Es war eine Entscheidung der Wettbewerbs-Jury in Cannes, die ebenso Zuspruch wie heftige Ablehnung ernte: Tatsächlich ist „Titane“, der erst zweite Film einer Regisseurin, der die „Goldene Palme“ gewann, alles andere als leichte oder herkömmliche Kost und ließ simple Gleichsetzungen eines „Female Gaze“ mit sanft dahingleitenden Befindlichkeitsdramen brutal auflaufen. Julia Ducournau stellt die Erotik-Tänzerin Alexia (Agathe Rousselle) in den Fokus der Handlung, die zur mehrfachen Mörderin wird, auf der Flucht die Identität eines seit einem Jahrzehnt vermissten Jungen annimmt und bei dessen Vater Vincent (Vincent Lindon), einem Feuerwehrmann, Unterschlupf findet. Außerdem ist sie, wie sich zeigt, auf mysteriöse Weise schwanger.
Der am ehesten mit dem Bodyhorror verwandte Genre-Mix erzählt von Flucht und scheinbarer Obhut als fantastischem Rausch, der Geschlechtsidentitäten ebenso vermengt wie Fleisch und Metall. Die spektakulären Motive sind weniger zeitgeistige Diskursbeiträge zu Themen wie Transsexualität oder „toxischer“ Männlichkeit, sondern eher von der Kraft des Affekts geleitete und mit viel Finesse rauschhaft kanalisierte filmische Übersteuerungen. – Ab 18.