Another Earth

Drama | USA 2011 | 92 Minuten

Regie: Mike Cahill

Eine junge angehende Astrophysikerin verursacht einen Autounfall, bei dem eine Frau und deren kleiner Sohn sterben. Vier Jahre später sucht sie, von Schuldgefühlen getrieben, die Nähe des Mannes, der den Tod seiner Familie nie verwunden hat. Ein anrührendes, hervorragend gespieltes Drama um Schuld und Erlösung, das glaubwürdig die Annäherung zweier tief verletzter Menschen beschreibt. Mit der Metapher eines neu entdeckten Planeten, der ein Duplikat der Erde ist und auf dem jeder Mensch einen Doppelgänger hat, stellt der Film Fragen nach Identität und Selbstbetrachtung. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
ANOTHER EARTH
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Artists Public Domain
Regie
Mike Cahill
Buch
Mike Cahill · Brit Marling
Kamera
Mike Cahill
Musik
Fall On Your Sword
Schnitt
Mike Cahill
Darsteller
Brit Marling (Rhoda Williams) · William Mapother (John Burroughs) · Matthew-Lee Erlbach (Alex) · DJ Flava (DJ Flava) · Meggan Lennon (Maya Burroughs)
Länge
92 Minuten
Kinostart
10.11.2011
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Diskussion
Rhoda Williams, eine überaus begabte junge Frau, hat soeben erfahren, dass sie ins Astrophysik-Programm des Massachusetts Institute of Technology aufgenommen wurde. Ein Grund zum Feiern. Als sie anschließend angetrunken nach Hause fährt, hört sie im Autoradio die Nachricht von der Entdeckung eines Planeten, der von der Erde aus mit bloßem Auge zu sehen sei. Neugierig sucht sie den Himmel ab und kracht in ein anderes Auto. Eine schwangere Frau und ihr Sohn sterben, der Fahrer, der Komponist John Burroughs, fällt in ein tiefes Koma. Vier Jahre später. Rhoda wird aus dem Gefängnis entlassen, ihre Karriere als Astro-physikerin ist dahin, und das ausgerechnet in dem Moment, wo man das Geheimnis von „Erde 2“, wie man den neuen Planeten inzwischen nennt, entdeckt hat: Das parallele Universum ist ein exaktes Duplikat der Erde, jeder Mensch hat einen Doppelgänger. Rhoda nimmt einen Job als Schul-Hausmeisterin an und stellt sich, von Schuldgefühlen getrieben, unter einem Vorwand bei John Burroughs als Putzfrau vor. Burroughs hat den Verlust seiner Familie nie verwunden, ist Alkohol- und Medikamenten-abhängig. Antriebslos lebt er in den Tag hinein, weder fähig zu arbeiten noch den Haushalt zu besorgen. Rhoda gibt sich nicht zu erkennen, und so erlaubt er es, dass die junge Frau seine Wohnung auf Vordermann bringt und ihn allmählich ins Leben zurückholt. Rhoda nimmt inzwischen an einem Schreib-Wettbewerb teil. Als Gewinn winkt die Teilnahme an einem Weltraumflug zu „Erde 2“. Was zunächst wie ein Science-Fiction-Film anmutet, entpuppt sich mehr und mehr als ein Kammerspiel um Schuld und Vergebung, um Trauer und Verlust, Reue und Bedauern, aber auch um die Möglichkeit einer zweiten Chance oder zumindest einer anderen Entscheidung. Am besten nähert man sich dem Film, indem man die zweite Erde als Metapher begreift, die die Protagonistin zur Selbstbetrachtung veranlassen soll. Wer ist dieses Alter Ego? Hat es dasselbe Leben geführt? Oder hat es einen anderen Weg eingeschlagen, der alternative Lösungen zulässt? Mike Cahill, der sich als Co-Autor, Regisseur, Kameramann, Cutter und Produzent größtmögliche Kontrolle über seinen Film sichern wollte, vertieft diese Fragen nicht allzu sehr und will sie nur als Denkanstoß verstanden wissen. Man hat darum nie das Gefühl, es mit außerirdischem Leben oder einer parallelen Welt zu tun zu haben, sodass die Prämisse ein Gedankenspiel bleibt: Was sage ich, wenn ich mir selbst begegne? Oder präziser: Wie denke ich über mich selbst nach? Dem geplanten Weltraumflug kommt so eine andere Bedeutung zu. Hier geht es nicht darum, Entfernung zu überwinden, sondern zu sich selbst zu finden. Viel wichtiger als die Science-Fiction-Elemente ist die Beziehung zwischen Rhoda und Burroughs, die durch Schuld und Depression unheilvoll aneinander gekettet sind. Vor allem die 27-jährige Brit Marling überzeugt mit wenigen Gesten als einsame, verletzte Frau, die nach Buße sucht. Kaum einmal, dass sie etwas sagt oder aus sich herausgeht. Je näher sie Burroughs kommt, desto wärmer werden die Farben, die zu Beginn noch von einem kalten Blau bestimmt waren. „Another Earth“ ist in dieser sensiblen Annäherung zwischen Mann und Frau am ehesten mit Urszula Antoniaks „Nothing Personal“ (fd 39 796) vergleichbar, ohne dessen dramatische Wucht zu besitzen. Trotzdem: Man muss schon den Mut, vielleicht auch die Naivität bewundern, mit dem Regiedebütant Cahill eine zweite Erde auf die Leinwand bannt, um Fragen nach Identität und Selbstbetrachtung zu stellen.
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