Fantasy | Großbritannien 2022 | 345 (8 Folgen) Staffel 1 Minuten

Regie: William McGregor

In England kehren seit Jahrzehnten Tote als Geister ins Diesseits zurück und suchen die Lebenden heim; begabte Kinder und Jugendliche können die unheimlichen Besucher wahrnehmen und ihre Mitbürger beschützen. Drei junge Agent:innen haben sich der Geisterjagd verpflichtet und kommen einer Intrige auf die Spur, die mit dem Geister-Problem ursächlich zusammenhängt. Die Teen-Horrorserie nach einer Romanreihe fängt mit den Mitteln einer Geistergeschichte das Lebensgefühl einer jungen „Fridays for Future“-Generation ein, die Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit ausbaden muss. Dabei wird die Vorlage stark gerafft und der Horror mitunter etwas stiefmütterlich behandelt. Dank einer sorgfältigen Zeichnung der Figuren und ihrer Beziehungen untereinander liefert die Serie als düster-schwarzhumoriges Teen-Drama aber gute Unterhaltung. - Ab 14.

Filmdaten

Originaltitel
LOCKWOOD & CO.
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2022
Regie
William McGregor · Catherine Morshead · Joe Cornish
Buch
Joe Cornish · Joy Wilkinson · Kara Smith · Ed Hime
Kamera
Ben Wheeler · Thomas Townend · Oliver Curtis
Musik
Christoph Bauschinger · Joe Henson · Alexis Smith
Schnitt
Jonathan Amos · Dan Roberts · Justin Krish · Jerry Ramsbottom
Darsteller
Ruby Stokes (Lucy Carlyle) · Cameron Chapman (Anthony Lockwood) · Ali Hadji-Heshmati (George Karim) · Ivanno Jeremiah (Inspector Barnes) · Jack Bandeira (Quill Kipps)
Länge
345 (8 Folgen) Staffel 1 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Fantasy | Geisterfilm | Jugendfilm | Literaturverfilmung | Serie

Drei jugendliche Agenten bekämpfen in London Gespenster, die in Massen ihr Unwesen treiben, und kommen einer Intrige auf die Spur. Teen-Horrorserie nach einer Vorlage von Jonathan Stroud.

Diskussion

„Eure Generation tut mir leid“, sagt in Folge 1 eine ältere Kundin zu Lucy Carlyle (Ruby Stokes) und Anthony Lockwood (Cameron Chapman), kurz bevor sie die jungen Geisterjäger in ihr von einem Spuk heimgesuchtes Haus lässt und sich selbst aus dem Staub macht. Statt sich mit Schulstress und Pubertätswirren herumzuschlagen, ist es in der auf Jonathan Strouds gleichnamiger Roman-Pentalogie beruhenden Serienverfilmung der Job der jugendlichen Held:innen, regelmäßig ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um Mitbürger vor tödlichen Besuchern aus dem Jenseits zu beschützen.

Teen-Horror für die „Fridays for Future“-Generation

Lockwood & Co. ist eine von vielen Agenturen, die sich dieser Aufgabe widmen. In dem Großbritannien, in dem die Reihe spielt, sind Gespenster kein Stoff für Gruselgeschichten, sondern beklemmender Teil des Alltags. Seit aus unbekannten Gründen das „Problem“ –die massenhafte Heimsuchung der Lebenden durch die Geister der Toten – aufgetreten ist, sind die Straßen nach Einbruch der Dunkelheit fast menschenleer; schon die bloße Berührung durch ein Gespenst ist verhängnisvoll. Die einzigen, die dann noch unterwegs sind, sind minderjährige Nachtwächter und Agenten wie Lucy und Lockwood, die Gespenster mit Degen, Eisen, Silber und Salz in Schach halten und ihre „Quellen“ – physische Überreste ihrer irdischen Existenz - neutralisieren. Gegen die fatale „Geistersieche“ sind sie zwar genauso wenig immun wie die Erwachsenen, doch verfügen sie im Unterschied zu den Älteren über die Sensibilität, die jenseitigen Besucher frühzeitig wahrzunehmen und effektiv zu bekämpfen.

Wie Strouds ab 2013 erschienene Vorlage spiegelt die Serie mit den Mitteln des Geisterhorrors kongenial das Lebensgefühl der vom Klimawandel überschatteten „Fridays for Future“-Generation: Die Verfehlungen der älteren Generationen haben zu einer drastischen Verschlechterung der Lebensbedingungen geführt; und es obliegt den Jugendlichen, die Last dieser Veränderungen zu schultern. In vielerlei Hinsicht fühlt sie sich dabei von der Elterngeneration im Stich gelassen. Das paranormale Motiv, bei dem es immer darum geht, dass die Sünden der Vergangenheit die Gegenwart heimsuchen, bietet dafür eine griffige Metapher, was Jonathan Stroud noch verstärkt, wenn er im Laufe seiner Pentalogie nach und nach die Ursachen des „Problems“ freilegt und seine jungen Protagonist:innen auf jene Mischung aus Gier, Hybris und Rücksichtslosigkeit eines elitären Erwachsenen-Zirkels treffen lässt, die auch junge Klimaschützer den Älteren vorwerfen.

Figuren und Beziehungen werden sorgfältig konturiert

Die Serie übernimmt den Tonfall aus galgenhumoristischer Ironie und Bitterkeit, mit dem Stroud in den Büchern dieses Szenario ausbreitet. Und sie lässt die Teens von Lockwood & Co. – mit dem flamboyanten, ehrgeizigen Lockwood als Leiter, dem mehr klugen als kämpferischen George Karim (Ali Hadji-Heshmati) als Rechercheur und dem Neuzugang Lucy als zentraler Figur – aneinander Halt und Lichtblicke in einer ansonsten ziemlich düsteren Welt finden, auch wenn es unter den drei Teens durchaus auch zu Spannungen kommt.

Gerade in zwischenmenschlichen Dingen erweist sich die Serienadaption von Showrunner Joe Cornish als feinfühlig: Sie verwendet viel Mühe darauf, die unterschiedlichen Positionen der Figuren zueinander und zu dem „Problem“ herauszuarbeiten. Der Waise Lockwood, der den Ballast eines traumatischen Verlusts mit sich herumschleppt, ist darauf bedacht, im Umgang mit Geistern, aber auch mit seinen Mitmenschen distanziert-pragmatisch zu bleiben und sich auf den Erfolg seines kleinen Unternehmens zu konzentrieren. Lucy dagegen, die über die höchst seltene Gabe verfügt, Gespenster nicht nur sehen und fühlen, sondern auch hören und in seltenen Fällen mit ihnen kommunizieren zu können, tendiert dazu, emotionale Beziehungen herzustellen – zu ihren neuen Kollegen, aber auch zu Geistern. George wiederum wird vor allem vom Forscherdrang getrieben; er will das „Problem“ nicht nur bekämpfen, sondern verstehen: wissen, was Geister eigentlich sind, was es mit dem Jenseits auf sich hat und was die Ursache dafür ist, dass die Grenze zur Welt der Lebenden brüchig geworden ist.

Am Horror wird gespart

Um diese Positionen und die Reibungen, die sich daraus ergeben, zu entfalten und trotzdem eine straffe Seriendramaturgie zu generieren, die in acht rund 45-minütigen Folgen die ersten beiden Bände verdichtet, spart die Verfilmung an anderer Stelle, was vor allem den Horror betrifft. Während Stroud mit großem Gusto zahlreiche Clashs der drei Hauptfiguren mit der Geisterwelt ausbreitet und dabei ein herrlich makabres Bestiarium unterschiedlicher Spukformen entwirft, konzentriert sich die Serie auf die zentralen Fälle von Lockwood & Co., die den Weg dafür bereiten, dass die jungen Agenten in kommenden Staffeln der Intrige, die hinter dem „Problem“ steht, auf die Spur kommen. Das sind in der ersten Hälfte von Staffel 1 der Fall des Geistes einer ermordeten Schauspielerin sowie der des monströsen Spukhauses Combe Carey Hall, der in einem sinistren Zusammenhang damit steht. In der zweiten Hälfte geht es um den Geist eines wahnsinnigen Okkultisten und dessen tödlichen „Knochenspiegel“.

Dass dabei nicht nur viel paranormales „World Building“ ausgespart wird, sondern es den Regisseur:innen der Serie mitunter auch an dem rechten Genre-Ehrgeiz fehlt, um die verbliebenen Geisterkonfrontationen mit einem schön-schaurigen Gefühl für Atmosphäre, Effekte und Timing so unheimlich umzusetzen, wie es der Vorlage würdig wäre, ist der einzige Wermutstropfen in dieser ansonsten durchaus gelungenen Adaption. Als Gruselstoff fällt sie eher moderat aus, als gefühlsstarkes Teen-Drama um eine Generation, die sich gezwungen sieht, heroisch die Suppe auszulöffeln, die die Älteren ihnen eingebrockt habt, funktioniert „Lookwood & Co.“ aber bestens.

Kommentar verfassen

Kommentieren