Komödie | USA 1992 | 117 Minuten

Regie: Robert Altman

Ein Hollywood-Produzent sieht sich ausgerechnet zu einer Zeit, da auch seine Karriere in Gefahr ist, von einem Autor verfolgt, der ihm beunruhigende anonyme Drohbriefe schreibt. Eine ebenso intelligente wie unterhaltsame Satire auf den Niedergang Hollywoods und der amerikanischen Kulturszene schlechthin. Voller Verweise auf filmische Vorbilder und auf reale Personen und Verhältnisse, die sich oft nur Kennern ganz entschlüsseln werden. Formal zeigt sich Robert Altman auf der Höhe seines Könnens; faszinierend und reizvoll sein Kunstgriff, zahlreiche Hollywood-Größen - Julia Roberts, Bruce Willis, Anjelica Huston, Jack Lemmon u.v.a. - in kleinen und kleinsten Nebenrollen einzusetzen. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE PLAYER
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Avenue Pictures/Spelling Entertainment/David Brown/Addis-Wechsler
Regie
Robert Altman
Buch
Michael Tolkin
Kamera
Jean Lepine
Musik
Thomas Newman
Schnitt
Geraldine Peroni
Darsteller
Tim Robbins (Griffin Mill) · Greta Scacchi (June Gudmundsdottir) · Fred Ward (Walter Stuckel) · Whoopi Goldberg (Susan Avery) · Dean Stockwell (Andy Civella)
Länge
117 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen erhellenden dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs und des Produzenten Michael Tolkin, ein 12-seitiges Booklet zum Film sowie ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen (13 Min.) sowie das Interview-Feature "One on One with Robert Altman" (16 Min.). Die Edition ist mit dem Silberling 2015 ausgezeichnet.

Verleih DVD
KSM (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl., DD2.0 dt.)
Verleih Blu-ray
KSM (16:9, 1.78:1, dts-HDMA engl., dts-HDMA2.0 dt.)
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Diskussion
Nach einem Jahrzehnt kaum belangvoller Filme und jahrelangen Schweigens ist er wieder da, der Mann, der Hollywood-Filme gleichsam "von außen" gemacht hat und der dennoch oft genug die Anerkennung und den Neid der großen Studios auf sich gezogen hat: Robert Altman, der Regisseur von "M.A.S.H." (fd 16 830), "Nashville" (fd 19 724) und "Ein perfektes Paar" (fd 22 312). Diesmal ist Hollywood selbst sein Thema, und abermals hat eine kleine Firma als Produzent fungiert. Die amerikanische Kritik und Insider der Studio-Szene sprechen von Altman's Revenge (Altmans Rache), und die Vokabeln, die in den Kritiken am häufigsten vorkommen, sind "Stilett" und "Skalpell", damit nicht auf die Mordwaffe anspielend, sondern auf Altmans treffsichere Analyse einer Industrie, in der es nicht mehr ums Filmemachen, sondern nur noch ums Geschäftemachen geht. Folgerichtig ist "The Player" auch kein Film übers "Movie-Making", sondern über das, was die Amerikaner den "Pitch" nennen, die ritualisierte Methode, eine Filmidee zu vermarkten.

Mit einem Geniestreich sondergleichen umreißt Altman sein Sujet gleich zu Beginn in einer achtminütigen Kamerafahrt über ein Studio-Gelände, bei der er mehr als 20 Figuren einführt und wie beiläufig durch Fenster und geöffnete Türen Executives und Autoren dabei belauscht, wie die erste embryonale Zelle eines zukünftigen Films entsteht: eine Fortsetzung der "Reifeprüfung" (fd 15 718) mit Mrs. Robinson als leicht behinderter Untermieterin im Haus des inzwischen verheirateten Paars oder eine kommerzielle Kreuzung aus "Jenseits von Afrika" (fd 25 508) und "Pretty Woman" (fd 28 342). Es sind Altmans Freunde, die da in karikierlustiger Laune ihren "Pitch" abliefern, Buck Henry, Joan Tewkesbury und der Altman-Schüler Alan Rudolph. "Alles improvisiert", sagt Altman, nach einem halben Tag Proben 13mal aufgenommen, schließlich sich für Take 10 entscheidend, weshalb die Sequenz auch mit einer Klappe "Take 10" beginnt. Zwischendurch läuft ein sich cineastisch gebildet gebender Nachwuchsfilmer durch die Szene, der von seiner Vorliebe für lange Einstellungen faselt, und davon, wie er das "Cut, cut, cut" der Branche haßt, doch sobald sein Gegenüber ihm beipflichtet und einen konkreten Film zitiert, dann hat er ihn nicht gesehen, weil es kein Studio-Film gewesen ist.

In dieser Eingangsszene, wenn man so will, formal einer Hommage auf Orson Welles' langes Traveling zu Anfang von "Im Zeichen des Bösen" (fd 7324), summiert Altman bereits die Stilprinzipien seines Films: ineinandergleitende Dialoge, Wechsel der Konzentration nicht durch Schnitt, sondern durch Kamerafahrten und Veränderungen des Fokus, Etablierung der Farce durch sich wiederholende, jedoch inhaltlich sich steigernde Situationen.

Bis es zu dem Doppel-Happy-End der miteinander verschachtelten Storys des Berufs - und Privatlebens seiner Hauptperson kommt, absolviert Altman ein Pandämonium des Studiobetriebs, in dem die Fassaden abgebrochen und die hohl-schwätzigen Klischees bloßgelegt werden, daß es nur so eine Art hat. Die Vorlage dazu liefert Michael Tolkins 1988 erschienener Roman "The Player", seit seiner Entstehung eines der heißesten Eisen in Hollywood. Die Story zentriert sich um einen Studio-Executive namens Griffin Mill, der sich durch fortwährende anonyme Drohbriefe von einem Autor verfolgt sieht. Mill hat eine vage Vermutung, wer dahinterstecken könne, und als er das Haus des Verdächtigen anruft und dort mit dessen Geliebter spricht, glaubt er sich bestätigt. Er folgt dem erfolglosen Autor in ein Kunstfilm-Kino, schlägt ihm einen "Deal" vor, denn das ist alles, woran Griffin Mill überhaupt denken kann, gerät aber unversehens in eine Auseinandersetzung mit dem aufgebrachten Schriftsteller und bringt ihn im Affekt um.

Diese Handlung und ihre Folgen durchsetzt Altman mit Anzeichen einer beruflichen Krise, die Mill zu meistern hat, als ein junger Executive ihm innerhalb des Studios gefährlich wird. Altmans Kunstgriff ist es, daß er mit den beiden Realitätsebenen zu spielen beginnt. Die Mordgeschichte, in deren Gefolge sich Mill mit der ehemaligen Geliebten des Ermordeten liiert, nimmt immer mehr die Züge eines jener Melodramen an, deren kommerziellen "Pitch" der Zuschauer unaufhörlich beiwohnt, während die als Farce begonnene Insiderstory immer realer erscheint, ohne freilich ihren satirischen Biß zu verlieren. Das Ende des Films ist denn auch eine folgerichtige Verdoppelung des Kintopp-Effekts. Ein stets für die Abbildung der Realität kämpfender Autor (sein Projekt heißt "Habeas Corpus"!) ist zum Apologeten des Kompromißkinos geworden und weidet sich an der stargekrönten Verunstaltung seines in der Todeszelle endenden Dramas; das Drama des zum Mörder gewordenen Executives hinwiederum leiht sich seine Krönung von dem sich materialisierenden Drohbriefautor aus und endet - dank der Korrumpierbarkeit aller Beteiligten - wie Hollywood-Romanzen - nach den ungeschriebenen Gesetzen - nun einmal zu enden haben.

Den Schlüssel zu der Geschichte liefern die Charakterisierung der Hauptfigur Griffin Mill und seine Darstellung durch Tim Robbins. Von Anfang bis Ende wandelt Mill auf dem schmalen Grat zwischen Sympathie - und Antipathiefigur. Doch dieser Mill hat die Verhaltensweisen und Gesetze der Industrie so vollkommen in sich aufgesogen, daß es bei ihm weder zum einen noch zum anderen reicht. Er ist eine Kunstfigur, und er ist es auch nicht. Er kann einen Mord mit seinen eigenen Händen begehen, ohne daß es ihn anficht, denn berufliche Morde gehören zu seinem täglichen Handwerk. Seine Existenz spielt sich zwischen Meetings ab, im Studio, in Restaurants, auf Partys, in der Ersatzwelt, die sein Leben ist; sein wirkliches Leben ist nichts als ein Film, mit einer Eisprinzessin aus Island, mit Whoopi Goldberg als Polizeidetektivin, einem Wochenende im Luxus-Schlammbad von Desert Hot Springs und einer Zukunft, die er sich von der Traumfabrik ausleiht. Ein Abbild seiner Zunftgenossen, ist dieser Griffin Mill zu keiner spontanen Erregung mehr fähig. Mit den Schritten eines Nachtwandlers und mit glasigen Augen, die durch alles hindurchschauen, bewegt er sich durch die Kulissen seiner Karriere und seines Lebens wie eine vollautomatisierte Computerfigur, reagierend nur auf vorprogrammierte Schlüsselsätze - leider keine bloße Phantasiekreation aus Altmans satirischer Typenkollektion. Der amerikanische Filmkritiker Peter Rainer faßt es treffend zusammen: "Wir leben in einer Armani-Kultur, und die antiseptischen Hollywood-Executives passen in ihrer präfabrizierten Anonymität und Austauschbarkeit genau in diese Kultur hinein."

Die Realität, mit der sich "The Player" beschäftigt, hat auch noch eine andere Seite. Altmans Film ist nicht nur ein Film übers Geschäftemachen in Hollywood und über die professionellen Deformationen, die diese Art von Beruf mit sich bringt, er ist auch ein Film über die verlorengegangene Liebe zum Kino. Von den Wänden der Studio-Büros starren einen in verwirrender Vielzahl Poster alter B-Movies an: "Murder in the Big House", "Highly Dangerous", "Prison Break" (man beachte die Bezüge der Titel zu Griffin Mills Geschichte!) und Plakate von "Casablanca" und "M", en passant verharrt die Kamera auf Konterfeis der großen Kino-Genies, Titel alter Meisterwerke fallen hier und da, und die Eloge auf De Sicas "Fahrraddiebe" ist auch für Unaufmerksame nicht zu übersehen. Doch die Executives und Filmemacher von heute bewegen sich zwischen den Relikten einer gloriosen Vergangenheit wie geschäftige Roboter in einer anderen Welt. Als Mills einen Telefonanruf von jemanden bekommt, der sich Joe Gillis nennt (der Name des mittellosen Drehbuchautors in Billy Wilders "Boulevard der Dämmerung") fragt er nur: "Weiß jemand, wer Joe Gillis ist?" Ein halbes Hundert hochbezahlter Stars (von Julia Roberts und Bruce Willis bis zu Anjelica Huston und Jack Lemmon) bevölkern Altmans Film gratis in winzigen Randrollen, und die Produzentenfamilie schlägt sich bei Studio-Screenings auf die Schenkel über die zahllosen Insider-Scherze, die das Kinopublikum nicht einmal verstehen wird; doch der größte Witz dieses Films ist, daß man Hollywood einen Spiegel vorhalten kann, ohne daß irgend jemand sich selbst darin erkennt.
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