Golden Gate (1993)

Im chinesischen Viertel von San Francisco wandelt sich ein junger FBI-Agent vom Verfolger zum Verfolgten. Unter dem antikommunistischen Erwartungsdruck der 50er Jahre hat Kevin Walker dem sozial engagierten Wäschereiarbeiter Chen Jung Song eine zehnjährige Gefängnisstrafe wegen angeblich unamerikanischer Umtriebe eingebrockt. 1962 wird der Chinese entlassen. Er ist ein gebrochener Mann. Er begeht Selbstmord durch einen Sprung von der Golden-Gate-Brücke, bevor der FBI-Mann, jetzt 32 und einsichtig geworden, ihn von seinem Verständnis und seiner Hilfsbereitschaft überzeugen kann. Auch Kevins reuiger Versuch, der Tochter des Toten (etwa bei deren Verstrickung in eine Anti-FBI-Demonstration des asiatischen Studentenbundes) näherzukommen, muß am Ende ihrer scheuen Beziehung unglücklich scheitern. Als die Kollegen erkennen, daß Kevin längst auf der Gegenseite aktiv ist, entschließt er sich nun seinerseits zum Sprung von der Brücke. "Er breitete seine Flügel aus und wurde in den Himmel aufgenommen", bemerkt dazu die Off-Stimme, die diese im Wim-Wenders-Stil beginnende Saulus-Paulus-Geschichte mit dem Satz eröffnete: "Es war einmal ein Mann, der sich in einen Engel verwandelte." Ein Film also, in dem sich poetische und kritische Elemente wunderlich mischen, und der in seinen bühnenmäßig langen, oft bewegenden Dialogen ungeniert für asiatische Tugenden gegenüber amerikanischem Lebensgefühl eintritt. Auch wenn seine erzählerische Kraft hinter der Orignialität des Entwurfs zurückbleibt und der zeitgeschichtliche Hintergrund (1952, 1962, 1969) nur angedeutet wird, ist "Golden Gate" doch mehr als nur eine schöne Ausnahme von der Videoregel, nach der in FBI-Storys unbedingt geschossen werden muß. - Sehenswert ab 16.