt Dany Levy für eine im besten Sinne haarsträubende Story. Bei seinem Protagonisten Ringo (Björn Meyer) handelt es sich um keinen unangenehmen Typ; das Publikum ist durchaus auf seiner Seite, wenn er sich als sympathische Analphabet durch die Widrigkeiten seines Alltags laviert. In einer Hinsicht hat Ringo allerdings richtig Glück: Mit Carla (Petra Schmidt-Schaller) steht ihm eine tolle Frau zur Seite. Frei von herkömmlichen Erwartungen an einen „Beschützer- und Versorgermann“, liebt sie ihren Ringo aufrichtig. Gemeinsam ziehen sie ihre beiden Kinder groß.

In der Vergangenheit hat Ringo allerdings Mist gebaut, der ihn in der Gegenwart seines Familienidylls einzuholen droht. Wegen irgendeiner zwielichtigen Sache schuldet Ringo einem undurchsichtigen Typen hunderttausend Euro. Doch bei Carlas wohlhabenden Eltern, die innerhalb eines geschützten Moores gerade das Luxusresort „Muddy Waters“ errichten, blitzt das Ehepaar ab. Bis zwei komplett fertige Adelssprösse auf Crack eines Nachts das Geld von Ringo einfordern.

Ein Zufall lässt den durchaus zu kreativem Denken begabten Ringo einen Ausweg finden. Der ist allerdings auf ziemlich viel (Wüsten-)Sand gebaut. Bei einem Ausflug in die Schweiz besudelt er zunächst den feinen Zwirn eines Immobilienmaklers. Im Zuge seiner Beschwichtigungen gibt Ringo vor, der uneheliche Sohn des Emirs von Katar zu sein, als ein zwar verheimlichter, aber doch waschechter Prinz. Als der vorgebliche Scheich gerade wieder die Segel streichen will, hält ihn ein massiv unter Erfolgsdruck stehender Makler (Philippe Graber) auf, der Ringo Glauben schenkt. Er hätte da ein Angebot für ihn.

Im Namen von „Qatar Global Invest“

Aus dieser Nummer kommt Ringo fortan nicht mehr heraus. Im Gegenteil: Er verstrickt sich immer tiefer in sie. Bald tritt er als Käufer einer hochherrschaftlichen Villa mit Seeblick in Erscheinung. Als Bevollmächtigter der fiktiven „Qatar Global Invest“ weckt Ringo schnell weiteres Unternehmerinteresse, das nach üppigem katarischen Investitionskapital lechzt. Ringos Aufschneider-Masche ruft allerdings bald auch echte Verbrechen auf den Plan. Es kommt zu Mord- und Totschlag. Ins Fadenkreuz der Ermittler rückt bald auch Ringo.

Mit erzählerisch gekonnten Übertreibungen und gesellschaftskritischen Spitzen inszeniert Regisseur und Showrunner Dani Levy eine vergnügliche Räuberpistole. Spannung und Elan der Serie nehmen dabei von Folge zu Folge mehr Fahrt auf. Die Fallhöhe der Krimikomödie liegt hoch. Denn Levy scheut auch riskante Regiemanöver nicht – selbst Musical-Momente finden in diesem wilden Mix Platz. Die Dialoge überzeugen durch Witz und passendes Timing.

Der bissige Kommentar der Serie zu den merkwürdigen Usancen der Schweizer Hochfinanz und dem gesellschaftlichen Fetisch, der diese möglich macht, lässt sich dabei durchaus verallgemeinern. Es sind die Verhältnisse unserer Zeit, die einen Typen wie Ringo hervorbringen. Die Frage, die der wahnwitzige „Scheich“ von Dani Levy aufwirft, ist daher gar nicht so sehr die nach dem Grund, wie so etwas möglich ist, sondern eher danach, wie viele Aufschneider in Zeiten einer freidrehenden Erfolgsgesellschaft unbemerkt herumlaufen.

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