Die Petrows leben als durchschnittliche Familie in der russischen Fabrikstadt Jekaterinburg. Die Sowjetunion ist zerfallen, die Stadt ist kalt, rau und ärmlich. Kurz vor dem Silvesterabend erkrankt die ganze Familie an der Grippe, was bei Sohn, Vater und Mutter zu ganz unterschiedlichen Zuständen führt. Petrow trifft auf der Straße seinen alten Freund Igor, der mit einem Leichenwagen unterwegs ist.
Auf der Suche nach Wodka verlieren sie die Leiche, stoßen dabei aber auf ihren den erfolglosen Romanautor Sergej, dessen Figuren sich in schwulen Kitschfantasien verlieren. Die Räume gehen dabei ineinander über; Realität, Fieber- und Alkoholwahn verschmelzen. Petrows Ex-Frau erscheint zwar bodenständiger; sie arbeitet, wenn sie nicht gerade mit ihrem Ex-Mann streitet, als Bibliothekarin. Doch in ihren Träumen verwandelt sie sich in einen mordenden Racheengel, der misshandelnde Männer zur Rechenschaft zieht.
Die Figuren finden nur dann zur Ruhe, wenn sie sich in eine
schwarz-weiße sowjetische Nostalgiezeit zurückträumen, in der sie Kinder waren,
sich verkleideten und ihnen die Schneefee zusammen mit Väterchen Frost ihnen am
Neujahrstag Geschenke brachte.
„Familie Petrow hat Grippe“ von Kirill Serebrennikow ist ein Trip
durch die kollektive Psyche der postsowjetischen Gesellschaft. In rauschenden
Kamerafahrten durch mal realistische, mal surreale Sets entsteht ein Strom an
Bildern und Situationen im Fieberwahn; ein Abstieg in die Unterwelt, der
packend und rätselhaft zugleich ist. Die intensiven, mitreißenden Bilder
rauschen durch die von schmutzigen und abstoßenden Details geprägten Stationen
und sind in ihrer Unbarmherzigkeit als Rundumschlag gegen ein implodierendes
Land zu verstehen. - Sehenswert ab 16.