Dokumentarfilm | Großbritannien 2003 | 91 Minuten

Regie: Alastair Fothergill

Extrakt aus einer achtteiligen Fernsehdokumentation über die Geheimnisse der Meere. Ein außergewöhnlich brillant fotografierter, spärlich, aber nicht uninformativ kommentierter und mit einer epischen Orchestermusik versehener filmischer Reigen über mehr oder weniger exotische Meeresbewohner und ihren "Kampf" ums Überleben. Trotz aller Verkürzungen ein intelligenter und faszinierender Augen- und Ohrenschmaus. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
DEEP BLUE
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
BBC Worldwide/Greenlight
Regie
Alastair Fothergill · Andy Byatt
Buch
Alastair Fothergill · Andy Byatt
Kamera
Doug Allan · Peter Scoones · Rick Rosenthal · u.a.
Musik
George Fenton
Schnitt
Martin Elsbury
Länge
91 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Während die Einzelausgabe lediglich mit der separat anwählbaren Ton- und Effektspur ein bemerkenswertes Extra aufweist, besticht die schön aufgemachte Doppel DVD zusätzlich u.a. durch ein 50-minütiges "Making of". Die komplette TV-Reihe, aus der der Kinofilm kompiliert wurde, ist bereits seit dem 23.2.2003 bei Polyband in einer aufwendigen 3er-DVD-Box erhältlich. Die Doppel DVD ist mit dem Silberling 2004 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Kinowelt (16:9, 1.85:1, DD2.0 engl., DD5.1 dt., DTS dt.)
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Diskussion
Die Wahrscheinlichkeit, sich zufällig in die Fernsehdokumentationsserie „Unser blauer Planet“ zu verirren, war eher gering. Trotz ihres jugendfreien Themas lief sie im Sommer 2003 in der ARD zu später Stunde acht Wochen lang jeweils dienstags ab 23 Uhr. Wer sich dennoch hineinzappte, konnte fortan nicht mehr davon lassen. Der Suchtfaktor war derart immens, dass die Zuschauertelefone von WDR und BR heiß liefen. Nach Sekundärliteratur wurde gefragt, die baldige Veröffentlichung auf DVD erbeten, der Soundtrack zur Serie bestellt; eine Resonanz, welche die Erwartungen an einen achteiligen Naturfilm bei weitem übertrafen. Was war so einzigartig an diesem sechsstündigen Exkurs in die Tiefe der Meere? Seitdem der französische Meeresbiologe und Tauchpionier Jacques Cousteau in den 1960er-Jahren die Unterwasser-Dokumentation zu „Oscar“-Weihen führte, war jedes Riff und jede Hai-Gattung dutzende Male effekthascherisch vorgestellt worden. Konnte es tatsächlich Bilder geben, die Fans von Tierdokumentationen noch nie zuvor gesehen hatten? Konzeptionell gab sich die Serie der beiden Naturfilmer Alix Tidmarsh und Sophokles Tasioulis anspruchsvoll, aber nicht wissenschaftlich. Zunächst erhielt man einen Abriss über das Ökosystem Meer, dann ging es peu à peu ins Detail: Die Geheimnisse der Tiefsee wurden erkundet; das erstaunlich rege Leben in der offenen See, weitab der Küsten, war ebenso Thema wie die während der meisten Zeit des Jahres zugefrorenen Eismeere oder die von tierischer Formen- und Farbenvielfalt überfrachteten Korallenriffe. Man konnte erfahren, dass im Meer nicht nur Ebbe und Flut, sondern auch Jahreszeiten regieren; schließlich wurden 45 Minuten auch den Meeressäugern gewidmet. Erklärungen gab es nur in Maßen; der Off-Kommentar griff lediglich dann lenkend ein, wenn man aus den Bildern allein nicht schlau wurde oder wenn es galt, dem erzählerischen Bogen neuen Schwung zu geben. Das, was formal gesehen unzweifelhaft die Hauptrolle spielte, war indes die Kamera. Über 20 Teams suchten fünf Jahre lang in den verschiedenen Meeren nach der besonderen Einstellung, die maritime Flora und Fauna in einem neuen Licht erscheinen ließ. Ähnlich wie in „Mikrokosmos“ (fd 32 194) oder in Ansätzen auch in „Nomaden der Lüfte“ (fd 35 329) gelang in „Unser blauer Planet“ ein Blick auf das unterseeische Tierreich, der vieles Vorherige vergessen lässt. Die ekstatische Jagd der Merline oder Haie auf die in gigantischen Schwärmen organisierten Sardinen, die grausam erscheinenden Spiele der Orcas mit ihrer Lieblingsbeute, den Seehunden, oder die ebenso intelligente wie gnadenlose Treibjagd von Killerwale auf ein frisch geborenes Grauwalkalb sind genauso einzigartig eingefangen wie das majestätische Schweben der Mantas. Selbst gestandene Meeresbiologen konnten diesem Blick auf den täglichen Überlebenskampf unter Wasser neue Erkenntnisse abgewinnen.

Der weltweite Erfolg hatte die BBC, die den Hauptteil der 17 Mio. Dollar Produktionskosten aufgebrachte, offensichtlich veranlasst, das visuelle Meisterwerk nun auch im Kino zu lancieren. Keine schlechte Idee, da die Bilder auf der großen Leinwand an Faszination und Gewalt noch gewinnen und die musikalischen Originalkompositionen von George Fenton in epischer Qualität seinen Kinoarbeiten kaum nachstehen. Dabei wurden 360 Minuten Sendelänge auf 90 Minuten komprimiert, der Kommentar noch mehr zurückgenommen, um die Konzentration ganz auf die Bilder zu lenken, und aus „Unser blauer Planet“ wurde „Deep Blue“ – mit allen einkalkulierten Nachteilen. Denn wo im Fernsehen genug Zeit für Exoten und Experimente blieb, beherrschen nun massenkompatible Lieblinge wie Delphine die Szenerie; auch ist dem Spannungsbogen eine gewisse Atemlosigkeit anzumerken. Selbst Fentons Hang, mitunter allzu oberflächliches „Mickeymousing“ zu zelebrieren, bleibt unangenehm im Gedächtnis. Dennoch verfällt das „best of“ nicht völlig dem belanglosen Tier-Kunstfilm und frönt auch nicht dem bei Meeressäugern naheliegenden New-Age-Touch, dem beispielsweise „Nomaden der Lüfte“ erlag. So ist „Deep Blue“ immer noch eine schöne „Einstiegsdroge“ für die Serie, die sicherlich bald auf DVD erhältlich ist.

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