© DCM/Master Mind ("Perfect Days")

Neuer Kinotipp: "Perfect Days"

„Perfect Days“ ist neuer Kinotipp der Katholischen Filmkritik im Monat Dezember

Veröffentlicht am
21. Dezember 2023
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Das Drama „Perfect Days“ von Wim Wenders ist neuer Kinotipp der Katholischen Filmkritik. Der Film folgt in großer Gelassenheit den von einfachen Routinen geprägten, aber erfüllenden Tagen eines Toilettenreinigers in Tokio. Dessen Entscheidung für ein geruhsames Dasein regt dazu an, stillen Glücksmomenten im eigenen Leben nachzuspüren.


Hirayama (Kôji Yakusho) lebt in seiner eigenen Welt. Der etwa 50-jährige Japaner führt ein ruhiges, in sich ruhendes Leben in Tokio. Am Morgen wird er vom sanften Geräusch eines Besens geweckt, der über die Straße streicht. Nach seiner knappen Morgenroutine macht er sich auf den Weg zur Arbeit, die darin besteht, öffentliche Toiletten zu säubern; kleine, erstaunlich modern und minimalistisch designte Funktionsgebäude, oft umgeben von winzigen Parkanlagen, fast schon Oasen inmitten der Großstadt.

Hirayama arbeitet gewissenhaft, aber ohne Eile. Auch nach Feierabend bewegt sich sein Leben in den Bahnen einer Routine, die ihren Frieden mit sich selbst gemacht hat. Und auch dann, wenn es darum geht, sich das Leben zu verschönern, greift Hirayama stets auf dieselben Mittel zurück: auf Audiokassetten mit Popsongs der 1960er- und 1970er-Jahre und antiquarische Bücher von Patricia Highsmith, William Faulkner und Aya Koda sowie die Fotografie.

Diese Vorlieben sind die offensichtlichste Gemeinsamkeit der Hauptfigur in dem stillen Drama „Perfect Days“ mit seinem Regisseur Wim Wenders. Der in Japan gedrehte Film entspringt der Begeisterung des deutschen Filmemachers für die Werke von Yasujirô Ozu, wenngleich Wenders emotional gedämpfter vorgeht. Über weite Strecken wirkt „Perfect Days“ fast wie ein Stummfilm, weil wenig gesprochen wird und Hirayama meist auch mit sich alleine ist; dennoch fühlt er sich nicht einsam, sondern nimmt seine Umwelt mit wachen Sinnen wahr und hat sein Leben entlang der stetig wiederkehrenden Rituale strukturiert.

Die Gleichförmigkeit seines Lebens und Hirayamas Fähigkeit, Schönheit an Orten entdecken zu können, die andere nicht beachten oder nur zur Erfüllung von Bedürfnissen aufsuchen, hängen untrennbar zusammen. Sein stilles Lächeln, das er mit Vorliebe dann aufsetzt, wenn einer seiner Mitmenschen ihn im Positiven überrascht, prägt den Film.

Kôji Yakusho als Toilettenreiniger Hirayama in "Perfect Days" (DCM)
Kôji Yakusho als Toilettenreiniger Hirayama in "Perfect Days" (DCM)

Lange ist über die Hauptfigur auch nur das zu erfahren, was unmittelbar auf der Leinwand passiert. Informationen über sein Vorleben hält der Film zurück; er lebt genauso im Moment wie Hirayama. Nur wenn dessen Routinen gestört werden, durch Zwischenfälle wie das plötzliche Auftauchen seiner Nichte, gerät sein austariertes Leben vorübergehend aus dem Gleichgewicht. Über solche Störungen erfährt man etwas mehr über seine Persönlichkeit, insbesondere, dass er sich aus freien Stücken für seine unspektakuläre Lebensweise entschieden hat.


Einfache Geschichte, unaufgeregte Meisterschaft

Die Jury der Katholischen Filmkritik würdigte „Perfect Days“ als poetisch-ruhiges, aber auch sehr bewegendes Drama, das um die Frage „Was ist Glück?“ kreist. Die einfache Geschichte, die in dokumentarischer Art und Weise, geradlinig und ohne Auslassungen oder größere Zeitsprünge erzählt wird, berührt gerade in ihrer Einfachheit. Durch die beinahe rituellen Handlungen der Hauptfigur, die alles mit Konzentration, Ruhe und innerer Überzeugung verrichtet, führt der Film zu einem geradezu meditativen Kinoerlebnis.

Als besonders bemerkenswert lobte die Jury auch die Kunst, mit der Wim Wenders die immer gleichen Tagesabläufe filmisch variiert. Darin liegt eine große, unaufgeregte Meisterschaft, deren Basis eine tiefe Liebe zu den gezeigten Abläufen und Menschen ist.

In den Augen der Jury leistet auch der Hauptdarsteller Kôji Yakusho einen großen Beitrag zur Wirkung des Films. Sein Spiel ist exzellent in seiner Unaufgeregtheit und Entspanntheit und transportiert ungeheuer viel von der Persönlichkeit Hirayamas; die konzentrierten langen Einstellungen fangen oft ein stilles Feuerwerk menschlicher Mimik ein. So hat der Schauspieler großen Anteil daran, dass Hirayamas Lebensstil zwar wie aus der Zeit gefallen wirkt, aber dennoch deutlich wird, dass ihm eine bewusste Entscheidung zugrunde liegt. Sein von Aufregungen und Störungen möglichst freies Leben ist gewissermaßen die Essenz zahlreicher Entscheidungen in seiner Vergangenheit. Gleichzeitig nimmt er die sich bietenden Glücksmomente wahr, erfreut sich an ihnen und genießt den Augenblick.

Damit bietet Hirayama sich auch als Identifikationsfigur für das Publikum an, wie die Jury betont. Hirayama hat sein Glück nicht nur in der einfachen Lebensweise gefunden, die keinen Wert auf Besitz oder besondere Ereignisse legt. Durch seine Vorliebe für alles Analoge repräsentiert er auch eine Zugewandtheit zum Unmittelbaren und Vorfindlichen. Dazu passt seine gleichbleibende Freundlichkeit und Zugewandtheit allen Menschen gegenüber. Hirayamas Blick nach oben in den Himmel, in das lichtdurchschienene Blätterdach der Bäume, lädt dazu ein, durchzuatmen, den Blick gleichfalls nach oben zu wenden und den Freuden und sinnerfüllten Momenten im eigenen Leben nachzuspüren.

„Perfect Days“ läuft ab 21. Dezember in den deutschen Kinos.
„Perfect Days“ läuft ab 21. Dezember in den deutschen Kinos


Der Kinotipp der Katholischen Filmkritik“ ist ein Qualitätssiegel, mit dem Filme hervorgehoben werden, die in besonderer Weise religiöse Themen aufgreifen, von menschlichen Nöten, Sorgen und Hoffnungen erzählen, Antworten auf existenzielle Fragen formulieren oder gegen den Status quo einer selbstzufriedenen Welt aufbegehren.

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