Murderbot
Komödie | USA 2025 | 260 Minuten (10 Folgen) Staffel 1
Regie: Toa Fraser
Filmdaten
- Originaltitel
- MURDERBOT
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2025
- Produktionsfirma
- Apple TV/Depth of Field/Paramount Television Studios/Phantom Four Films
- Regie
- Toa Fraser · Paul Weitz · Chris Weitz
- Buch
- Chris Weitz · Paul Weitz
- Kamera
- Tobias Datum · Daniel Grant
- Musik
- Amanda Delores Patricia Jones
- Schnitt
- Kindra Marra · Paul Winestock · Geoff Ashenhurst · Jonathan Corn
- Darsteller
- Alexander Skarsgård (Murderbot) · Noma Dumezweni (Mensah) · David Dastmalchian (Gurathin) · Sabrina Wu (Pin-Lee) · Akshay Khanna (Ratthi)
- Länge
- 260 Minuten (10 Folgen) Staffel 1
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Komödie | Literaturverfilmung | Science-Fiction | Serie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Eine Science-Fiction-Comedyserie um einen Sicherheitsroboter, der sich von seiner Programmierung löst und ein Bewusstsein und freien Willen entwickelt.
„Stupid fucking humans“ lautet der innere Refrain des Protagonisten dieser Serie. Alexander Skarsgård verkörpert in „Murderbot“ einen Roboter, der für die Sicherheit seiner menschlichen Benutzer zuständig ist und von diesen kurz „SecUnit“ genannt wird. Wie der Titel der bei AppleTV+ zu sehenden Science-Fiction-Comedy nahelegt, ist die Einheit eine wahre Tötungsmaschine. In der fernen Zukunft, in der der Stoff spielt, eine nützliche Eigenschaft: Die Menschheit hat sich in der Galaxis ausgebreitet, und auf den fernen Planeten, die sie nun kolonisiert, gibt es allerlei Gefahren, gegen die die Schlagkraft der SecUnit von Nöten ist. Potenzielle Ziele erkennt sie in Sekundenbruchteilen und ein paar wenigen Rechenschritten. Search and destroy – emotionslos, effizient.
Nicht nur dem äußeren Anschein nach lässt hier der dystopische „Robocop“ grüßen. Zunächst scheint die Serie, die auf der Romanreihe „Tagebuch eines Killerbots“ von Martha Wells basiert, allzu vertraute Zutaten zeitgenössischer Science-Fiction mit zivilisations- und technologiekritischem Einschlag zusammenzumischen. Doch „Murderbot“ sucht erzählerisch wie ästhetisch andere Wege, als man als Zuschauer zunächst geneigt ist anzunehmen.
Dem KI-Kämpfer stellt sich plötzlich die Sinnfrage
Der von Alexander Skarsgård gespielte Roboter erlebt nämlich eine Art Erwachungsmoment, in dem sich die Sicherheitseinheit ihrer selbst bewusstwird, sich von ihrer ursprünglichen Programmierung löst und schließlich emanzipiert. Was hier indes keineswegs zur genretypischen Rebellion der Maschinen führt, sondern dazu, dass sich die KI zunehmend die Sinnfrage stellt. Was bedeutet es, ein Mensch zu sein? Oder besser gesagt: Was bedeutet es, ein Bewusstsein zu haben?
„Murderbot“ dekliniert diese Themen nicht etwa in tiefsinnig existenzieller Form, sondern in komödiantischer Weise durch. In den zehn rund 30 Minuten langen Episoden wird man in Form eines immerwährenden inneren Monologes mittels Voice Over Zeuge des Bewusstseinserwachens der KI. Um zu vermeiden, dass ihre menschlichen Herren die SecUnit aufgrund ihres „Fehlverhaltens“ deaktivieren, verbirgt der Protagonist tunlichst, was in ihm vorgeht. Zumindest so gut es geht. Denn wie allgemein bekannt, gehen mit der Kognition teils sehr seltsame Phänomene und Verhaltensmuster einher, die sich in Neurosen und sozialen Phobien manifestieren können. „Stupid fucking humans“, der Satz, den die SecUnit mehrfach äußert, ist dabei auch der wiederkehrende Chorus sozialer Ängste und eines grundlegenden Gefühls der „Weirdness“, mit der so mancher Zuschauer empathisch mitfühlen dürfte. Was, wenn sich die Welterfahrung von menschlichem und potenziellem technologischem Bewusstsein gar nicht so fundamental unterscheidet? Diese Frage stellt „Murderbot“ pointiert und im sarkastischen Tonfall à la „Deadpool“.
Lust und Frust menschlicher Gefühle und Irrationalität
Die Gruppe von Wissenschaftlern, zu deren Schutz die SecUnit abgestellt ist, befindet sich auf einem Exoplaneten, wo allerhand gefährliche und sonderbare Erfahrungen warten. Gleich zu Beginn rettet der Roboter seine Crew vor einem überdimensionierten und, wie sich herausstellt, überaus paarungsfreudigen Riesentausendfüßler. Die emotionalen Kapriolen der oftmals unberechenbar agierenden Mannschaft – ein gefühlsbetonter Trupp aus Space-Hippies – ermüden die künstliche Lebensform und lassen sie immer wieder das Weite suchen. Durchwegs formidabel gespielt werden die Crewmitglieder um Kommandantin Mensa (Noma Dumezweni) unter anderem von David Dastmalchian, Sabrina Wu, Akshay Khanna und Tamara Podemski.
Zugleich entwickelt der kybernetische Protagonist aber auch eine gewisse Lust an menschlichen Irrungen und Wirrungen: Reißaus nimmt er– und das macht ihn seinerseits ziemlich menschlich – auch in die Sphäre der Fiktion. Die SecUnit hat nämlich seit ihrem „Erwachen“ eine schier unendliche Datenmenge an Seifenopern im Weltraum-Setting absorbiert. Sein „Guilty Pleasure“ verbirgt er natürlich vor seiner Mitwelt, nimmt an den erzählerischen Wendungen der Fantasiefiguren aber mitunter größeren Anteil als am Sozialleben seiner Crew.
Alexander Skarsgård dabei zuzusehen, wie er immer wieder mit todernstem Gesichtsausdruck vorgibt, mit ganz anderen Aufgaben beschäftigt zu sein als mit dem Bingewatching ganzer Serienstaffeln, ist dabei ein Hochgenuss.
Überhaupt zeigt sich seine Kunst, der künstlichen Lebensform Leben einzuhauchen, in einem extrem reduzierten Spiel, in dem kleinste Augenbrauenbewegungen Auskunft über seine innere Verfasstheit preisgeben.
Kann es so etwas wie persönliche Freiheit überhaupt geben?
Wie sich herausstellt, ist die mit Kundschafter- und Terraforming-Aufgaben befasste Crew nicht allein auf dem Planeten. Der ausbeuterisch veranlagte Megakonzern, der die Weltallmission finanziert, hat eine weitere Crew entsandt. Die Zeichen stehen nicht wirklich auf friedliche Koexistenz, sondern zwischen beiden Gruppen wächst das mitunter gewalttätige Konfliktpotenzial.
Die zehn Episoden von „Murderbot“ leben dabei vor allem vom starken erzählerischen Szenario der Romanvorlage und von der reizvollen Hauptfigur. Auf der Bildebene weiß die Inszenierung der beiden Showrunner Paul Weitz und Chris Weitz durch ein ganz genreuntypisches Produktionsdesign in vornehmlich warmen Farben zu überzeugen, das mit seiner positiven Ausstrahlung die typische dystopische Tristesse oder feindselige Atmosphäre gekonnt konterkariert. Der Effekt plötzlich hereinbrechender Gewaltexzesse und erzählerischer Umschwünge gerät vor diesem Hintergrund umso intensiver. Über die zehn Episoden hinweg geraten die dem Bewusstseinsstrom des Protagonisten entstammenden Pointen ein wenig repetitiv, jedoch bewegt sich die Produktion in für Science-Fiction-Verhältnisse erfrischend ungewohntem erzählerischem Terrain. Über allem schwebt am Ende die Frage, ob es so etwas wie persönliche Freiheit überhaupt geben kann, ob für Menschen oder für künstliche Intelligenzen. Träumen wir am Ende vielleicht sogar dieselben Träume?