Monster: Die Geschichte von Ed Gein
Biopic | USA 2025 | 443 Minuten (8 Folgen)
Regie: Max Winkler
Filmdaten
- Originaltitel
- MONSTER: THE ED GEIN STORY
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2025
- Produktionsfirma
- Prospect Films/Ryan Murphy Prod./Netflix
- Regie
- Max Winkler · Ian Brennan
- Buch
- Ian Brennan · Ryan Murphy
- Darsteller
- Charlie Hunnam (Ed Gein) · Vicky Krieps (Ilse Koch) · Laurie Metcalf (Augusta Gein) · Tom Hollander (Alfred Hitchcock) · Olivia Williams (Alma Reville)
- Länge
- 443 Minuten (8 Folgen)
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 18.
- Genre
- Biopic | Krimi | Serie | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
True-Crime-Serie um den Mörder, Grabräuber und Psychopathen Ed Gein und das Medienecho, das seine in den 1950er-Jahren begangenen Taten fanden.
Das Haus, das Sheriff Schley (Tyler Jacob Moore) und Deputy Frank Worden (Charlie Hall) betreten, ist ein Museum der Barbarei. Ein aufgehängter Torso, Masken und Möbel aus menschlicher Haut, Schrumpfköpfe, ein noch auf der Herdplatte kochendes Herz, eine Kiste mit getrockneten Vulven. Es ist das Haus von Ed Gein, einem der berüchtigtsten Serienmörder und Leichenschänder der Vereinigten Staaten. Alfred Hitchcock (Tom Hollander) wird dieses Haus einige Jahre später als Filmset nachbauen lassen und es Anthony Perkins (Joey Pollari), dem von ihm ausgewählten Hauptdarsteller von „Psycho“, zeigen. Einmal mehr ist die Box mit den getrockneten Geschlechtsteilen das Ausstellungsstück, dem besondere Aufmerksamkeit gezollt wird.
Der Mörder und seine Mediengeschichte
Die dritte Staffel der von Ian Brennan und Ryan Murphy konzipierten Anthologie-Serie „Monster“ macht nach „Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer“ und „Monster: Die Geschichte von Lyle und Erik Menendez“ nicht nur den titelgebenden Serienmörder zum Sujet, sondern hängt die dazugehörige Mediengeschichte gleich mit dran. Die bestialischen Taten Geins sind bald Dinnergespräch zwischen Robert Bloch (Ethan Sandler), dem Autor von „Psycho“, Alfred Hitchcock und seiner wenig begeisterten Frau Alma Reville (Olivia Williams). Hitchcock labt sich an der Verdorbenheit Geins. Wenig später, mit der Popcorntüte in der Hand, ergötzt er sich an den Reaktionen des Kinopublikums, das bei einem Screening der – in der Serie blutiger als im Film inszenierten – berüchtigten Duschszene aus „Psycho“ reihenweise in Ohnmacht fällt.
Wieder und wieder verbindet „Monster“ die Perspektive des Mörders mit der jener Menschen, die von ihm und seinen Taten auf morbide Weise fasziniert sind. Ed Geins Schlüssellochblick wird zu dem von Hitchcock, sein Cross-Dressing wird zum Method-Acting von Anthony Perkins, der in der Serie ebenfalls mit einem eigenen Subplot bedacht wird, in dem er versucht, sich seine Homosexualität abzugewöhnen und nach „Psycho“ neue Rollen zu finden.
Eine Folie für den Blick auf Ed Gein
Wirklich produktiv sind dieser und andere Subplots, die Geins Taten als Inspiration für transgressives Erzählkino betrachten, aber nicht. Ein kiffender Tobe Hooper (Will Brill) wird mit seinem in der Serie ebenfalls deutlich blutiger nachgestellten Film „The Texas Chainsaw Massacre“ einen Schritt weiter gehen als der „langweilige“ Hitchcock, aber auch dieser Handlungsstrang trägt letztlich nichts Erhellendes zur Serie bei; hier und in anderen Szenen wird der Filmklassiker letztlich nur herbeizitiert, um eine ästhetische Folie zu liefern, die dann über die Inszenierung der Vorgänge im Hause Gein gelegt werden kann. Konkret bedeutet das, dass die Ereignisse rund um Gein mal à la Hitchcock vom Treppenabsatz des ersten Stockwerks gefilmt werden, ein anderes Mal aber Gein wie Tobe Hoopers Leatherface mit der Kettensäge tanzt oder sich wie Buffalo Bill in „Das Schweigen der Lämmer“ in einem Kleid aus der Haut seiner Opfer präsentiert.
Die neue „Monster“-Staffel versucht, entlang der Linie zu wandeln, die Mythos und Mythologie trennt. Der Schrecken soll erlebbar gemacht und zugleich als Phänomen reflektiert werden. Über die acht Episoden hinweg führen diese Umwege bestenfalls in Sackgassen. Im Falle der Fantasien, die Ed Gein über die im Buchenwald-Prozess verurteilten Ilse Koch (hier gespielt von Vicky Krieps) hegt, führt das zur problematischen Vermengung von Holocaust und Serienkiller-Küchenpsychologie, wobei sich die Macher darauf versteigen, Geins Haus von KZ-Insassen umzingeln zu lassen, um einen psychotischen Zusammenbruch zu illustrieren.
Kippbilder zwischen Normalität und Makabrem
„Monster“ nimmt dramaturgisch so ziemlich jede Abzweigung, die sich im Zusammenhang mit dem Serienmörder auftut. Die einzige rote Linie, die Showrunner Ian Brennan findet, führt entlang von Geins Biografie. In den Schikanen der Mutter und dem Alkoholismus des Vaters macht das Drehbuch das Fundament für Geins Geisteskrankheit und seine Verbrechen. Um Gein herum findet das langweilige Landleben statt, das die Inszenierung für redundante Kippbilder zwischen biederer Normalität und Geins grotesken Taten nutzt: Hier ein Steak auf dem Teller, dort Menschenfleisch im Keller; Kettensägenmassaker und Truthahn-Tranchieren; ein schüchterner Flirt und das Ausleben nekrophiler Neigungen; Enthäuten – Teppichsticken. Ein Spiel, das mitunter explizit wird, oft als Subtext im Raum steht, dabei aber nie tiefer schürft, sondern sich damit genügt, sich selbst für überaus bedeutsam zu halten.
Was die so erratischen wie oberflächlichen Reflexionen zusammenhält, ist allein die fantastische Besetzung. Charlie Hunnam überlässt sich mit furchtloser Manieriertheit dem Wahn. Leben aber bringen vor allem die Nebendarstellerinnen in die Serie. Laurie Metcalf füllt die Rolle der Mutter mit brutalster Hässlichkeit, missbraucht „christliche Werte“ als Vorwand, um ihren Sohn wieder und wieder zu demütigen und zu quälen. Suzanna Son schlägt als Eds Freundin Adeline in die gleiche Kerbe, treibt den Freund zu Nekrophilie, ergötzt sich am Ergebnis und versucht seine Verdorbenheit für die eigene Karriere zu nutzen. Sie dient damit als Platzhalter für den Voyeurismus, den „Monster: die Geschichte des Ed Gein“ wie so vieles andere anzugreifen versucht, dabei aber zu sehr an der Oberfläche bleibt. Leslie Manville gibt Bernice Worden, einer Frau, die sich Gein an den Hals wirft und kurz darauf von ihm ermordet wird, eine Menschlichkeit, die die Serie den anderen Opfern Geins nicht zugesteht.
Nicht mehr als ein Gruselkabinett
„Monster: Die Geschichte von Ed Gein“ bleibt beim Versuch, den realen Fall aufzuarbeiten, allzu sehr am Spektakel hängen, das die Hollywood-Klassiker hervorgebracht haben. Die Serie gerät dabei ziemlich exakt zu dem, was Adeline Watkins, Sheriff Schley und Alfred Hitchcock im Haus von Gein vorfinden: zu einem Gruselkabinett, das alle Exponate ausstellt, die es finden kann, aber dabei nur wenig an erhellenden Erkenntnissen zutage fördert.