Sportfilm | Deutschland/Österreich 2007 | 97 Minuten

Regie: Pepe Danquart

Dokumentarfilm über zwei Extrembergsteiger, die eine gigantische Steilwand im kalifornischen Yosemite-Nationalpark in Rekordzeit erklettern wollen. Dabei wartet er mit spektakulären Bildern und atemberaubenden Leistungen auf, konzentriert sich dabei aber ausschließlich auf den sportlichen Aspekt des Unterfangens. Das traditionell im Bergfilm zelebrierte Pathos und die symbolische Aufladung der "erhabenen" Gebirgswelt treten zugunsten einer Feier des modernen Individualismus zurück. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
AM LIMIT
Produktionsland
Deutschland/Österreich
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Hager Moss Film/Lotus Film/Quinte Film/BR/ARTE/ORF
Regie
Pepe Danquart
Buch
Pepe Danquart
Kamera
Wolfgang Thaler · Martin Hanslmayr · Franz Hinterbrandner · Max Reichel
Musik
Christoph Israel · Dorian Cheah
Schnitt
Mona Bräuer
Länge
97 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Sportfilm | Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Standard Edition enthält keine bemerkenswerten Extras. Die umfangreichere Special Edition (2 DVDs) enthält indes u.a. "Making Of", Interviews sowie einzelne ausführlichere Kletter-Features.

Verleih DVD
Kinowelt (16:9, 1.78:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Es gibt Wallfahrtsstätten, von denen man nichts ahnt, bis einen der Touristenführer darauf stößt. Während die elektronische Eisenbahn gemütlich durch das Tal des kalifornischen Yosemite Nationalparks zuckelt, richten sich die Blicke der Reisenden auf eine senkrechte Granitwand, die gut eintausend Meter in die Höhe ragt. Dies ist der El Capitan, verkündet der Mann mit routiniertem Stolz, das Dorado der alpinen Kletterer, die aus aller Herren Länder kommen, um ihre Kräfte an dem Bergmassiv zu messen. Drei Tage benötigen gut ausgebildete Seilschaften für den Aufstieg, die Elite schafft es zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang und die bislang Schnellsten in genau zwei Stunden und achtundvierzig Minuten. Bei Pepe Danquart beschleicht einen mittlerweile das Gefühl, der Dokumentarfilm wäre eine olympische Disziplin und das Motto „höher, schneller, weiter“ seine Regiemaxime. Nach den Höllenfahrern der Tour de France („Höllentour“, fd 36 527) ist er jetzt den Alpinisten Alexander und Thomas Huber in das Yosemite Valley gefolgt, und wieder stellt sein Projekt höchste Anforderungen an Mensch und Material. Denn natürlich begnügt sich Danquart in „Am Limit“ nicht mit dem touristischen Blick aus sicherer Entfernung. Seine Kameramänner hängen in einer der schwierigsten Bergwände der Welt, um das Klettern in nie gesehener Form zu präsentieren. Ihre Bilder zeigen einen Leistungssport, der mit dem gemütlich klingenden Bergsteigen früherer Zeiten nicht mehr viel gemein hat. Alexander und Thomas Huber, das muss dem Laien gesagt werden, gehören zu den renommiertesten Alpinisten der Welt. Sowohl als Gespann wie auch als individuelle Sportler haben sie Starstatus erreicht und im deutschsprachigen Raum maßgeblich dazu beigetragen, dass das Klettern zu einem Breitensport geworden ist. Danquart hat die „Huberbuam“ von ihrer Ankunft in Kalifornien an begleitet und versucht, während der Vorbereitungen und Trainingstouren auszuloten, was sie immer wieder die Grenze des menschlich Möglichen hinausschieben lässt. Mitunter erfüllt eine schöne Lagerfeuerromantik den Film, wenn die Protagonisten über ihre Angst, die eigene Motivation und das Verhältnis zueinander sprechen. Manchmal steht sich Pepe Danquart aber auch selbst im Weg, etwa wenn er einen Traum zum bösen Omen stilisiert oder die Dramatik mit spannungsheischender Musik noch unterstreichen will. Danquart selbst nennt „Am Limit“ ein Doku-Drama, doch bestätigt sich leider wieder, dass er kein besonders gutes Händchen fürs Drama im Dokumentarischen hat. Seine Inszenierung ist meist redundant, am besten ist sein Film, wenn er die Bilder für sich sprechen lässt. „Es befällt mich irgendwann eine Unruhe“, sagt Alexander Huber, „und dann muss ich los, muss es tun, um wieder meine Ruhe zu finden.“ Im Grunde hat sich seit den Zeiten des seligen Luis Trenker im Genre des Bergfilms nur eines nicht geändert: Wenn der Berg ruft, müssen seine Bezwinger in ihn hinein, auch wenn es das eigene Leben kostet. Ansonsten könnte „Am Limit“ kaum weiter entfernt von den klassischen Werken Arnold Fancks, Luis Trenkers oder Leni Riefenstahls sein. Es fehlt das Pathos, das sich aus der Beschwörung der stets gefährdeten Gemeinschaft von Mensch und Natur ergibt, ebenso der anti-modernistische Affekt, die verzweifelte Hoffnung, in der unwegsamen Höhe eine Zuflucht vor der drohend am Horizont aufragenden Stadt zu finden. Natürlich kann man weder den Hubers noch Danquart vorwerfen, dass die „Nose“ für sie kein Schicksalsberg mehr ist, sondern eine weitere Marke im selbstgesteckten Parcours sportlicher Herausforderungen. Doch was bleibt vom Bergfilm, wenn man ihm das Schwülstig-Philosophische nimmt? Eine Feier des modernen Individualismus, dessen alpine Vorhut die „Huberbuam“ bilden – ob sie es wollen oder nicht. So spektakulär die Bilder mitunter sind, in ihnen gähnt eine Leere, die nichts Erhabenes hat.
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