L'Amour du monde - Sehnsucht nach der Welt

Coming-of-Age-Film | Schweiz 2023 | 79 Minuten

Regie: Jenna Hasse

Eine 14-jährige Heranwachsende freundet sich während der Sommerferien am Genfer See bei einem Praktikum in einem Kinderheim mit einem siebenjährigen Pflegekind an, das ähnlich trotzig-enttäuscht wie sie durch die Welt stromert. Ihre Sehnsuchtsträume erfahren durch einen jungen Fischer starken Auftrieb, der aus Indonesien stammt, sich aber gerade selbst die Frage nach seiner Zukunft stellt. Mit kleinen Gesten und stillen Momenten sowie einer außergewöhnlichen Hauptdarstellerin pulsiert der fein gesponnene Film zwischen der Sehnsucht nach der großen weiten Welt und der Größe des ganz kleinen Moments. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
L' AMOUR DU MONDE
Produktionsland
Schweiz
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Langfilm
Regie
Jenna Hasse
Buch
Jenna Hasse · Julien Bouissoux · Nicole Stankiewicz
Kamera
Valentina Provini
Musik
Cedric Blaser
Schnitt
Noémie Fy
Darsteller
Clarisse Moussa (Margaux) · Esin Demicran (Juliette) · Marc Oosterhoff (Joël) · Adèle Vandroth (Adèle) · Pierre Mifsud (Philippe)
Länge
79 Minuten
Kinostart
24.08.2023
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Coming-of-Age-Film | Drama | Jugendfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Eine Heranwachsende verbringt die Sommerferien in einem Kinderheim am Genfer See, wo sie einen Fischer kennenlernt und sich nach der weiten Welt sehnt.

Diskussion

Eigentlich wäre Margaux gerne bei ihren Freundinnen in Italien oder jedenfalls irgendwo am Meer, aber das geht in diesen Sommerferien nicht. Stattdessen hockt sie als fast 15-Jährige in dem kleinen Städtchen Aubonne am Genfer See und teilt sich mit ihrem Vater ein Hotelzimmer. Der aber hat eigentlich nur seine Arbeit und seine neue Freundin im Kopf. Überdies macht Margaux ein Praktikum in einem Kinderheim.

Ein Sprung ins Wasser

Dort ist nicht viel los. Die meisten Kinder sind im Sommer bei ihren Eltern, nur ein paar Jungs sind vor Ort, und die kleine Juliette mit dem trotzigen Blick. Juliettes Vater kündigt sich immer mal wieder für einen Ausflug an, taucht dann aber nicht auf. Wer könnte es ihr übelnehmen, dass sie ihre Unzufriedenheit an den Erzieher:innen auslässt und natürlich auch an Margaux? Gleich beim ersten gemeinsamen Ausflug im Wald rennt Juliette davon und springt in den See, wird aber gerade noch von einem Fischer aus dem Wasser gezogen.

Das gäbe natürlich Ärger, doch Margaux hüpft auch ins Wasser, und beide verraten nichts. So entsteht ein Band zwischen den beiden Unzufriedenen, die fortan immer wieder gemeinsam Ausflüge machen.

Die Regisseurin Jenna Hasse hat in ihren ersten Langfilm der jungen Darstellerin Clarisse Moussa, die schon in ihrem Kurzfilm „En Août“ (2014) ein Mädchen namens Margaux gespielt hat, eine große Rolle eingerichtet. Clarisse Moussa vermag ihr oft fast regungsloses, von der Welt und den Erwachsenen genervtes Teenagergesicht mit feinen Emotionen zu füllen. Mit einer Sehnsucht im Blick hinter dem Bus her, der die Stadt verlässt. Große Augen im Kinosessel. Und am Ende auch einmal mit einem Lächeln, das tief in der Seele bewegt.

Margaux hat in diesem Sommer kaum jemanden zum Reden. In farblich herabgedimmten Bildern, die die Wärme der Sonne zu untertreiben scheinen, erkundet sie allein oder mit Juliette den Hafen, den Wald, den See. Bald begleiten sie den jungen Fischer Joël auf seinen Fahrten; er ist gerade aus Indonesien zurückgekommen, weil seine Mutter gestorben ist.

Ein ferner Sehnsuchtsort

Joëls Indonesien wird für Margaux zu einem Sehnsuchtsort. Nicht nur als Ferne, sondern vor allem als Möglichkeit, selbst entscheiden, mehr sehen zu können. „Wie konnten wir nur so leben und mit so wenig zufrieden sein; wie konnten wir so klein leben, wo doch alles so groß ist und es so viel gibt?“, steht dem Film als Zitat aus dem Buch des Schweizer Schriftstellers Charles Ferdinand Ramuz voran, dem das Werk seinen Titel entliehen hat.

Es ist so viel da draußen, und Margaux möchte mehr sehen und erleben als die engen Straßen und das kleine Kino. Joël muss sich entscheiden, ob Indonesien noch sein Traum sein kann, wo keine Freundin mehr auf ihn wartet und auch kein Job – wo ihm ein befreundeter Fischer hier doch seinen Betrieb übergeben möchte. Und Juliette tobt kindlich gegen die Welt und hofft auf der anderen Seite, dass die Legende stimmt, von der Joël erzählt – dass in Reihern sich die Seelen Verstorbener niederlassen und dort, am Fluss im Wald, ihre Mutter aus einem Vogel zu ihr spricht.

So pulsiert der Film der leisen Töne und genauen Beobachtungen zwischen der Sehnsucht nach der großen weiten Welt und der Größe des ganz kleinen Moments zwischen zwei Menschen, hier und jetzt. Und eröffnet zwischen diesen beiden Punkten eine leuchtende Spannung, die sich nie lösen lässt. Es gibt einfach so viel.

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