In Between Fridays

Dokumentarfilm | Deutschland 2023 | 97 Minuten

Regie: Maximilian Geschke

Im Jahr 2012 gründete der deutsche Aussteiger Rudi Strelow mit seiner Familie in Südportugal eine Kommune mit dem Ziel einer nachhaltigen Lebensweise. Seitdem ist die alternative Lebensgemeinschaft erheblich gewachsen und finanziert sich durch freitägliche „Pizza Nights“, zu denen in Spitzenzeiten bis zu 1600 Gäste kamen. Seit der Corona-Pandemie sucht die Gruppe nach einer stabileren Finanzierung. Der Dokumentarfilm beobachtet das Leben in der Kommune mit bis zu 80 Freiwilligen, kombiniert mit kurzen Interviews und impressionistischen Landschaftsaufnahmen. Der von viel Sympathie getragene Low-Budget-Film fängt die entspannte Atmosphäre vor Ort ein, lässt eine kritische Auseinandersetzung mit vorgeblichen ökologischen Standards, Selbstausbeutung und Arbeitsbedingungen aber vermissen. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Maximilian Geschke Film- und Videoprod.
Regie
Maximilian Geschke
Buch
Maximilian Geschke
Kamera
Annemarie Chladek
Schnitt
Henrike Dosk
Länge
97 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Dokumentarfilm über eine Aussteiger-Kommune, die im bergigen Südportugal eine alternative Lebensform erprobt, aber auch mit finanziellen Nöten kämpft.

Diskussion

Der Traum vom zwanglosen, selbstbestimmten Leben in südlichen Gefilden, bei ganzjährig freundlichen Temperaturen und mitten in der Natur treibt viele0 Mitteleuropäer um. Auch Rudi Strelow träumte von einer solchen Aussteigerexistenz als Selbstversorger. Nach einem Portugal-Urlaub siedelte er mit seiner damaligen Lebensgefährtin Katharina und ihrem sechsjährigen Sohn Francesco in das Bergland von Monchique im Hinterland der Algarve um. Doch der 55-jährige Auswanderer, der einst Maschinenbau, Betriebswirtschaft und Sozialpsychologie studiert hatte, schätzte die Verhältnisse vor Ort falsch ein. Der Boden war zu karg und die Hitze zu groß für eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung. Das Kollektiv von Späthippies, die sich nahe dem Dorf Tojero für ein nachhaltiges Leben jenseits der Konsumgesellschaft versammelt hatten, drohte am Finanzmangel zu scheitern.

Vom Aussteiger-Traum zum Massenevent

Doch dann hatte Rudi bei einer feucht-fröhlichen Feier mit Freunden eine zündende Idee. Jeden Freitag lud man fortan zur „Pizza Night“ unter freiem Himmel. Die Gäste konnten sich bei einem All-You-Can-Eat-Pizza-Buffet sattessen und auf drei Tanzflächen Party machen. Das Ereignis sprach sich bei Einheimischen und Urlaubern herum und lockte in Spitzenzeiten bis zu 1600 Menschen pro Abend an. Für solche Raves reisten DJs aus ganz Europa an. Auf diese Weise avancierten diese Events zur Haupteinnahmequelle der Lebensgemeinschaft.

Die Verköstigung einer solchen Menschenmenge war nur möglich, weil sich die Kommune vergrößerte und effektiver organisierte. Unter Rudis Leitung avancierte die Selbstversorgergruppe zur „Fridayhappiness Associação“, einer alternativen Kulturgemeinschaft, die darauf hoffte, sich mit Permakulturgärten, Nutztierhaltung, Nachhaltigkeitsprojekten und Kunst-Workshops selbst tragen zu können. Das funktioniert allerdings nur mit bis zu 80 Freiwillige, die bereit waren, in Zelten, Hütten oder ausrangierten Campingwagen zu schlafen und unentgeltlich die Gärten zu bewirtschaften, Tiere zu versorgen und Getränkekisten zu schleppen.

Der Dokumentarfilm von Maximilian Geschke beobachtet das Alltagsleben der Aussteiger. Vier Protagonisten stehen dabei im Mittelpunkt, die sich auch häufiger vor der Kamera äußern: Rudi, Katharina, Francesco und Rudis aktuelle Lebensgefährtin Bea. Die temperamentvolle Italienerin kam 2020 als Volunteer, blieb hängen und organisiert nun die Aufgaben der freiwilligen Mitarbeiter. Insbesondere teilt sie die Dienste in Küche und an der Bar ein. Doch die gelernte Designerin verfolgt mit einem Shop und einer eigenen Mode-Linie auch das Ziel, aus dem Aussteigertraum ein tragfähiges Unternehmen zu machen.

Ein Kernteam organisiert die Idylle

Gelegentlich kommen auch Volunteers zu Wort, die über ihre Erwartungen, Erfahrungen und Sehnsüchte erzählen. Ansonsten streift die Kamera scheinbar ziellos durch das weitläufige Areal mit Restaurant, Bar und Hütten, schaut in den Gärten vorbei oder fährt in klapprigen Autos mit, mit denen Rudi, Katharina oder Bea einkaufen oder Neuankömmlinge abholen. Zwischendurch unterstreichen musikalische Einschübe, oft mit einer Akustikgitarre, die heiter-entspannte Atmosphäre. Einige Party- und Rave-Szenen sind mit Tracks von international bekannten DJs unterlegt.

Das Lebensmodell der Kommune funktioniert, weil das Kernteam bei aller Improvisationskunst die Aufgaben sinnvoll verteilt hat. Rudi zieht als Ideengeber und Koordinator die Fäden und hält den Kontakt zur Außenwelt. Katharina leitet das Pizzateam und hat die Produktion von Alkohol gelernt. Sie lebt in einem adretten Wohnwagen abseits der Kommune. Der 18-jährige Francesco besucht in der 30 Kilometer entfernten Küstenstadt Portimão eine Schule und hilft an den Wochenenden bei den Partys. Er deutet an, dass er irgendwann Rudis Job übernehmen könnten, doch zunächst will er die Welt kennenlernen.

„In Between Fridays“ zeigt aber auch, wie fragil eine solche Existenzform sein kann. Das Aufblühen der Kommune wurde 2020 durch die Corona-Pandemie jäh abgewürgt. Aufgrund der Restriktionen mussten die Partys aussetzen. Rudi gelang es nur mit Mühe, über Spenden, Rücklagen und Kredite 70.000 Euro für den Fortbestand der Associação aufzutreiben. Eine verlässliche Finanzierung gibt es bis heute nicht; die Pizza-Nächte bringen weiterhin das notwendige Geld ein, was mit der Gefahr einer schleichenden Kommerzialisierung verbunden ist. Die Community muss für Pacht, Strom, Wasser und anderes wöchentlich rund 1200 Euro aufbringen. Auch Francesco sind diese ökonomischen Sachzwänge durchaus bewusst: „Wir existieren nicht irgendwo im Weltall. Wir müssen sehen, dass wir überleben.“

Von Sympathie getragen

Einmal spielt Rudi mit dem Gedanken, seine Arbeitszeit zu halbieren, um den Stress zu reduzieren. Doch offenkundig kann er nicht loslassen. Kurz vor Ende des Films besichtigt er verlassene Häuser in Tojeiro und entwirft die Vision eines kulturellen Zentrums mit Kunsthandwerkern und Musikern, das neue Investoren in die bukolische Landschaft locken soll.

Der Low-Budget-Film ist von der Sympathie des Regisseurs für das Projekt getragen, was sich auch in einem Mangel an kritischer Distanz niederschlägt. Zwar werden problematische Punkte durchaus angesprochen, etwa wenn ein Volunteer den Einsatz chemischer Reinigungsmittel in der Küche als nicht nachhaltig moniert. Aber vertieft werden solche Fragen nicht. Das Gleiche gilt für interne Spannungen und Konflikte, die „In Between Fridays“ allenfalls anreißt. Die fragwürdigen Arbeitsbedingungen für die Freiwilligen bleiben komplett außen vor. Hier hätte sich ein genaueres Hinsehen und mutigeres Nachfragen gelohnt.

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