Durch einen genetischen Fehler altert ein Kind mit vierfacher Geschwindigkeit. Gefangen in der Physiognomie eines Erwachsenen, droht das kindliche Gemüt am Außenseiterdasein zu zerbrechen, bis es Aufnahme in einen Freundeskreis findet. Ein Plädoyer für intensivierte Lebenserfahrung im Angesicht des Todes, die für einen Kinder- und Familienfilm ernste Fragen aufwirft, die auf spielerische Art beantwortet werden; detailverliebt und in kleinem Rahmen inszeniert.
- Sehenswert ab 10.
Jack (1996)
Drama | USA 1996 | 113 Minuten
Regie: Francis Ford Coppola
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Filmdaten
- Originaltitel
- JACK
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 1996
- Produktionsfirma
- Hollywood Pictures/American Zoetrope
- Regie
- Francis Ford Coppola
- Buch
- James DeMonaco · Gary Nadeau
- Kamera
- John Toll
- Musik
- Michael Kamen
- Schnitt
- Barry Malkin
- Darsteller
- Robin Williams (Jack Powell) · Diane Lane (Karen Powell) · Brian Kerwin (Brian Powell) · Jennifer Lopez (Miss Marquez) · Bill Cosby (Lawrence Woodruff)
- Länge
- 113 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 10.
- Genre
- Drama | Familienfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Einer Achterbahnfahrt hat Coppolas Karriere stets geglichen, und es ist eine weitere ironische Pointe, daß gerade "Jack', ein wie es schien sicheres Star-Vehikel für Robin Williams, 1996 an den amerikanischen Kinokassen hoffnungslos unterging. Auch in Deutschland wurde der Start dieses melancholischen Familienfilms, der nicht von ungefähr an "Forrest Gump" (fd 30 995) erinnert, ein ums andere Mal verschoben. Coppola erzählt von wenig anderem als von der Kostbarkeit der Lebenszeit: fast jedes Bild von "Jack" enthält ein memento mori und eine Erinnerung an die Endlichkeit des Daseins. Die Geburt Jacks steht unter keinem guten Stern. Seine Mutter überraschen die Wehen während eines Kostümfestes, und ausgerechnet im Gewand jener "bösen Hexe des Westens", die im Klassiker "Wizard of Oz" für allerhand Unfrieden im Märchenreich sorgte, kommt sie ins Krankenhaus. Daß Jack kein gewöhnliches Kind ist, wird nur allzu bald offenbar: Ein genetischer Fehler läßt ihn mit vierfacher Geschwindigkeit altern, und als er schließlich eingeschult wird, gleicht er physisch bereits einem Erwachsenen. Seine Mentalität und Verspieltheit aber ist die eines Kindes, das fortan zu einem Außenseiterdasein verurteilt ist. Aus elterlicher Besorgnis von der Schule genommen, leidet er unter Einsamkeit, bis ihn die Nachbarskinder endlich aus der Reserve locken. Und wenn Jack schließlich mit einer rührenden Rede die High School abschließt, gleicht er äußerlich bereits einem Rentner.So einfach ist die Geschichte dieses Films, nicht mehr als eine Idee, deren Ausführung erkennbar von der Improvisation mit den Darstellern lebt. Zu dieser Skizzenhaftigkeit bekennt sich auch die Ausführung, die sich auf wenige Schauplätze konzentriert, visualisiert mit den Primärfarben eines Buntstiftkastens und den verzerrten Perspektiven kindlicher Wahrnehmung. Kennt man Coppolas Vorliebe für überstilisierte, mitunter ins Monumentale greifende Ausstattungen, ist man überrascht, daß sein erster Film nach dem aufwendigen "Dracula" (fd 30 049) dagegen fast wie eine Miniatur anmutet. Das barocke Thema hat nicht den Rubens in ihm interessiert, sondern eher den Breughel; und mit entsprechender Lakonie gestaltet sich diese Erinnerung an die Endlichkeit des Lebens und die Kostbarkeit der Gegenwart zu einem der charmantesten unter den Nebenwerken eines großen Regisseurs.Zeitrafferaufnahmen lassen kaum merklich die Wolken etwas schneller über den Himmel ziehen und verdeutlichen so die Geschwindigkeit von Jacks Leben, die zunächst zum Anlaß für Resignation, später aber für intensivierte Lebenserfahrung genommen wird. In einer anderen Szene dienen Bilder eines Schmetterlings als visuelle Metapher für Jacks kürzeres, aber außergewöhnliches Leben. Obwohl Coppolas Film nicht in das Genre des "Krankenfilms" gehört, ist er offen für Reflexionen über verbliebene oder neu zu entdeckende Lebensqualitäten im Angesicht tödlicher Erkrankungen. So fantastisch das Sujet, so berührend emotional sind die daraus entwickelten Facetten; und so allgemein der Grundton ist, so individuell sind die möglichen Bezugspunkte. Schon jetzt ist dies ein verkannter Film - kein großer, aber ein liebenswerter Film, der Spiel und Ernst in ungewohnter und höchst virtuoser Weise in Einklang bringt. Wenn es eine Erklärung gibt für das kommerzielle Scheitern, so ist es der für einen Kinder- und Familienfilm unvermutete Einbruch einer Traurigkeit, die eben auch ein Teil der Kindheit ist - so gern man dies auch später vergessen mag.
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