Drama | Australien 1996 | 101 Minuten

Regie: Mark Joffe

Ein "abgebrochener" Student übernimmt in einer psychiatrischen Klinik die Aufgabe, mit den Patienten eine Show einzuüben, gewissermaßen als Therapie. Die Patienten wollen aber Mozarts "Così fan futte" aufführen, und so stellt man nach vielen Komplikationen sowie bürokratischen Behinderungen eine höchst eigenwillige Version der Oper auf die Beine. Verfilmung eines erfolgreichen Bühnenstücks, die durch die Spielfreude der Protagonisten die vorgegebenen engen Räume sprengt. Die einfühlsame Inszenierung weckt auf humorvolle und poetische Weise Verständnis für die "Verrückten", die im Verlauf der Handlung zunehmend "normaler" erscheinen. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
COSI
Produktionsland
Australien
Produktionsjahr
1996
Produktionsfirma
Miramax/Australien Film Finance/New South Wales Film & Television Office
Regie
Mark Joffe
Buch
Louis Nowra
Kamera
Ellery Ryan
Musik
Stephen Endelman
Schnitt
Nicholas Beauman
Darsteller
Ben Mendelsohn (Lewis) · Barry Otto (Roy) · Toni Collette (Julie) · Rachel Griffiths (Lucy) · Aden Young (Nick)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama | Literaturverfilmung
Externe Links
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Diskussion
Der Film basiert auf einem in Australien überaus erfolgreichen gleichnamigen Theaterstück, in dem der Autor Louis Nowra eigene Erfahrungen aus seiner Theaterabeit mit psychisch Kranken verarbeitet hat. Das Gesundheitsministerium beschließt, in der Psychiatrie eine neue Form der Therapie auszuprobieren: die Insassen sollen eine Variete-Show aufführen. Also sucht man einen Spielleiter. Die Wahl fällt auf den jungen Lewis, der zwar keine Erfahrungen mit Psychiatrie-Patienten hat, aber immerhin vor seinem Studienabbruch an der Uni einige Stücke inszeniert hat. Da das Betreuungspersonal der Klinik nicht gerade glücklich über dieses Experiment ist, hat er keine Hilfe zu erwarten. So läßt er sich gleich zu Beginn der Proben von dem manisch-depressiven Roy das Heft aus der Hand nehmen, der die sechs Ensemble-Mitglieder bestimmt und durchsetzt, daß man statt der Nummern-Revue Mozarts "Cosi fan Tutte" einstudiert. Weil niemand Italienisch spricht und nur eine Patientin singen kann, probt man die Oper zunächst als normales Drama und will erst in der Endphase die Lieder einfügen. Dabei muß nach außen der Eindruck erweckt werden, daß man die "verordnete" Show einübt. Die Probleme wachsen Lewis schnell über den Kopf, zudem sich auch sein Privatleben zunehmend chaotischer entwickelt. Gegen den Willen seiner Geliebten Lucy gestattet er seinem Freund Nick, in die gemeinsame Wohnung zu ziehen, und muß sich fortan dessen Besserwissereien über die Kunst des Inszenierens anhören. Aber nicht genug damit, Nick wettet sogar, daß er Lucy, ähnlich wie in der "Cosi fan Tutte"-Geschichte, zur Untreue verführen kann. Schließlich zündet der Pyromane Doug auch noch den Probenraum an; er muß zurück in die geschlossene Abteilung. Das Projekt ist für die Anstaltsleitung gestorben. Lewis übernimmt Dougs Rolle, und heimlich übt man nachts in einer leerstehenden Wäscherei weiter. Die nächste Komplikation steht ins Haus, als Lewis sich in die drogenabhängige Julie verliebt, und er durch ein Mißverständnis selbst in die Klinik eingeliefert wird. Aber seine Schutzbefohlenen sind in ihrer Euphorie nicht zu bremsen, und so hebt sich eines Abends der Vorhang. Und während die Offiziellen im Parkett sich auf eine spaßige Show einrichten, erklingen von der Bühne Mozarts Weisen.

Filme über das Inszenieren von Theaterstücken wie "Ein Winternachtstraum" (fd 31 686) und "Alles nur Theater" (fd 29 429) beziehen ihren Reiz vornehmlich aus der Ansammlung skurriler Typen, die sich trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere schließlich zusammenraufen, um ein gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen. Diesen auf engstem Raum zusammengewürfelten Mikrokosmos der Gesellschaft sinn- und augenfällig zu machen, darin besteht dann die Kunst der Regie. Und wenn sich das Ensemble auch noch aus lauter psychisch gestörten Menschen zusammensetzt, läuft man schnell Gefahr, den schmalen Grat zwischen der Zurschaustellung seelischer Defekte und dem spezifischen Humor der Kranken zu verfehlen. Mark Joffes einfühlsamer Regie ist die Gratwanderung gelungen. Man lacht nicht auf Kosten der Psychiatrie-Insassen, sondern mit ihnen über ihre Ticks und die vielen kleinen Mißgeschicke, die dem Zuschauer im Laufe der Handlung immer "normaler" vorkommen. Und wenn man am Ende sieht, mit wieviel Liebe und Enthusiasmus sie in ihren selbst entworfenen und hergestellten Kostümen und Dekors agieren, dann weckt das neben Rührung auch Verständnis für diese "Verrückten". Anrührend auch die Poesie in der behutsam aufgebauten Liebesgeschichte zwischen Lewis und Julie, der zwar kein Happy End beschieden ist, die aber beiden letztlich die Kraft gibt, ihr durcheinandergeratenes (Gefühls-)Leben in den Griff zu bekommen. Julie, großartig gespielt von Toni Collette, reagiert dabei viel sensibler als die "Gesunden" und erkennt sehr schnell die Verbindung zwischen der Opern-Story um Liebe, Vertrauen und Untreue und dem wirklichen Leben. Überhaupt geht von den Darstellern der "Irren" mehr Menschlichkeit und Wahrhaftigkeit aus als von ihren oft recht schablonenhaft agierenden Betreuern. Besonders der etwas zu jungenhaft wirkende Ben Mendelsohn braucht Anlaufzeit, bis sich seine schauspielerische Blässe mit "Blut" füllt und er seiner Rolle Glaubwürdigkeit verleiht. Aber wenn er dann mit seinem Ensemble zum Schlußapplaus auf die (Film-)Bühne tritt, möchte man ihnen doch "da capo" zurufen.
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