Living in Oblivion

Komödie | USA 1995 | 90 Minuten

Regie: Tom DiCillo

Drei Episoden aus der Arbeit eines New Yorker Filmteams, die sich im nachhinein teilweise als Alb- und Angstträume zu erkennen geben. Auf verschiedenen Bewußtseinsebenen reiht der Film Pannen, Eitelkeiten und Eifersüchteleien aneinander und zählt äußerst lustvoll alle Faktoren auf, die zum Scheitern eines Films führen können. Eine reizvolle Farce, die Einblicke hinter die Kulissen des Filmbetriebes gewährt. (Videotitel: "Total abgedreht - Living in Oblivion") - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
LIVING IN OBLIVION
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1995
Produktionsfirma
Lemon Sky/JDI
Regie
Tom DiCillo
Buch
Tom DiCillo
Kamera
Frank Prinzi
Musik
Jim Farmer
Schnitt
Camilla Toniolo
Darsteller
Steve Buscemi (Nick Reve) · Catherine Keener (Nicole/Ellen) · Dermot Mulroney (Wolf) · Danielle von Zerneck (Wanda) · James LeGros (Chad Palomino/Damian)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Diskussion
Ein Filmteam bei der Arbeit: Es herrscht angespannte Konzentration, schließlich soll die Schlüsselszene des Films aufgenommen werden. Doch der Teufel steckt im Detail. Mal verhaspeln sich die Schauspielerinnen, dann stören Außengeräusche, wenig später verschläft der Kameramann seinen Einsatz, dann der Tonmann, schließlich gibt der Scheinwerfer seinen Geist auf. Es ist zum Haareraufen, doch es ist zum Glück nur ein Albtraum - Regisseur Nick erwacht schweißgebadet.

Der Partner, ein eiller Hollywood-Pfau, hat Mundgeruch, und die Kußszene wird für Nicole zur Tortur. Chad, der Star, gefällt sich in der Rolle des Platzhirsches, der den Frauen den Kopf verdreht, und beschwört die Eifersucht des Kameramanns Wolf herauf. Ständig unterbricht Chad die Aufnahmen, um Verbesserungsvorschläge in die Szene einzubringen, die allerdings nur dem Zweck dienen, sich selbst in den Vordergrund zu spielen. Nicole wird zusehends verkrampfter, Tratsch und Getuschel hinter den Kulissen tragen das Ihre dazu bei, daß die Atmosphäre immer eisiger wird. Nick steht die Anspannung im Gesicht geschrieben, Privates überlagert mehr und mehr die Arbeit, schließlich fliegen die Fäuste, Chad geht mit blutiger Nase ab, und Nick gesteht Nicole seine Liebe - die schreckt aus dem Schlaf hoch.

Diesmal kein Traum, sondern eine Traumsequenz. Ein Zwerg umkreist die nebelverhüllte Nicole. Doch die Nebelmaschine hat ihre Macken, und der Komparse weigert sich beharrlich zu lächeln. Wolf, längst mit dekorativer Augenklappe, legt Starkameramann-Allüren an den Tag, und urplötzlich ist Nicks leicht verwirrte Mutter auf dem Set und sorgt für zusätzliche Aufregung. Ihr ist jedoch auch die letztlich wundervolle Traumsequenz zu verdanken.

Tom DiCillo liefert Szenen aus der Traumfabrik, gewährt Einblicke hinter die Kulissen. Er addiert die vielen kleinen und großen Pannen, die Ängste und Probleme während einer Filmproduktion, die Eifersüchteleien und die Mißgunst unter Kollegen zu einer sehr spaßigen Collage. Dabei ist ihm kein Gag zu weit hergeholt, keine Übertreibung zu abwegig, und er versteht es durchaus, Sinn in diese Anhäufung von Unsinnigkeiten zu bekommen. So entpuppt sich Kameramann Wolf im Söldner-Outfit - fast eine Parodie auf Kurt Russell in "Die Klapperschlange" - als weinerlicher Softie, der hinter seiner Augenklappe das vor Liebeskummer weinende Auge zu verbergen versucht, während das andere - ganz Profi - tränenfrei durchs Objektiv starrt. Chad ist eine Anhäufung von Eitelkeiten mit dem Hang zur maßlosen Selbstüberschätzung, wahrscheinlich keine Seltenheit im Metier. Nicoles Selbstsicherheit ist nur Fassade, sie weiß, daß bisher nur eine Duschszene mit Richard Gere ihren Marktwert bestimmt. Regisseur Nick ist ein neurotisches Nervenbündel und alle anderen im Team kochen fleißig ihr eigenes Süppchen. Das Endprodukt Film ist in diesem Fall reiner Zufall.

Den besonderen Reiz dieser Farce macht allerdings ihre Struktur aus. Zunächt weiß der Zuschauer nie so recht, wo er sich befindet: im Film, im Film im Film oder im Traum vom Film im Film. DiCillo mischt die Ebenen recht geschickt, beginnt Schwarz-weiß, um zur Farbe und Realität zu wechseln, läßt diese übergangslos in den nächsten Traum einmünden, wird zur Filmwirklichkeit und bezieht schließlich die Tagträume aller Beteiligten ein. Ein durchaus gelungener Film, der sicherlich das Seine dazu beitragen kann, die Vorurteile und Klischees zu bestätigen, die der Zuschauer ohnehin von diesem Geschäft hat. Er tut dies jedoch mit Liebe zum Detail und mit noch viel mehr Liebe zum Metier.

Ausgangspunkt des Films war übrigens die 30minütige Anfangsszequenz, die in nur fünf Drehtagen entstand. Da Kurzfilme jedoch keine Verwertungschance haben, wurden die beiden anderen Teile hinzugefügt. Das erklärt den Episodencharakter des Films, das mag allerdings auch die Unangestrengtheit und Leichtigkeit erklären, mit der die zahlreichen Ideen aneinandergereiht wurden. Trotzdem verdichtet sich der Film zu einer sinnvollen und sinnlichen Einheit, auch wenn der große Atem zwangsläufig fehlt: "Living in Oblivion" (d.h. Leben in der Vergessenheit; der wahre Albtraum eines jeden Filmemachers) ist eher auf den Wimpernschlag hin konzipiert.
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