Toni Goldwascher

Kinderfilm | Deutschland 2007 | 88 Minuten

Regie: Norbert Lechner

Im niederbayerischen Inntal der Nachkriegszeit angesiedelter Kinder-Heimatfilm um einen Zwölfjährigen, dessen Vater als Deserteur erschossen wurde, sowie seine Freunde und Rivalen. Mit dem Willen zur Idylle und Idealisierung wird die Geschichte betont altmodisch erzählt, was gewöhnungsbedürftig ist, aber durchaus reizvoll auf alte Abenteuer-Tugenden und traditionelle Kindersehnsüchte verweist. - Ab 8.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Kevin Lee Film
Regie
Norbert Lechner
Buch
Rudolf Herfurtner
Kamera
Maximilian Plettau
Musik
Martin Unterberger
Schnitt
Manuela Kempf · Norbert Lechner
Darsteller
Lorenz Strasser (Toni Sedlacek) · Florian Schlegl (Hans Beil) · Annemarie Lechner (Elfie) · Luis Huber (Herbert) · Maria Brendel (Maria Sedlacek)
Länge
88 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 8.
Genre
Kinderfilm
Externe Links
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Diskussion
Ein Junge in Lederhosen und sein Hund tollen durch üppig bewachsene Flussauen. Weiches, goldenes Sonnenlicht durchrieselt das leicht körnige Bild, feine Nebelschleier liegen über der Wasseroberfläche, eine verträumt-einfache Weise untermalt musikalisch die Idylle. Noch ohne Worte, gibt die erste Sequenz den Ton des Films vor: Nostalgisch und langsam ist „Toni Goldwascher“ erzählt, auch die Referenz an ein originär deutsches Genre, den Heimatfilm, seine Idylle und Idealisierung, ist in diesen ersten Minuten kaum zu übersehen. Im niederbayerischen Inntal angesiedelt, spielt Norbert Lechners Kinderfilm einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Toni, die Hauptfigur, wächst allein bei seiner Mutter auf, der Vater ist desertiert und wurde, von den Dorfbewohnern verraten, im letzten Kriegsjahr deswegen hingerichtet. Tonis bester Freund Herbert und auch die Elfie mit den blonden Zöpfen leben im nahe gelegenen Waisenhaus. Herbert leidet an Epilepsie, und Elfie hat durch ein Kriegstrauma ihre Stimme verloren. Es gibt auch einen klassischen Konflikt: zwischen Oberdörflern und Unterdörflern, wobei die eine Seite der zwölfjährige Toni Sedlacek vertritt, die andere sein gleichaltriger Widersacher Hans Beil. Als Vaterersatz – sowohl für Toni als auch für die Waisenkinder – fungiert der junge Kaplan. Toni träumt davon, im Inn Gold zu finden – wie schon sein Großvater. Mit den alten Goldwäscher-Utensilien zieht es ihn Tag für Tag an den Fluss – bis er in den von der Mutter unter Verschluss gehaltenen Sachen seines Vaters eine Karte entdeckt, auf der eine dem Ufer gegenüberliegende Insel markiert ist. Mithilfe der beiden Waisenkinder und Baumstämmen, die man Hans’ Vater entwendet, baut er ein Floß. Eine Eskalation des Konflikts mit dem Gegenspieler ist vorprogrammiert. Die Darsteller bis auf den „zugereisten“ Kaplan sprechen konsequent Mundart, wobei die jungen Laien alle aus Bayern stammen. Ihr Spiel ist durchweg natürlich, unangestrengter als das der erwachsenen Schauspieler. Die Schauspielführung des Regisseurs lässt Maria Brendel als Tonis Mutter ebenso wie Leopold Hornung als Kaplan in ihren Rollen manchmal in Manier eines Bauerntheaters agieren. Hinzu kommt die Konzeption des Kaplans als stark ambivalente Figur. Er bekreuzigt die Kinder, während er sie in den Schwitzkasten nimmt, einmal rührt er Toni Schlafmittel in die Limonade. Zwar möchte er den Jungen auf diese Weise schützen, doch wirkt der Vorgang, der im größeren und deshalb möglicherweise auch stärker differenzierenden Kontext einer literarischen Vorlage – Josef Einwangers Kinderbuch „Toni Goldwascher“ (1993) – noch funktionieren mag, im Film drastisch hervorgehoben. Wie ein Gegenentwurf zu „Die wilden Kerle“ (u.a. fd 36 148) besinnt sich „Toni Goldwascher“ in seiner konsequenten Langsamkeit auf alte Abenteuertugenden, auf Kindersehnsüchte, die wohl trotz Computerspiele und ähnlicher Zerstreuungen noch länger aktuell sein werden: ein Floß bauen, Gold finden, einen Hund zum engsten Freund haben. Möglich, dass sich Kinder, in der visuellen Wahrnehmung eher auf Geschwindigkeit, Effektreichtum und Gleichzeitigkeit geschult, an einen solch altmodischen, getragenen Rhythmus erst gewöhnen müssen. Zu unauffällig binden Norbert Lechner und Drehbuchautor Rudolf Herfurtner in die Idylle am Fluss die Nachkriegszeit ein, sodass nicht ganz klar wird, aus welchen Gründen jenseits von nostalgischen die Geschichte in dieser Zeit situiert ist. Doch schließlich wählt der Film die Kinderperspektive (als Erzähler aus dem Off fungiert Tonis Freund Herbert), die auf gegenwärtige Ereignisse fokussiert ist und daher die Vergangenheit eher verdrängt.
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