Science-Fiction | Italien 1994 | 109 Minuten

Regie: Michael Radford

Auf einer italienischen Insel schließt der exilierte chilenische Dichter Pablo Neruda Freundschaft mit seinem Postboten. Inspiriert von dem Schriftsteller, entdeckt der schüchterne junge Mann die Poesie (auch die des einfachen Insellebens) und gewinnt so die Liebe einer Frau. Mit leiser Komik und die Unschuld seines Helden stilistisch spiegelnd, zeichnet der Film einfühlsam das Bild einer Männerfreundschaft abseits der Klischees. Politische Anklänge bleiben in der melancholischen Grundstimmung jedoch vage. (Videotitel: Il Postino - Der Postmann) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
IL POSTINO
Produktionsland
Italien
Produktionsjahr
1994
Produktionsfirma
Penta Film
Regie
Michael Radford
Buch
Anna Pavignano · Michael Radford · Furio Scarpelli · Giacomo Scarpelli · Massimo Troisi
Kamera
Franco di Giacomo
Musik
Luis Enriquez Bacalov
Schnitt
Roberto Perpignani
Darsteller
Massimo Troisi (Mario) · Philippe Noiret (Pablo Neruda) · Maria Grazia Cucinotta (Beatrice) · Linda Moretti (Rosa) · Renato Scarpa (Postbeamter)
Länge
109 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Science-Fiction | Tragikomödie | Literaturverfilmung
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Koch Media
Verleih Blu-ray
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Diskussion
Mario ist eine viel zu einfache Seele, als daß er zunächst die Bedeutung des Schriftstellers Pablo Neruda einordnen könnte, den es ins Exil nach Italien verschlagen hat. Da aber die Frauen in dem kleinen Fischerort und anderswo von dem chilenischen Dichter nur so schwärmen, wird er" aufmerksam. Mit großer Inbrunst versucht sein neuer Chef bei der örtlichen Poststelle, Mario auch von Nerudas Stellenwert als Kommunist zu überzeugen; mit einiger Naivität: und ohne großen Erfolg.

Die Anerkennung, die der Dichter der Liebe bei den Frauen genießt (sehr viel mehr erfährt man von Neruda erst mal nicht), beeindruckt Mario wesentlich stärker.

Als ernsthaften Beitrag über das Verhältnis von Kunst und Leben kann Michael Radford ("1984", "Die letzten Tage in Kenia") seinen melancholisch-romantischen Film über den Postboten Mario und seinen einzigen Kunden Pablo Neruda nicht gesehen haben. Muß er auch nicht. "Der Postmann" (nach der Erzählung "Ardiente Paciencia" von Antonio Skarmeta, von diesem selbst 1983 bereits verfilmt) berührt wohl Punkte wie "Gesellschaft und Künstler", "Dichtung und Inspiration". Aber im Grunde bleibt der Film - der die Handlung von Chile nach Italien verlegt - immer eine einfache, mit leichter Komik und viel Unschuld vorgetragene Liebesgeschichte: Ein Kind gebliebener Mann entdeckt urplötzlich seine große Liebe zu einer hinreißenden Frau, und die Macht der Metapher verleiht ihm Flügel. Massimo Troisi und Philippe Noiret als Neruda bewältigen die Gratwanderung zwischen Gefühl und Kitsch überzeugend. Mehr noch als dem Franzosen Noiret den chilenischen Schriftsteller nimmt man Massimo Troisi den anachronistischen Schwärmer ab, der seine Beatrice mit gefühlvollen Gedichten erobern will. Nach anfänglicher Zurückhaltung wird er gegenüber dem Dichter immer forscher und läßt sich von diesem in die ersten Geheimnisse von Poesie und Metapher einweisen. Daß dies nicht unbedingt auf der Höhe literaturwissenschaftlicher Seminare geschieht, liegt auf der Hand - es wäre wohl auch nicht unbedingt angemessen und würde die komische Note unmöglich machen.

Wie auch immer: Beatrices Tante merkt sehr schnell, welch reale Gefährdung mit dem unschuldigen wie poetischen Tolpatsch und Briefträger Mario Ruoppolo auf ihre Nichte zukommt. Auch ohne Nerudas Nachhilfe ist ihr klar, welch "anheizende" Wirkung Metaphern haben müssen (einen anderen Sinn vermag sie nicht zu erkennen). Doch auch die Anzeige beim Priester kann das bukolische Rendezvous nicht mehr verhindern, und Neruda darf sogar den Trauzeugen spielen.

Ab diesem Punkt wird der langsame Fluß der Geschichte ruckweise beschleunigt. Politische Zusammenhänge schleichen sich in die Ereignisse auf der Insel ein, bleiben aber merkwürdig fragmentarisch und halbherzig. Neruda darf nach Chile zurückkehren, und schon bald scheint die Freundschaft mit seinem Briefträger in Vergessenheit zu geraten. Nur aus Zeitungen erfahren die Inselbewohner von Nerudas Entwicklung, seinem Eintreten für die Mittellosen in Chile. Statt eigener Gedichte schickt Mario seinem Lehrmeister, soviel hat er von Neruda gelernt, ein Stück ursprünglicher Inselpoesie nach Chile Meeresrauschen, Windspiele und Glockengeläute per Tonband. Doch die Reaktion Nerudas kommt zu spät: Bei seiner Rückkehr begegnet er nur noch Beatrice und Marios Sohn.
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