Land and Freedom

Drama | Deutschland/Großbritannien/Spanien 1994 | 109 Minuten

Regie: Ken Loach

Ein arbeitsloser englischer Kommunist entschließt sich 1936, in Spanien gegen die Faschisten zu kämpfen, verliert aber durch die unter den linken Gruppen ausbrechenden Positionskämpfe seinen Idealismus. Ein im dokumentarischen Stil inszeniertes, von überzeugenden Darstellern getragenes Plädoyer für Demokratie und Freiheit, das die Utopie von einer gerechteren Welt beschwört. (Preis der ökumenischen Jury in Cannes 1995; O.m.d.U.) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
LAND AND FREEDOM
Produktionsland
Deutschland/Großbritannien/Spanien
Produktionsjahr
1994
Produktionsfirma
Road Movies/Parallax Pictures/Messidor Film
Regie
Ken Loach
Buch
Jim Allen
Kamera
Barry Ackroyd
Musik
George Fenton
Schnitt
Jonathan Morris
Darsteller
Ian Hart (David Carr) · Rosana Pastor (Blanca) · Icíar Bollaín (Maite) · Tom Gilroy (Lawrence) · Frédéric Pierrot (Bernard)
Länge
109 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama | Historienfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Die Erstauflage der DVD (2005) ist nur innerhalb der Box "Ken Loach Sammler Edition" erschienen.

Verleih DVD
epix (16:9, 1.66:1, DD2.0 engl./dt.)
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Diskussion
Liverpool 1994. Ein alter Mann bricht in seiner Wohnung zusammen, stirbt im Ambulanzwagen auf dem Weg ins Krankenhaus. Als seine Enkelin den Nachlaß ordnet, entdeckt sie in einem Koffer Zeitungsausschnitte, Fotos, Briefe und eine in ein rotes Halstuch gewickelte Handvoll Erde. Und während die junge Frau sich an Hand der "Reliquien" ihres Großvaters ein Bild von dessen Vergangenheit macht, erzählt der Film in Rückblenden dessen Geschichte. Es beginnt 1936 in Liverpool. Der junge arbeitslose Kommunist David entscheidet sich nach einem Vortrag über den spanischen Bürgerkrieg spontan, sich dem Kampf gegen die Faschisten anzuschließen. Eher zufällig schließt er sich einer Gruppe der revolutionären POUM Miliz an, schreibt seiner Frau begeistert über deren demokratische Strukturen: "Es ist eine Armee des Volkes. Einfache Männer und Frauen, die für seine Sache kämpfen. (...) Es gibt kein Salutieren, wir wählen die Offiziere selbst, über alles wird diskutiert und abgestimmt."

Bei der ersten Bewährungsprobe für die bunt zusammengewürfelte Truppe aus Spaniern, Engländern, Franzosen, Deutschen und Amerikanern - ein von Franco-Truppen besetztes Dorf soll eingenommen werden - fällt Davids bester Freund, der Ire Coogan, indirekt durch seine "Schuld". Und auch allgemein verschlechtert sich die Lage der Republikaner. Um den Faschisten Paroli bieten zu können, beschließen die immer mehr dominierenden Kommunisten, die Milizen in die Volksarmee zu integrieren. Davids Einheit will aber ihre demokratischen Strukturen nicht aufgeben und widersetzt sich der Eingliederung. Die Folgen sind fatal, denn nur die Volksarmee wird mit Nachschub versorgt. David, der sich zu der spanischen Freiheitskämpferin Blanca, der früheren Geliebten Coogans, hingezogen fühlt, wird eines Tages bei einer Schießübung verletzt und nach Barcelona ins Krankenhaus transportiert. Nach seiner Entlassung wartet Blanca in seinem Hotelzimmer auf ihn. Aber die Leidenschaft währt nur kurz, denn Blanca geht wütend weg, als sie erfährt, daß David sich den stalinistisch organisierten internationalen Brigaden angeschlossen hat. Als diese anarchistische spanische Gewerkschaftler angreifen, entscheidet sich David, zu Miliz und Blanca zurückzukehren. Kurz darauf wird die Miliz von der republikanischen Armee umzingelt und Bianca erschossen. Während David Blanca zu Grabe trägt, zur Erinnerung ihr rotes Halstuch mit Erde füllt, blendet der Film über auf seine eigene Beerdigung, bei der seine Enkelin nun die Erde auf seinen Sarg streut.

Die spanische Erde, die hier als Verbundenheit mit dem Freiheitskampf eines Volkes David bis in den Tod begleitet hat, ist, wie auch die dem Titelvorspann unterlegten historischen Aufnahmen, eine Reminiszenz an den großen Dokumentaristen Joris Ivens und seinen bisher wohl authentischsten Film über den spanischen Bürgerkrieg ("Spanische Erde", 1937), sowie an die bis heute weitgehend unbekannt gebliebene anarchistische Filmproduktion jener Tage. Natürlich nähert sich Ken Loach mit seinem gepflegten dokumentarischen Inszenierungsstil ganz der Ernsthaftigkeit seines Sujets an. Auch seine demokratische Schauspielerführung, die die Darsteller dazu ermutigt, eine Szene sich während des Drehens entwickeln zu lassen, korrespondiert kongenial mit den Strukturen innerhalb der "historischen Gruppen". Nicht zuletzt Loachs Methode, die Szenen chronologisch zu drehen, verhalf seinen Schauspielern dazu, ihre Charaktere glaubhaft zu entwickeln. Und indem Loach wie in allen seinen Filmen einfache, durchschnittliche Menschen in den Mittelpunkt seiner Handlung stellt, hat man immer den Eindruck, "echte" Menschen vor sich zu haben. Der Darsteller verschmilzt mit der Rolle und mit ihm taucht der Zuschauer in eine Geschichte ein, der er sich nicht mehr entziehen kann. Dabei verführt ihn kein Star-Ensemble noch lenken aufwendige Spezialeffekte und eine Emotionen schürende Musik ihn auf eine falsche Fährte. Loach spricht das Gefühl an, ohne es auszunutzen, legt im Spielfilm zu diesem Thema noch nicht verarbeitete historische Fakten dar, bezieht Partei, ohne dogmatisch zu werden. Dem ausgezeichneten Drehbuch des ehemaligen Arbeiters Jim Allen - nach "Hidden Agenda" (1990) und "Raining Stones" (1993) seine dritte Zusammenarbeit mit Loach - und Loachs hautnaher Inszenierung gelingt selbst jene 12minütige Szene, in der sich nach einer kontrovers geführten Debatte die Milizen mit den Bauern auf eine Kollektivierung das Landes einigen. George Fentons Soundtrack widersteht allen Versuchungen, durch populär-folkloristische Züge auf sich aufmerksam zu machen. Es ist Filmmusik im klassischen Sinne: man nimmt sie kaum wahr, da sie sich völlig der Geschichte unterordnet. Vielleicht ist Loachs Film eine Spur zu idealistisch, aber er ist ein ehrliches Plädoyer für die Demokratie und die Freiheit. Ein Film, der es noch wagt, den Traum von einer besseren Welt zu träumen. (Vgl. auch den Artikel "Die Zerbrechlichkeit der Utopie" in fd 11/1995, S. 35.)

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