Beat
Drama | Deutschland 2018 | 464 (acht Episoden) Minuten
Regie: Marco Kreuzpaintner
Filmdaten
- Originaltitel
- BEAT
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2018
- Produktionsfirma
- Hellinger / Doll Filmproduktion
- Regie
- Marco Kreuzpaintner
- Buch
- Norbert Eberlein
- Kamera
- Philipp Haberlandt
- Schnitt
- Johannes Hubrich
- Darsteller
- Jannis Niewöhner (Robert "Beat" Schlag) · Karoline Herfurth (Emilia) · Christian Berkel (Richard Diemer) · Alexander Fehling (Philipp Vossberg) · Kostja Ullmann (Jasper)
- Länge
- 464 (acht Episoden) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 16; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Serie | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Marco Kreuzpaintners Thriller-Serie um einen Techno-Promoter (Jannis Niewöhner), der vom europäischen Geheimdienst als Informant angeheuert wird.
Die ewige Suche nach Verbundenheit ist das Thema von „Beat“: Seine Einsamkeit hinter sich zu lassen, danach sehnt sich in dieser Berlin-Serie so ziemlich jeder. Auf der Handlungsebene geht es um Techno, Sex und Drogen, Menschenschmuggel und Organhandel, Spionage und einen irren Psychopathen. Die Folie aber, vor der sich diese Story entfaltet, handelt von der Sehnsucht nach Nähe und der Auflösung der eigenen Grenzen. In diesem Punkt sind sich der Techno-Promoter Robert Schlag, genannt Beat, und seine Antagonisten, der Psychopath Jasper Hoff, sowie der milliardenschwere Oberfiesling Philipp Vossberg durchaus ähnlich. Beat (Jannis Niewöhner), dessen Eltern in seiner Kindheit spurlos verschwanden, hat immerhin in seinem besten Kumpel Paul (Hanno Koffler) sowie dessen Frau und Sohn eine Ersatzfamilie gefunden.
Jasper Hoff (Kostja Ullmann) ist sozusagen sein Negativ, sein schreckliches Gegenstück: Aufgewachsen im selben Kinderheim wie Beat, hat sich das emotional vernachlässigte Kind in seiner Einsamkeit verkrochen wie in einem Schneckenhaus. Und ist darüber, so die Erzähllinie von „Beat“, zum Psychopathen geworden. Philipp Vossberg (Alexander Fehling) hingegen ist der neue Geschäftspartner von Beats Freund Paul, die beiden betreiben zusammen den Berliner Techno-Club „Sonar“: Wenn der dubiose Investor mal ins Reden gerät, dann sind die Einsamkeit und Nicht-Existenz wahrhaftiger Beziehungen sein Lieblingsthema.
Feiern bis zum Abwinken - oder bis zwei Frauenleichen von der Decke hängen
Natürlich steht auch hinter der Ekstase, der im „Sonar“ jede Nacht gefrönt wird, der Wunsch, sich in einem großen Ganzen aufzulösen – in der Masse der Feiernden, im Drogennebel, im Sex. Der von Jannis Niewöhner unglaublich facettenreich und schlicht großartig gespielte Beat ist stets mittendrin: Er organisiert die Künstler und DJs für den Club, feiert aber auch bis zum Abwinken. Einen jähen Dämpfer erhält dieses Leben, als eines Tages zwei weibliche Leichen an der Decke des Clubs hängen. Die Spur führt bald zu Jasper Hoff, der sich dem Zugriff der Polizei jedoch entziehen kann. Zeitgleich versucht Richard Diemer (Christian Berkel), ein Funktionär des (fiktiven) europäischen Geheimdienstes ESI, Beat als Informanten anzuheuern. Diemers Kollegin Emilia (Karoline Herfurth) soll den Techno-Fan davon überzeugen, Vossberg zu bespitzeln, der im Verdacht illegaler Waffengeschäfte steht. Dass der aber auch Flüchtlinge entführen lässt und sie auf einem heruntergekommenen Hof als Ersatzteillager für Organentnahmen benutzt, ist da noch niemandem klar. Beat willigt in den Deal mit dem ESI ein, im Gegenzug soll er Informationen über seine Eltern erhalten.
Ziemlich gelungen ist diese weitere deutsche Amazon-Prime-Serie (nach „You Are Wanted“ von und mit Matthias Schweighöfer oder „Deutschland 86“), wenn auch mit manchen Abstrichen. Drehbuchautor Norbert Eberlein, der etwa schon die grandiose (aber auch grandios gefloppte) Sat-1-Serie „Blackout“ schrieb, und Regisseur Marco Kreuzpaintner, der „Krabat“ drehte, aber auch den US-Film „Trade“ über Sexsklaven und Menschenhandel, haben eine furiose, düstere, vom stampfenden Techno-Rhythmus vorangetriebene Serie geschaffen. Die Story, die in ihrer Plot-Struktur ein wenig an ein „Babylon Berlin“ unserer Tage erinnert, ist packend geschrieben und inszeniert. Handwerklich, optisch und schauspielerisch ist das alles auf höchstem Niveau.
Qualitative Unterschiede zwischen den Handlungssträngen
Dass bei den Amazon Studios das Geld sehr viel lockerer sitzt als in deutschen Fernsehredaktionen, dass hier aber auch fähige Filmemacher engagiert und diesen offensichtlich viele kreative Freiheiten gewährt wurden, sieht und hört man „Beat“ deutlich an. Allerdings zerfällt die Serie in qualitativ recht unterschiedliche Teile: Während Beat und sein feierfreudiges Umfeld sehr authentisch und überzeugend gezeichnet sind, ist der Erzählstrang um Jasper Hoff weitgehend entbehrlich. Das liegt nicht an Darsteller Kostja Ullmann, der sich redlich müht, dem doch eher holzschnitthaften Psychopathen-Klischee, das hier gezeichnet wird, Leben einzuhauchen. Psychisch Gestörte, die von Erlösung faseln, Menschen ausweiden und dazu Conny Froboess hören, hat man so oder so ähnlich einfach schon zu oft gesehen; auch bringt dies die Story von „Beat“ nicht wirklich voran. Anders verhält es sich mit dem Gebaren von Philipp Vossberg: Der kalt philosophierende Sozialdarwinist, herausragend gespielt von Alexander Fehling, bildet ein stimmiges Gegengewicht zu Beat und seiner Welt.
Geschäftemacherei mit dem Elend von Menschen als diabolischer Kreislauf
Eher unpassend für eine Unterhaltungsserie und darin dann fast ein wenig zynisch jedoch erscheint die Plot-„Zutat“ des Organhandels mithilfe von Flüchtlingen: Ein zu abscheuliches und ernstes Thema, um es „en passant“ zu erledigen. Zwar gibt sich die Serie punktuell immer mal wieder politisch, etwa indem sie Vossbergs Geschäfte als sich selbst befeuernden Kreislauf zeichnet: Illegaler Waffenhandel, blutige Konflikte, daraus resultierende Fluchtbewegungen – die der Geschäftsmann dann wiederum zu seiner Bereicherung nutzt.
„Beat“, diese Mischung aus Spionage-Thriller und Subkultur-Porträt, bleibt trotz solcher Exkurse aber vor allem Entertainment. Und bietet damit nicht das nötige Umfeld, ein solch ungeheuerliches Thema sensibel und seriös aufzufangen. In ihrer Milieuzeichnung der Techno-Szene, im Erschaffen von Figuren, die diese Welt bevölkern, im Einfangen von Atmosphäre und Lebensgefühl aber ist die Serie wirklich atemberaubend gut. Die elektronische Musik, ihr Wummern zwischen dicken Bunker-Mauern, das gemeinsame Loslassen und Sich-Hingeben, der Drogenrausch, die körperliche Nähe, das starke Gefühl von Gemeinschaft: Eberlein und Kreuzpaintner schaffen es, die davon ausgehende Faszination spürbar zu machen, ohne sie zu romantisieren. Eine schwierige Gratwanderung, die auch leicht hätte schiefgehen können – hier aber scheinbar mühelos gelingt.