Tiger & Dragon

Martial-Arts-Film | Hongkong/Taiwan/USA 2000 | 120 Minuten

Regie: Ang Lee

Ein alternder Schwertkämpfer, der seine Waffe in die Hände einer von ihm verehrten Frau gelegt hat, muss noch einmal zum Duell antreten, als das Schwert von der Schülerin seiner Erzfeindin, einer ungestümen Kriegerin, entwendet wird. Ein faszinierender Martial-Arts-Film, der sich zu einem romantischen Abenteuerfilm von zeitloser Schönheit verdichtet und zugleich die Traditionen gegen ein unbekümmert modernes Lebensgefühl abwägt. Ein Film von ungeheurer Leichtigkeit, der, wie alle großen Märchen, auch vom Verantwortungsbewusstsein des Menschen handelt. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
CROUCHING TIGER, HIDDEN DRAGON | WO HU ZANG LONG
Produktionsland
Hongkong/Taiwan/USA
Produktionsjahr
2000
Produktionsfirma
Edko Films/China Film/Asia Union Film & Entertainment
Regie
Ang Lee
Buch
James Schamus · Wang Hui Ling · Tsai Kuo Jung
Kamera
Peter Pau
Musik
Tan Dun
Schnitt
Tim Squyres
Darsteller
Chow Yun Fat (Li Mui Bai) · Michelle Yeoh (Yu Shu Lien) · Zhang Ziyi (Jen) · Chang Chen (Lo) · Cheng Pei-Pei (Jade Fox)
Länge
120 Minuten
Kinostart
02.08.2022
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Martial-Arts-Film
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die Extras der aufwendig gestalteten Doppel-DVD umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs und des Produzent James Schamus sowie ein solides "Making of" (23 Min.). Die Single Edition enthält lediglich den Audiokommentar der für die abgespeckte SZ-Cinemathek Edition nicht übernommen wurde.

Verleih DVD
Kinowelt/Arthaus (16:9, 2.35:1, DD5.1 Mandarin/dt., dts dt.); SZ-Cinemathek (16:9, 2.35:1, DD5.1 Mandarin/dt., dts Mandarin/dt.)
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Diskussion
Längst gehört das chinesische Kung-Fu-Kino zu einer vergangenen Epoche. Als sich zu Beginn der 80er-Jahre in Hongkong die Tore des riesigen Studiogeländes der mächtigen Shaw Bros. schlossen, um alsbald kleinen, unabhängigen Produzenten das Feld zu überlassen, da wiederholte sich, was in Hollywood zwei Jahrzehnte zuvor geschehen war: Mit dem Ende des Studiosystems ging eine grundlegende Wandlung einher, die einer unverhofften künstlerischen Erneuerung gleichkam. Nichts war mehr wie vorher, und die klassischen Genres überlebten nur in Zitatform. Doch so, wie der Spätwestern seine klassischen Vorläufer noch einmal in pathetische Höhen trieb, bemächtigten sich Martial-Arts-Zauberer wie King Hu und Tsui Hark ihres Lieblingsgenres und transformierten es zu nie gekannter Größe. „Ein Hauch von Zen“ (fd 23 417) machte auch im Westen jedem klar, mit welcher Kunstform man es beim vermeintlichen Kampfsportkino zu tun hatte. Jetzt ist auch dieser Genreableger wieder Geschichte, und mit dem Abstand einer weiteren halben Generation erfährt nun auch das Kino King Hus sein Revival aus zweiter Hand. Ang Lee (geb. 1954) nähert sich in „Tiger and Dragon“ den Helden seiner Kindheit wie sich Sergio Leone einst dem Western näherte: mit einer Liebeserklärung, die das Objekt der Verehrung verschlingt und, gänzlich verwandelt, wieder zum Vorschein bringt. Obwohl Lee seine ersten Filme in Taiwan drehte, lernte er sein Handwerk in den USA. Hollywood hat längst das Faszinosum des Hongkonger Actionkinos für seine Zwecke adaptiert; nicht von ungefähr ist mit Martial-Arts-Regisseur Yuen Wo-ping, einer der Hauptverantwortlichen des Kultfilms „Matrix“ (fd 33 720), mit von der Partie, während das Drehbuch durch die Hände des Hollywood-Routiniers James Shamus ging. Das Ergebnis unterzieht seine Referenzen einer so gründlichen Schönheitskur, dass es am Ende kaum mehr mit ihnen gemein hat als Disneys „Mulan“ (fd 33 412) mit chinesischem Kino. Aber wer wollte das ernstlich bedauern? Lees Film erinnert daran, was eine chinesische Kochlehrerin einmal sagte: dass man in China eben nie so gut essen könne wie in einem deutschen China-Restaurant. Hier gäbe es nun einmal die besseren Zutaten. Wer nie der Handlung chinesischer Actiondramen folgen konnte, braucht sich keine Sorgen mehr zu machen: Das Drehbuch folgt der klaren Struktur des Hollywood-Kinos. Mui Bai, ein in die Jahre gekommener Wutan-Krieger, hat sein Schwert in die Obhut seiner unausgesprochenen Liebe Shu Lien gegeben, selbst eine versierte Kämpferin. Streng bewacht, wird es dennoch gestohlen: Mit der Diebin Jen liefert sich Mui Bai ein grandioses Duell in den zarten Baumkronen eines Bambuswaldes. Die ungestüme junge Kriegerin ist die Schülerin einer Erzfeindin Mui Bais, doch mehr als alles andere steht sie für einen von allen Traditionen befreiten modernen Lebensstil. Ihre Unabhängigkeit ist auch Shu Lien ein Dorn im Auge, dennoch auch eine Mahnung an die Freiheit, die sie sich selbst stets versagt hat. Noch dazu lässt Jen ihre Hochzeit platzen und flüchtet zu ihrem Geliebten in die Wüste. Aber kann sich eine hoch begabte Kämpferin aller Verantwortung entziehen? Man muss schon ein hart gesottener Purist des alten Hongkong-Kinos sein, um sich der Leichtigkeit, ja Zärtlichkeit dieser Annäherung zu verschließen. Der leise Kampf in den Baumwipfeln gehört schon jetzt zu den klassischen Augenblicken des Genres: Nicht anders als Gene Kelleys Tanz durch die Pfützen, Fred Astaires Aneignung der Zimmerdecke oder Mary Poppins’ Dachfirst-Eroberung träumt auch Ang Lee den schönsten aller Kinoträume - keine andere Kunst kann de Betrachter derart entfesseln und an die Freiheit des Traumtänzers glauben lassen. Ang Lee ist an die asiatischen Wurzeln zurückgekehrt und beliefert die Filmkultur in den so genannten entwickelten Ländern mit „Frischem, Neuem und Aufregendem. In China haben wir zum ersten Mal die Möglichkeit, Kunstfilme zu machen, und im Westen herrscht diese Neugier. Ich hoffe nur, dass dies keine flüchtige Mode ist“. Selbst wenn es nur eine Mode wäre, so hätte sie nun ihren zeitlosen Klassiker hervorgebracht!
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