Bread & Roses: A Fight for Women's Rights
Dokumentarfilm | USA 2023 | 90 Minuten
Regie: Sahra Mani
Filmdaten
- Originaltitel
- BREAD & ROSES
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2023
- Produktionsfirma
- Excellent Cadaver
- Regie
- Sahra Mani
- Buch
- Sahra Mani
- Kamera
- Abdul Sami Murtaza
- Musik
- Masoud Sekhavat Doust
- Schnitt
- Maria Mavati · Hayedeh Safiyari
- Länge
- 90 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Packender Dokumentarfilm über drei afghanische Frauen, die nach dem Einmarsch der Taliban-Milizen in Kabul im August 2021 gegen den systematischen Entzug grundlegender Rechte protestieren.
Der Dokumentarfilm der afghanischstämmigen Regisseurin Sahra Mani beginnt mit einer tragischen Koinzidenz. Am 14. August 2021 feiern die Zahnärztin Dr. Zahra Mohammadi und ihr Verlobter Omir nach einer offiziellen Zeremonie in Kabul ihre Verlobung, danach tanzen die Frauen in festlichen Gewändern. In der Nacht ist aus der Stadt der Ruf „Nieder mit den Taliban“ zu hören. Am 15. August marschieren tausende Milizionäre der Taliban in die Hauptstadt ein, nachdem die US-geführten westlichen Streitkräfte Afghanistan verlassen haben.
Mit der Machtübernahme der Taliban ändert sich das Leben von Frauen und Mädchen in dem muslimisch geprägten Land am Hindukusch grundlegend. Schulen für ältere Mädchen werden geschlossen, erwachsene Frauen dürfen nicht mehr arbeiten und sind weitgehend ans Haus gefesselt, das sie praktisch nur in Begleitung verlassen dürfen.
Verzweifelte Innenansichten aus dem Talibanstaat
Auch für Taranom und Sharifa hat der Machtwechsel gravierende Folgen. Sharifa darf nicht mehr als Angestellte für eine Behörde arbeiten, sondern muss zu Hause bleiben, wo sie das Geschehen am Radio verfolgt. Taranom, die sich zuvor für Frauenrechte eingesetzt hat, fährt in einem überfüllten Kleinbus zum Flughafen, um das Land zu verlassen, kann die Sperren aber nicht überwinden. Aus Furcht vor Verfolgung reist sie nach Pakistan, wo sie in einem Safe House Zuflucht findet.
Der Film folgt diesen drei Frauen abwechselnd über einen Zeitraum von etwa einem Jahr. Ein Großteil der Bewegtbilder sind Handyvideos, die die drei Protagonistinnen und eine weitere Person selbst gedreht haben. Mehrfach ist man so Zeuge, wie Aktivistinnen sich in Zahras Praxis treffen, Plakate schreiben und Demonstrationen organisieren. Dann sind immer wieder verwackelte Aufnahmen von Demonstrationszügen der Aktivistinnen zu sehen, die Parolen wie „Brot, Freiheit, Bildung“ oder „Bildung, Arbeit, Freiheit“ skandieren und meist schnell von bewaffneten Uniformträgern umringt werden, die zum Teil auf die Frauen einprügeln. Mit roher Gewalt gehen die Taliban-Kämpfer auch gegen Journalisten vor, die über diese Frauenproteste berichten wollen.
Die private Nutzung der Smartphones erlaubt es, auch sehr persönliche Situationen festzuhalten, etwa wenn eine Frau nachts in die Kamera spricht und preisgibt, wie verzweifelt, einsam und ohnmächtig sie sich fühlt. Die Regisseurin verzichtet im Übrigen auf einen Off-Kommentator und lässt allein die Bilder sprechen.
„Sei still, oder ich töte dich!“
Die selbst gedrehten Videos vermitteln nicht zuletzt durch ihre technische Unvollkommenheit eine authentische Atmosphäre, machen anschaulich und spürbar, unter welchem Druck diese mutigen Frauen stehen, die für ihre berechtigten Forderungen ihr Leben riskieren, wenn sie gegen ein Regime protestieren, das sie als nicht gleichwertig mit Männern einstuft. Hin und wieder dokumentieren die Aufnahmen auch die vorherrschende misogyne Einstellung der Taliban. So ist einmal aus dem Off zu hören, wie einer von ihnen eine Demonstrantin anherrscht: „Sei still, oder ich töte dich!“ Die Frau antwortet ebenfalls im Off: „Dann töte mich!“
Drei erschütternde Sequenzen haften besonders stark im Gedächtnis: Einmal setzen die Taliban Wasserwerfer gegen Demonstrantinnen ein, die wegzulaufen versuchen. Eine von ihnen wirkt resigniert und sagt in die Kamera: „Es gibt keine andere Option als Suizid.“ Später enthüllt Zahra, dass es den Taliban gelungen ist, Spioninnen in den Aktivistinnengruppen zu gewinnen. „Sie sind entschlossen, auf diese Weise eine Spaltung der Gruppen zu erreichen.“ Die erschöpfte Zahra hat deswegen die Protestbewegung verlassen. In der Schlusssequenz ist ein Jahr nach dem Triumph der Taliban eine Aktivistin zu sehen, die sich nicht mehr zu ihrer Familie traut und in einem elenden Verschlag haust, in dem sie eine Handvoll Mädchen und Frauen heimlich unterrichtet.
Misogynie als Kontrollmechanismus
Die sehenswerte Dokumentation entstand mit Hilfe von Hollywood-Star Jennifer Lawrence und der Produzentin Justine Ciarrochi, die den Film mit ihrer Firma Excellent Cadaver koproduzierten. Ebenfalls beteiligt war die Produktionsfirma Extracurricular der pakistanischen Friedensnobelpreis-Trägerin und Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai. Lawrence hatte zuvor Sahra Manis Dokumentarfilm „A Thousand Girls Like Me“ (2019) über die Suche einer sexuell missbrauchten afghanische Frau nach Gerechtigkeit gesehen und engagierte die Regisseurin, um in dokumentarischen Bildern festzuhalten, was den Frauen nach dem Sieg der Taliban widerfuhr. Mani hatte da schon selbst angefangen, Bildmaterial über das Leben von Frauen in der Taliban-Diktatur zusammenzutragen.
Nach Ansicht der Regisseurin steckt hinter dem Verbot von Bildung für Frauen mehr als nur eine übersteigerte Frauenfeindlichkeit, sondern ein strategisches Kalkül. Mani sagt in einer Erklärung des Streamingdienstes Apple TV+, der den Film ankaufte: „Die Taliban haben erkannt, dass Kinder von gebildeten Müttern schwer zu indoktrinieren und weniger empfänglich dafür sind, ihre zukünftigen Soldaten zu werden. Für den Erhalt und die Sicherheit unserer gesamten Welt ist von entscheidender Bedeutung, dass die Mädchenschulen in Afghanistan geöffnet bleiben.“ Umso frappierender ist eine Bildsequenz, in der kleine Mädchen in einer Wohnung mit großem Engagement die Parole „Weg mit den Taliban“ rufen. Es sieht nicht so aus, als ob dieser Wunsch bald in Erfüllung geht, aber immerhin ist ein Keim des Widerstands gesät.