Kiss Kiss, Bang Bang

Krimi | USA 2005 | 102 Minuten

Regie: Shane Black

Ein Kleinganove auf der Flucht vor der Polizei gerät in ein Filmcasting und trifft seine Jugendliebe wieder, die seine Dienste als vermeintlicher Detektiv in Anspruch nimmt. Aberwitzige Persiflage auf die Klassiker der Schwarzen Serie, die desillusionierten Männern, unberechenbaren Frauen und dem Sündenbabel Hollywood ein Denkmal setzt. Ein virtuos konstruiertes Drehbuch, hingebungsvolle Schauspieler und eine kluge Inszenierung machen den Film zum cineastischen Hochgenuss. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
KISS KISS, BANG BANG
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Warner Bros./Silver Pic.
Regie
Shane Black
Buch
Shane Black
Kamera
Michael Barrett
Musik
John Ottman
Schnitt
Jim Page
Darsteller
Val Kilmer (Perry Van Shrike) · Robert Downey jr. (Harry Lockhart) · Michelle Monaghan (Harmony Faith Lane) · Joel Michaely (Eugene) · Corbin Bernsen (Harlan Dexter)
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Krimi | Komödie | Detektivfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Warner (1:2,40/16:9/Dolby Digital 5.1)
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Robert Downey Jr. als falscher Privatdetektiv im Verbrechenssumpf von L.A.: Eine aberwitzige Persiflage auf die Klassiker der Schwarzen Serie

Diskussion
Ein Magier in Kinderschuhen setzt die Säge an, die in zwei Hälften zu teilende Jungfrau stößt einen spitzen Schrei aus, und urplötzlich hat das Kinderfest mit Tombola und Ringelpiez seine Attraktion. Von überall her laufen entsetzte Erwachsene herbei – gerade noch rechtzeitig, um das mutmaßliche Opfer ungenügender Zauberkünste strahlen zu sehen. „Wenn ich groß bin“, verkündet das Mädchen stolz, „werde ich Schauspielerin“, und niemand im Publikum hegt in diesem Augenblick den geringsten Zweifel daran. 20 Jahre später begegnen sich die beiden Hauptakteure des makabren Bühnenschauspiels wieder: Aus dem Mädchen Harmony ist eine jener aufstrebenden Darstellerinnen geworden, die im Dunstkreis der Hollywood-Studios um Nebenrollen kämpfen, und aus dem zu Tode erschrockenen Magier Harry Lockhart ein Kleinganove, der auf der Flucht vor der Polizei in ein Casting stolpert und mit ungeschminkter Verzweiflung sein Karriereticket löst. Bei der Vorbereitung auf seine erste Rolle – er spielt einen Detektiv – trifft er dann seine zersägte Jungfrau, die auch seine große Jugendliebe war. Harmony verwechselt ihren alten Bekannten mit einem echten Detektiv und bittet ihn um Beistand, was dieser aus alter Verbundenheit nicht ablehnen kann. So beginnt eine bunte Persiflage auf die Klassiker der Schwarzen Serie, deren Titel nicht von ungefähr die einfachste Formel für das einträgliche Zusammenspiel von filmischer Romantik und Gewalt zitiert: „Kiss Kiss, Bang Bang“. Einst entdeckte die amerikanische Filmkritikerin Pauline Kael diesen Slogan auf einem italienischen Filmplakat und übernahm ihn prompt für eines ihrer Bücher. Jetzt prangt er über Shane Blacks Regiedebüt, und man geht nicht fehl, wenn man dahinter eine Lust an der Metaebene vermutet. Sein Film ist nicht allein eine Hommage an den Detektivfilm der 1940er-Jahre; er ist zugleich ein ironisches Loblied auf das Strickmuster des Erfolgs, eine hinterlistige Abrechnung mit einer Industrie, die besser von Mord und Totschlag lebt als jedes Verbrechersyndikat, und nicht zuletzt auch eine autobiografische Skizze des ehemals bestbezahltesten Drehbuchautors von Hollywood. Mit 22 Jahren schrieb Black „Brennpunkt L.A.“ (fd 27 864) und hob damit ein Genre aus der Taufe, das es für manchen Cineasten besser nie gegeben hätte. Blacks Actionkomödien waren schnell, laut, mit Testosteron getränkt und weckten die Lebensgeister ihrer gebrochenen Helden mit kaum gezügelter Zerstörungslust. Entsprechend besteht Blacks filmhistorische Bedeutung darin, der Formel „Kiss Kiss, Bang Bang“ ein finales „Blam!“ hinzuzufügen. Ende der 1990er-Jahre war seine Inspiration dann allerdings versiegt. Über die Ursachen seiner Schreibblockade ist nichts Genaues bekannt, doch ein Gerücht besagt, dass Black sich seiner Erfolge schämte und sein Unterbewusstsein Buße tat. Zum Glück ist „Kiss Kiss, Bang Bang“ keine filmische Abbitte geworden, sondern so etwas wie ein Neuanfang. Die Losung dafür lautet „Zurück zu den Wurzeln“, und die findet Black in den Detektivgeschichten Raymond Chandlers – ergänzt um die Ironie eines Elmore Leonard. Am ehesten lässt sich Blacks verrätselte Fabel um desillusionierte Männer, unberechenbare Frauen und ein Sündenbabel namens Hollywood deshalb mit „Get Shorty“ (fd 31 818) vergleichen, der Verfilmung eines Leonard-Romans, in dem kleine und große Gangster nicht ohne Erfolg ins Filmgeschäft einsteigen. Offensichtlich hat es sich Black dabei zum Ziel gesetzt, Chandler an Abgebrühtheit wie auch Leonard an Eleganz zu übertreffen und dafür so viele Wendungen wie nur irgend möglich in seinen Film gebracht. Der daraus resultierende Effekt ist nicht unsympathisch: Gerade weil Blacks Talent bei weiten nicht mit seinem Ehrgeiz Schritt hält, erscheint Harry Lockhart als sein kongeniales alter ego. In dieser extrem vorwitzigen Erzählerfigur, die die Handlung auch schon mal zurückdreht, kann man sich leicht den jungen Black vorstellen, der glaubt, alles im Griff zu haben, und tatsächlich nur seine Haut zu Markte trägt. Ohne recht zu wissen, wie ihm geschieht, macht Lockhart das Beste aus einer Geschichte, die ihn beinahe in einem Sumpf aus Geld, Ehrgeiz und Macht versinken lässt. Das ist keine nette Umschreibung für die Industrie, die Shane Black lange Zeit so gut ernährt hat. Doch letzten Endes fällt seine Abrechnung versöhnlich aus. Er schaut weniger aus der Perspektive des Gestrauchelten zurück, als aus der eines gebrannten Kindes, das von dem Metier noch immer fasziniert ist.
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