Die dumme Augustine

Kinderfilm | Deutschland 1992 | 87 Minuten

Regie: Juraj Herz

Die "dumme Augustine" träumt jeden Abend davon, einmal als Clown im Rampenlicht zu stehen. Aber erst als ihr Mann, der "dumme August", eines Tages die Vorstellung verpaßt, erfüllt sich ihr Wunsch. Fortan treten sie gemeinsam auf. Liebe- und fantasievoll erzählte Geschichte, die sich ganz auf die Erlebniswelt junger Zuschauer konzentriert. Der geschlossene Inszenierungsstil spiegelt die nostalgische Atmosphäre der Zirkus-Welt wunderbar wider. Ein Familienfilm im wahren Sinne des Wortes. - Sehenswert ab 6.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
R.S.-Media/ZDF
Regie
Juraj Herz
Buch
Boris Hybner · Juraj Herz
Kamera
Dodo Simoncic
Musik
Zdenek Merta
Schnitt
Jan Svoboda
Darsteller
Therese Herz (Augustine) · Bernhard Paul (August) · Juraj Herz (Zauberer) · Michal Matatko (Guggo) · Michaela Urbanová (Gugga)
Länge
87 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.
Genre
Kinderfilm | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Nachdem "Das kleine Gespenst" (fd 29 879) in die falschen (Regie-)Hände gefallen war, kann sich die junge (und auch alte) Lesergemeinde des wohl bekanntesten deutschen Kinderbuchautors Otfried Preußler nun freuen, daß "Die dumme Augustine" wieder den zauberhaften Charme der Vorlage trifft.

"Die dumme Augustine" ist natürlich alles andere als "dumm", Die pfiffige junge Frau träumt jeden Abend davon, im Rampenlicht der Manege zu stehen - denn Clown zu sein, ist für sie das Schönste auf der Welt. Aber leider ist diese Rolle für ihren Mann August reserviert, der jeden Tag das Publikum mit seinen Spaßen erfreut. Augustine darf allenfalls zu Hause im Wohnwagen den Clown spielen, wenn sie sich nicht gerade um die immer zu Streichen aufgelegten Kinder Guggo und Gugga, das Baby Guggilein, sowie den Hund Moppel, die Katze Semiramis und den Papagei Lora kümmern muß. Als eines Tages August mit Zahnschmerzen zum Arzt muß und nicht rechtzeitig zur Vorstellung zurück ist, bekommt Augustine ihre Chance. Und das Publikum ist so begeistert von ihr, daß sie in Zukunft gemeinsam mit ihrem Mann die kleinen und großen Zirkusfreunde erfreuen wird.

Auch wenn es eine deutsche Produktion ist, zeigt ein Blick auf die Stab - und Besetzungsliste, daß es sich eigentlich um einen tschechischen Kinderfilm handelt, der die Tradition dieses dort immer gepflegten Genres nahtlos fortsetzt. Man wünscht sich nur, daß hierzulande viele - nicht nur Kinderfilm-Regisseure - von Juraj Herz Inszenierungskunst lernen, der seine kleine Geschichte mit soviel Liebe und Einfallsreichtum erzählt, daß man wie im "richtigen" Zirkus staunend und lachend zuschaut. Zuerst einmal versetzt Herz die Zuschauer mit einem kleinen Trick in jene nostalgische Stimmung, die im Zirkus immer wieder verzaubert: Die Wagen, das Zelt, die Kostüme - sie scheinen aus der Jahrhundertwende zu stammen, während das Zirkuspublikum offensichtlich von heute ist. Die Musik erinnert genauso an die Stummfilmzeit wie manche Szenen, die Herz mit leichter Zeitraffer-Technik ablaufen läßt. Und wie damals erzählt er seine Geschichte fast ausschließlich über die Bilder, die Gesten und Mienen der Schauspieler. Da gibt es den weinerlichen Löwendompteur, der auch einmal so geliebt werden möchte wie der Clown August. Der ein wenig wie Charlie Chaplin aussehende Zauberer möchte ebenfalls mal im Mittelpunkt stehen - aber immer stürzen sich die Fotografen und Kinder nur auf den "dummen August". Juraj Herz macht aus diesen Eifersüchteleien aber nie ein bösartiges, dramatisiertes Ränkespiel, sondern bleibt auf einer kindgerechten Streich-Ebene, die es den Kontrahenten immer erlaubt, ihr Gesicht zu wahren und ihnen die Möglichkeit offen läßt, sich zu entschuldigen, wenn sie es wie der für Augusts Zahnschmerzen verantwortliche Zauberer übertreiben. Die Streiche und Gags bleiben immer der Erlebniswelt von Kindern verhaftet, denunzieren oder "beschädigen" aber nie die Betroffenen, ob Guggo und Gugga Pferde zu Zebras anmalen oder der Direktor sich mal einen versehentlich mit Farbe gefüllten Hut aufsetzt. Und geschickt webt der ehemalige Puppenspieler Herz auch Elemente des Trickfilms in die Handlung ein: das Baby Guggilein ist eine Puppe ebenso wie die aus ihrem "Mäuse-Theater" immer wieder ausbrechenden Nagetierchen. Dafür ist "August" aber ein echter Zirkus-Direktor, nämlich der von "Roncalli". Und er meistert seinen Schauspielerpart genauso überzeugend wie alle anderen kleinen und großen Akteure, die Herz mit lockerer und sicherer Hand führt. Eigentlich schade, daß von diesem interessanten Regisseur, der sich in vielen Genres versucht hat und auch schon mal mit einer "Oscar"-Nominierung bedacht wurde ("Der Leichenverbrenner", 1968), noch kein einziger Film auf westdeutschen Leinwänden zu sehen war. Vielleicht ermuntert ja "Die dumme Augustine" nun einige Verleihe, wenigstens seine wunderbaren und zeitlosen Kinderfilme "Das neunte Herz", "Die Jungfrau und das Ungeheuer" und "Galoschen des Glücks" in die hiesigen Kinos zu bringen.
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