Herr, Frau, Hund

Dokumentarfilm | Deutschland 1996 | 65 Minuten

Regie: Alice Agneskirchner

Gesprächspartner aus unterschiedlichen sozialen Milieus eint die Liebe zum Hund - dem geheimen Berliner Wappentier. Der lose strukturierte Dokumentarfilm entwirft ein soziologisches Kaleidoskop, das bisweilen an Unverbindlichkeit krankt, wobei sich das Phänomen großstädtischer Tierliebe als Beziehungsersatz zur kuriosen Staffage verliert. In dramaturgischer Hinsicht läßt der Film jeden Gestaltungswillen vermissen. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1996
Produktionsfirma
Pics Film + TV Berlin/ZDF (Kleines Fernsehspiel)
Regie
Alice Agneskirchner
Buch
Alice Agneskirchner
Kamera
Marcus Winterbauer
Musik
The Temptations
Schnitt
Tina Hillmann
Länge
65 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
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IMDb

Diskussion
Hunde diskutieren nicht!" Diese plausible Erklärung gibt eine Gesprächspartnerin ff im Film als Grund für ihre Zuneigung zum Tier an. Nach dem herzerfrischenden, im Ruhrgebiet angesiedelten Polizisten-Porträt "Raulins Revier"(fd 31 556) wendet sich die Dokumentaristin Alice Agneskirchner ihrer Wahlheimat Berlin bzw. Potsdam zu. Statt des Bären sollte tatsächlich ein Hund das Wappentier der Bundeshauptstadt sein; dies wäre viel treffender. Man braucht sich nur das Treiben am Grunewaldsee anzusehen, wo auch die obige Aussage fiel: Hier tummeln sich bei auch nur halbwegs erträglichem Wetter hunderte Exemplare von vierbeinigem Getier nebst Haltern. Vermutlich vermag in unserer Gesellschaft auch nur der Hund noch derart integrative Energien freizusetzen - einträchtig steht der Geschäftsmann neben dem Skinhead, die Hausfrau neben dem Punk, um gerührt zuzusehen, wie sich ihre Schützlinge gegenseitig beschnuppern.

Ähnlich breitgefächert ist das Spektrum der im Film zu Wort kommenden Interviewpartner: man erlebt eine resolute Konzernchefin, eine Gebäudereinigerin, eine ehemalige Ethnologin, den unvermeidlichen Hausbesetzer - sie alle eint die Liebe zur Töle. Dabei dienen die Hunde lediglich als Anlaß für eine kaleidoskopartige soziologische Bestandsaufnahme. Das ist legitim, mitunter verblaßt dieser Anlaß allerdings zum bloßen Vorwand, reduziert sich zur visuell kuriosen Staffage. Verbindende Eigenschaft der Protagonisten hätte genauso gut Fußpilz oder der gemeinsame Familienname Müller oder Schulze sein können. So fehlt dem Film in dramaturgischer Hinsicht jegliches Gerüst, keine der angerissenen Geschichten entwickelt sich, alles bleibt Fragment. Die aufkommende Ian geweile hat hier ihre Ursache. Auch wenn "Herr, Frau, Hund" ohne Kenntnis von Ulrich Seidls abgründiger Haustier-Studie "Tierische Liebe" (fd 32 066) entstanden sein sollte, drängen sich Vergleiche auf. Agneskirchners Entwurf gerät durchweg freundlicher, ist beileibe keine Freak-Show. Diese Freundlichkeit hat bei aller Sympathie aber auch einen Hang zum Unverbindlichen. Funktionslose Bilder von Love-Parade, Reichstag-Verhüllung oder diversen Sehenswürdigkeiten arbeiten sogar dem Eindruck zu, es mit einer Produktion des Fremdenverkehrsamtes zu tun zu haben.
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