Es ist ein Elch entsprungen

- | Deutschland 2005 | 90 Minuten

Regie: Ben Verbong

Bei einer Testfahrt mit dem Weihnachtsmann geht dessen sprechender Elch verloren und landet bei einer Familie in Süddeutschland, die unter dem strengen Hausbesitzer, aber auch unter der langen berufsbedingten Abwesenheit des Vaters leidet. Beste Unterhaltung für die ganze Familie, bei der sich spannende und komische Situationen die Waage halten. Eine warmherzige, sorgfältig inszenierte Weihnachtsgeschichte, stimmungsvoll fotografiert und von einem spielfreudigen Ensemble getragen. Auch tricktechnisch kann der Film Hollywood Paroli bieten. - Sehenswert ab 6.
Zur Filmkritik Im Kino sehen

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
SamFilm/Buena Vista International
Regie
Ben Verbong
Buch
Andreas Steinhöfel · Andreas Bradler
Kamera
Jan Fehse
Musik
Ralf Wengenmayr
Schnitt
Alexander Dittner
Darsteller
Mario Adorf (Weihnachtsmann) · Anja Kling (Kirsten Wagner) · Raban Bieling (Bertil Wagner) · Sarah Beck (Kiki Wagner) · Jürgen Tarrach (Pannecke)
Länge
90 Minuten
Kinostart
24.11.2022
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Samfilm (1:1.85/16:9/Dolby Digital 5.1)
DVD kaufen

Diskussion
Mit dem Widerstandsdrama „Das Mädchen mit dem roten Haar“ (fd 23 814) schrieb Ben Verbong 1981 niederländische Filmgeschichte, und auch seine folgenden Kinofilme (u.a. „Lily was Here“, fd 28 567) erregten international Aufsehen. In den 1990er-Jahren wandte er sich mehr dem Fernsehen zu, wagte den Sprung über die Grenze nach Deutschland und inszenierte „Tatort“-Krimis und Serien („Die Gang“). 2001 kehrte er zum Kino zurück und schuf mit den beiden „Sams“-Filmen (fd 35 088/fd 36 260) zwei der erfolgreichsten deutschen Kinderfilme. Mit „Es ist ein Elch entsprungen“ beweist Verbong nun, dass Weihnachtsfilme für die ganze Familie nicht ausschließlich die Domäne Hollywoods sein müssen. Mit überschäumender Fabulierlust entwirft er die Geschichte vom sprechenden Elch Mr. Moos, der bei einer Testfahrt mit dem Weihnachtsmann aus der Kurve getragen wird, irgendwo im süddeutschen Raum landet und im Haus der Wagners „Sören“ und „Billy“ auseinander nimmt. Aber nicht nur die Möbel haben Namen; auch der zehnjährige Bertil ist offensichtlich nach einem IKEA-Einrichtungsgegenstand benannt. Zusammen mit seiner Schwester Kiki, einem wandelnden Lexikon, und seiner Mutter Kirsten wohnt Bertils Familie unterhalb des Schlosses ihres unsympathischen Vermieters Pannecke. Der versucht nicht nur, die Einsamkeit der Mutter auszunutzen, die unter der monatelangen Abwesenheit ihres am Südpol forschenden Mannes leidet, sondern hat auch ein striktes Haustier-Verbot erlassen. Mr. Moos muss deshalb so lange versteckt bleiben, bis ihn der Weihnachtsmann wieder gefunden hat. Der schlägt sich derweil per Anhalter durch Europa und landet ausgerechnet im Wagen von Kirstens Mutter, die Gefallen an dem skurrilen Mann mit dem karierten Anzug findet. Auch Gerlinde ist mittlerweile im Haus der Wagners eingetroffen, um mit ihrer besten Freundin Weihnachten zu feiern und sie zu trösten, da der Vater auch über die Feiertage in der Ferne weilt. Da Bertil seinen neuen Freund unbedingt behalten will, Pannecke scharf auf dessen Geweih ist und der Weihnachtsmann Mr. Moos unbedingt braucht, um alle Kinder bescheren zu können, ergeben sich viele komische und spannende Situationen bis zum Happy End, bei dem dank Mr. Moos Milchstraßenstaub sogar Bertils größter Wunsch in Erfüllung geht. Es ist nicht nur der animatronisch bewegte Elch, der mit Hollywoods Trickspezialisten mithalten kann. Auch das mit hintersinnigem Wortwitz gespickte Drehbuch und die fein zwischen Aufregung und ruhigeren Momenten balancierende Inszenierung sprechen junge wie erwachsene Zuschauer gleichermaßen an. Mit dem von seinen Klassenkameraden ständig gehänselten Bertil wird sich mancher Junge identifizieren können, wie auch das altkluge Schwadronieren der älteren Schwester manchem bekannt vorkommen mag. Natürlich hält man in der Not zusammen, weshalb schließlich auch die Quälgeister ihr Fett abbekommen. Das alles spielt sich ohne dramatische Überspitzung ab, da die Spannungsmomente wohl dosiert sind und sich genau so schnell wieder auflösen wie Bertils Begegnung mit Panneckes Dobermann. Man merkt jeder Szene ihr Gespür für die Rezeptionsmöglichkeiten der jungen Zielgruppe an, ohne dass Regie und Buch die älteren Zuschauer unterfordern würden. Außerdem lacht man immer mit den Protagonisten statt über sie. Wenn der Film dann doch einmal Klischees bedient, löst er sie postwendend so launig auf, dass man ihm nicht böse sein kann. Hinzu kommt eine mit überbordender Spielfreude auftrumpfende Darstellerriege, angeführt von der bezaubernden Anja Kling, deren Ausstrahlung jeden Weihnachtsstern in den Schatten stellt, einer wunderbar altklugen Sarah Beck und dem unprätentiös-natürlichem Raban Bieling. Selbst der zum Changieren neigende Mario Adorf wird unter Verbongs sicherer Hand zum unwiderstehlichen Charmeur. Auch die wandlungsfähige Stimme von Armin Rohde trägt dazu bei, dass einem der rülpsende und französisch parlierende Mr. Moos ans Herz wächst. Eingepackt in die warmen Farben der Kamera kommt schnell (vor-)weihnachtliche Stimmung auf. So verlässt man das Kino mit einer unaufdringlich formulierten Botschaft („Glaub’ an deine Wünsche“) und in der Hoffnung, dass Mr. Moos auch im nächsten Jahr nicht die Kurve kriegt und erneut in den Kinos „einschlägt“.
Kommentar verfassen

Kommentieren