Best Exotic Marigold Hotel

Komödie | Großbritannien 2011 | 123 Minuten

Regie: John Madden

Aus unterschiedlichen Gründen verschlägt es sieben britische Rentnerinnen und Rentner in ein indisches Hotel, das ihr Altersdomizil sein soll. Statt in der erwartet luxuriösen Anlage stranden sie in einem baufälligen Altbau. Allmählich gelangen sie zu der Erkenntnis, dass das Sich-Einstellen aufs Senioren-Dasein nicht nur eine äußere Reise, sondern auch innere Beweglichkeit erfordert. Stimmungsvoll nutzt der Film den exotischen Schauplatz als metaphorisches Bild für die Fremdheitserfahrung, im Alter mit dem Lebensstil der Restgesellschaft überfordert zu sein. Dank des furiosen Darsteller-Ensembles gelingt ein unterhaltsamer und berührender Reigen sich verschränkender Schicksale. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
THE BEST EXOTIC MARIGOLD HOTEL
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Blueprint Pic.
Regie
John Madden
Buch
Ol Parker
Kamera
Ben Davis
Musik
Thomas Newman
Schnitt
Chris Gill
Darsteller
Judi Dench (Evelyn) · Bill Nighy (Douglas) · Penelope Wilton (Jean) · Dev Patel (Sonny) · Celia Imrie (Madge)
Länge
123 Minuten
Kinostart
15.03.2012
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Komödie | Drama | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Verleih DVD
Fox (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Fox (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl., dts dt.)
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Diskussion
Die Luft ist stickig, die Hitze schweißtreibend, und das lärmende Chaos aus hupenden Autos, klapprigen Bussen und wimmelnden Menschenmassen raubt einem die Sinne. Die furiose Montage aus hektischen Bildern und Klängen katapultiert einen direkt ins Herz der indischen Millionenstadt Jaipur. Sichtlich überfordert bahnen sich sieben englische Senioren ihren Weg durch die erdrückende Szenerie. Zu Beginn noch Fremde, zieht es sie aus gänzlich unterschiedlichen Gründen ins titelgebende indische Hotel. Das einst glanzvolle Luxusanwesen entpuppt sich jedoch zum Schrecken der neuen (und einzigen) Gäste als stark sanierungsbedürftiges Quartier. Hier ist fließend Wasser ebenso Mangelware wie ein Telefonanschluss oder intakte Zimmertüren. Herr über das Chaos ist der junge Hotelerbe Sonny, dem es durch seine charmante Beharrlichkeit gelingt, die frustrierte Seniorengruppe zum Bleiben zu überreden. Nach und nach arrangieren sich die sieben Rentner mit den Zuständen sowie der exotischen Fremde und beginnen ihre individuelle Suche nach dem, was sie hierher geführt hat. Bereits die Riege an englischen Schauspielern lässt Großes erwarten, und obwohl der Film in Bezug auf den außergewöhnlichen Cast fast schon überfrachtet wirkt, geht die Rechnung auf. Da gibt es kein gegenseitiges An-die-Wand-Spielen und Sich-in-den-Vordergrund-Drängen. So unterschiedlich die Charaktere sind, so virtuos spielen sie sich die Bälle zu und harmonieren in jeder Konstellation großartig miteinander. Etwa Tom Wilkinson als ehemalige Richter Graham, der als einziger Land und Leute schon aus seiner Jugendzeit kennt; nach und nach erfährt man, dass er, von schweren Schuldgefühlen geplagt, nach Indien zurückkehrte, um seine einstige große Liebe wiederzufinden. Im „Best Exotic“ freundet er sich mit Jean an, die sich einen luxuriösen Ruhestand in exotischer Umgebung erhofft; doch dieser Traum entpuppt sich als ebenso illusorisch wie die Vorstellung, dass sie und ihr Mann Douglas ihrer Ehe neues Leben einhauchen könnten. Während Douglas voller neu entdecktem Tatendrang die fremde Kultur in sich aufsaugt, verschanzt sich Jean frustriert und verängstigt im Hotel. Ganz anders ergeht es der schüchternen Evelyn. Frisch verwitwet und pleite, beginnt die einst unselbstständige Frau allmählich, ihren eigenen Wert zu erkennen. Überraschend stellt sie fest, dass sich ihr fernab der Heimat Möglichkeiten eröffnen, das Leben endlich selbst in die Hand zu nehmen. So wie sie bringt jeder der Gäste seinen seelischen Ballast mit ins indische Hotel, wo sie die Gelegenheit zum späten Neuanfang geboten bekommen. Dem speziellen Setting des Films fällt dabei eine besondere Rolle zu. Die Darstellung der farbenfrohen indischen Millionenstadt bleibt indes, wenngleich durch eine hervorragende Kameraarbeit und Montage transportiert, ambivalent. John Madden verzichtet auf eine überdeutlich touristische Perspektive, und so ist Jaipur zwar voller Sehenswürdigkeiten jedweder Art; die Ausflüge dorthin unternimmt Douglas jedoch ohne den Zuschauer. Im Gegenzug dazu werden die (nicht allzu dramatischen) Schattenseiten der Stadt nicht ausgespart, als die kratzbürstige Muriel in der Hütte einer „Unberührbaren“ gastiert. Das wirkt erfrischend, bleibt aber auch oberflächlich, da sich der Film nicht sonderlich für die Lebensverhältnisse der Slum-Bewohner interessiert. Zudem werfen die Bilder der unorganisierten und übervölkerten Straßen mitunter die Frage auf, inwiefern hier zugunsten der Dramatisierung nicht einfach nur Klischees bemüht werden. Letztlich dient Indien vor allem als kontraststarke Folie, um das eigentliche Thema besonders lebhaft darzustellen: das Fremdheitsgefühl, das alte Menschen in einer Gesellschaft befallen kann, in der sie nicht (mehr) richtig dazu gehören, weil sie mit deren Tempo und Gepflogenheiten nicht mehr zurechtkommen. Die Handlung hätte im Grunde auch in London spielen können; durch die exotische Kultur wirkt die Darstellung der verunsicherten Senioren, die mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben und dem Eintritt in die Lebensphase „Alter“ um Orientierung ringen, aber besonders eindringlich. Erzählerisch hat sich Madden durchaus einiges vorgenommen. So werden nicht nur die gleichermaßen komischen wie anrührenden Geschichten der sieben Gäste erzählt, sondern auch die Liebesgeschichte des Hotelmanagers Sonny, dem eine arrangierte Ehe droht. Dabei kommt nie Langeweile auf, doch gelegentlich wünscht man sich, die wunderbaren Figuren intensiver kennen zu lernen. Gerade Celia Imrie (als lebensfrohe Madge) und Ronald Pickup (als sympathischer Hochstapler Norman) strotzen vor diebischer Spielfreude. Dem Film gelingt der Spagat zwischen Drama und Komödie, ohne zu seicht oder zu bitter zu werden. Madden nimmt dem Herbst des Lebens etwas von seinem Schrecken und gibt ihm ein positives, hoffnungsfrohes Gewand. Lediglich das Ende scheint ein wenig zu perfekt, aber das verzeiht man dem Film, weil man jeder der Figuren ihr persönliches Happy End gönnt.
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