Abenteuer | USA 2023 | 126 Minuten

Regie: Christopher Landon

Als eine schwarze Familie in ein verdächtig günstiges Haus zieht, findet der 16-jährige Sohn bald heraus, warum das Gebäude so ein Schnäppchen war: Es spukt auf dem Dachboden! Statt Angst zu haben, freundet sich der Teenager mit dem Geist an, der sich an sein Leben vor dem Tod nicht mehr erinnern kann. Weil ein Video des Gespensts bald viral geht, erlangt der schweigsame Geist große Bekanntheit und lockt auch Gestalten an, die dem sensiblen Gespenst nicht wohlgesonnen sind. Ein auch dank David Harbour als mal komischer, mal anrührender Geist gelungener Genre-Mix aus Humor und Grusel, wobei der familienfreundliche Spaß mit vielen kleinen, originellen Einfällen auftrumpft. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
WE HAVE A GHOST
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Legendary Ent./Temple Hill Ent.
Regie
Christopher Landon
Buch
Christopher Landon · Geoff Manaugh
Kamera
Marc Spicer
Musik
Bear McCreary
Schnitt
Ben Baudhuin
Darsteller
Jahi Di'Allo Winston (Kevin Presley) · David Harbour (Ernest) · Anthony Mackie (Frank Presley) · Erica Ash (Melanie Presley) · Niles Fitch (Fulton Presley)
Länge
126 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Abenteuer | Familienfilm | Horror | Komödie | Mystery
Externe Links
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Die Actionkomödie mit Horror-Anleihen zeigt einen David Harbour in Hochform.

Diskussion

Regisseur und Drehbuchautor Christopher Landon hat nicht nur die gesamte „Paranormal Activity“-Reihe fast im Alleingang verfasst, sondern auch ein Genre wiederbelebt, dass schon viele Jahre lang vor sich hin dümpelte: die Horrorkomödie. Mit „Happy Death Day“ drehte er einen Zeitschleifen-Slasher mit viel Humor, „Freaky“ stieß ins gleiche Horn, wenn auch ungleich blutiger, und auch das Zombie-Genre bereicherte Landon mit „Scouts vs Zombies“ um eine bisweilen reichlich alberne, aber doch unterhaltsame Comedy-Variante. Nun legt er mit „We Have a Ghost“ für Netflix eine Geisterkomödie nach, die sein bislang vielleicht familienfreundlichster Film ist. Denn auch wenn er auf der Kurzgeschichte „Ernest“ von Geoff Manaugh basiert, so scheint hier doch an vielen Stellen Oscar Wildes Klassiker „Das Gespenst von Canterville“ hindurch. Diese amüsante Geschichte um eine Freundschaft zwischen jungem Freigeist und altem Gespenst bildet auch in „We Have a Ghost“ das Rückgrat des Plots.

Ein Gespenst auf TikTok

So behält Landon eines der zentralen Canterville-Themen bei, den Kulturclash zwischen einem britischen Geist und einer amerikanischen Familie, transportiert es aber in die heutige Zeit. Als eine afroamerikanische Familie in sein Heim einzieht, muss Gespenst Ernest (David Harbour) feststellen, dass sein Repertoire an Gruselattacken beim jüngeren Sohn Kevin (Jahi Di'Allo Winston) nicht verfängt. Statt sich ordentlich zu erschrecken, findet der 16-jährige Ernests Bemühungen nicht nur witzig, sondern nimmt sie auch gleich mit dem Smartphone auf. Wenig später landet das Video im Netz und entfacht einen regelrechten Hype um den schweigsamen Geist in seinem ockerfarbenen Bowlinghemd.

Und während Kevins Vater Frank (Anthony Mackie) vor allem daran denkt, wie er seiner finanziell klammen Familie durch Ernest reichlich Dollars verschaffen kann, interessiert sich Kevin bald für den Menschen hinter dem Geist und möchte dem an Amnesie leidenden Ernest dabei helfen, mehr über sich und sein früheres Leben herauszufinden.

Bekannte Muster werden mit skurrilen Einfällen garniert

Landon garniert diese vorhersehbare Geschichte an vielen Stellen mit kleinen, skurrilen Einfällen. So ist der Besuch des TV-Mediums Rita, gespielt von Jennifer Coolidge, ein echtes Highlight, ebenso wie Ernests erster Ausflug außerhalb der eigenen vier Wände. Wie schon in seinen früheren Filmen, nutzt Landon dabei die bekannten Versatzstücke eines Horror-Sub-Genres und peppt sie humorvoll auf. So fühlen sich die Coolidge-Szenen an wie eine lustige Variante von „Poltergeist“, das große Finale hingegen erinnert an Peter Jacksons „The Frighteners“.

Kein Zweifel, Christopher Landon kennt die wichtigen Vorlagen und hat sich so in den vergangenen Jahren zum Experten dafür entwickelt, kreativ mit ihnen zu spielen. „We Have a Ghost“ setzt dabei ganz auf den Spaß; Horror spielt hier nur eine sehr kleine Rolle, auch Thriller-Elemente spart sich Landon für den Schluss auf. Dass das aufgeht, hat Landon zu einem guten Teil seinem Star zu verdanken. Obwohl David Harbour in der Rolle kein einziges Wort spricht (im Gegensatz zu Sir Simon von Canterville ist Ernest stumm), transportiert er einen großen Batzen Gefühl ins Publikum. Fast spielend gelingt ihm die Balance zwischen witzigen und anrührenden Momenten, die er nur durch Blicke und Mimik erzeugt. Vor allem im Zusammenspiel zwischen ihm und dem noch unbekannten Jahi Winston, der die Rolle von Kevin spielt, kann der Film glänzen.

Aber Landon besitzt noch ein anderes Talent, das in vielen seiner jüngsten Erfolge zum Tragen kommt: Er schreibt richtig gute Nebenfiguren und Nebenplots. So ist der Vater-Sohn-Konflikt zwischen Kevin und Frank zwar nicht originell, aber zumindest glaubwürdig. Tig Notaro, die schon in „Star Trek: Discovery“ mit ihrer schnoddrig-trockenen Art so manche Szene vor der Rührseligkeit rettete, überzeugt als ambivalente Geisterjägerin, auch Isabella Russo bekommt mit Nachbarstochter Joy eine stark geschriebene Rolle, die sie gut ausfüllt.  

Zudem erzeugt Landon hier in manchen Szenen sogar ein wenig Frank-Capra-Charme, wenn er ganz ohne Humor unter der Gürtellinie auskommt und seine Figuren als grundsympathische Menschen zeichnet, denen man einfach gern bei dem zusieht, was sie tun. "We Have a Ghost" ist ein zutiefst freundlicher Film, der dadurch fast ein wenig aus der Zeit gefallen wirken würde, hätte er nicht so viele Inhalte, die nur im Heute funktionieren.

Und so ist es am Ende der Gesamteindruck, der für den Film spricht. Denn Christopher Landon bringt hier einfach genug gute Teile zusammen, um am Ende ein richtig unterhaltsames Ganzes zu bekommen - ohne größere Ambitionen, aber mit ein paar schönen Seitenhieben auf die Social-Media-Kultur.

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