Jugendfilm | Großbritannien/USA 1994 | 105 Minuten

Regie: Chris Menges

Die Bemühungen eines unverheirateten Vierzigjährigen um die Adoption eines elfjährigen Jungen, der die Erinnerung an seinen inhaftierten Vater nicht verdrängen kann, erleiden durch Ausbrüche des Jungen und die unvorhersehbare Entlassung des todkranken Vaters Rückschläge. Eine bis in Einzelheiten präzise gestaltete Geschichte nach einer literarischen Vorlage, die durch tiefe Menschlichkeit bewegt. (Kinotipp der katholischen Filmkritik; Preis der OCIC in San Sebastián 1994.) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SECOND BEST
Produktionsland
Großbritannien/USA
Produktionsjahr
1994
Produktionsfirma
Warner Bros./Regency Enterprises/Alcor/Fron Film
Regie
Chris Menges
Buch
David Cook
Kamera
Ashley Rowe
Musik
Simon Boswell
Schnitt
George Akers
Darsteller
William Hurt (Graham) · Jane Horrocks (Debbie) · Chris Cleary Miles (James) · Alan Cumming (Bernard) · Prunella Scales (Margery)
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Jugendfilm | Drama | Literaturverfilmung
Externe Links
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Diskussion
Eine Kleinstadt im britischen Wales. Ein Ladenbesitzer, der zugleich eine Poststelle betreut und inzwischen die Lebensmitte erreicht hat, verbringt ein Dasein ohne Höhepunkte. Seine wichtigste Aufgabe ist die Pflege seines kranken Vaters. Zu seinen Eltern hatte er, obwohl er mit ihnen zusammenwohnte, nie ein inniges Verhältnis. Da kommt ihm die Idee, ein Kind zu adoptieren, damit er seine Einsamkeit bewältigen kann. Eine Anzeige kommt ihm zu Hilfe. Für James im Kinderheim, elf Jahre alt, wird eine Familie gesucht, in die er hineinwachsen kann. Dem Zuschauer ist James bereits aus den Eingangssequenzen bekannt. Der lebensfrohe Junge spielte mit seinem Vater im Wald und lebte mit ihm in einer Höhle, bis die Polizei den Vater festnahm und James in ein Heim verwies. Der Vater hatte den Lebensunterhalt durch Diebstähle "verdient" und kam für lange Jahre ins Gefängnis. Die Sozialarbeiter sind skeptisch, daß der Postmann die richtige "Familie" für James ist. Eine Pädagogin jedoch will bei dem Experiment helfen. Für James ist der neue Vater uninteressant. In seinem Kopf gibt es nur den Vater im Wald mit der unbegrenzten Freiheit und den Abenteuern. Bei dem neuen Vater rastet er immer wieder aus, was den einsamen Mann fast zum Aufgeben veranlaßt. Aber langsam begreift der Junge, daß da jemand ist, der ihm eine Heimat bieten will. James geht zur Schule, er bekommt Kontakte mit den Schulkameraden, er spürt die Sorge seines neuen Vaters um ihn. Der Tod von dessen Vater bewegt auch ihn. Doch als beide fest auf dem Weg zueinander sind, taucht der richtige Vater von James auf, aus dem Gefängnis entlassen, aber totkrank. Nun muß James sich entscheiden.

Die Story nach einem Roman von David Cook scheint, oberflächlich betrachtet, im Reich der Fantasie angesiedelt zu sein. Beim tieferen Zusehen allerdings nimmt sie mehr und mehr realistische Züge an. Da träumt ein Mann, der nie besondere Beziehungen zu den Eltern entwickeln konnte, von einer eigenen Familie. Da wird die kleinbürgerliche Welt, in der dieser Mann lebt, zu einem erfaßbaren Lebensraum. Da gibt es eine zunächst gar nicht ernstzunehmende Pädagogin, die sowohl dem adoptionswilligen Mann als auch dem Adoptivsohn überzeugend hilft. Da werden die Figuren in einer fremden Umgebung zu Menschen mit Herz und Verstand. Da werden Sachverhalte in deren Situation deutlich, die sie bis dahin nie wahrgenommen haben, die aber ihrer Zufriedenheit mit sich selbst und mit der Welt entgegenstanden. Da werden Konflikte gelöst, die zunächst nicht erkannt worden sind, beim Adoptivater, der sich die Annahme eines Kindes viel problemloser vorgestellt hatte, und bei James, der alles durch die Brille seiner Erinnerung an den leiblichen Vater sieht. So wird der Film mit seinen Aussagen hinter den Bildern glaubwürdig. Und diese Glaubwürdigkeit ist neben dem Regisseur von Chris Menges dem erfahrenen Darsteller William Hurt und dem Neuling auf der Leinwand Chris Cleary Miles zu verdanken. Die tiefe Menschlichkeit, die der Film ausstrahlt, ist beeindruckend.
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