Das Streben nach Perfektion

Dokumentarfilm | Japan 2021 | 82 Minuten

Regie: Toshimichi Saito

Vier herausragende Köche, die in Tokio Restaurants betreiben und selbst kochen, erzählen über ihr Verständnis der japanischen Küche und zeigen, wie sie ihre Speisen zubereiten, die mit Hingabe inszeniert und kunstvoll ins Bild gesetzt werden. Jeder der vier steht für eine andere kulinarische Ausrichtung, vom mehrgängigen Kaiseki-Menü über bunte Kuchen und Gebäck sowie internationale Einflüsse bis zum klassischen Sushi. Formal schreckt der Film nicht vor Kitsch zurück, wie auch die Köche nicht vor Klischees. Doch der Reiz der Exotik funktioniert und vermittelt einen fundierten Einblick in den Reichtum und die Kunst der japanischen Küche. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE PURSUIT OF PERFECTION
Produktionsland
Japan
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
AOI Promotion
Regie
Toshimichi Saito
Buch
Toshimichi Saito
Kamera
Shinnosuke Fukushima
Musik
Dylan Glatthorn
Schnitt
Madoka Miyazaki · Toshimichi Saito
Länge
82 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb

Doku über die japanische Küche, in der vier herausragende Köche aus Tokio ihre Philosophie des Kochens erläutern.

Diskussion

Eine Dokumentation über Kochen ins Kino zu bringen, ist ziemlich ambitioniert. Kochen gehört zur Dutzendware des Fernsehens; dort sieht man Kochen im Wettbewerb, Kochen als Unterricht, Berichte über Köche. Vielleicht bemüht sich der Regisseur Toshimichi Saito deshalb, auch das Essen zu zeigen. Wie es schmeckt, lässt sich dabei nicht vermitteln. Das ist eine bekannte Problematik im Kochfilm, doch visuell erhalten die Speisen in „Das Streben nach Perfektion“ ähnlich viel Raum wie die Köche, deren Geschichte geschildert wird. Lang und in Großaufnahmen sieht man immer wieder ihre Gerichte im Bild, was gelegentlich nahe ans Pathos rutscht, aber trotzdem jedes einzelne Mal lohnenswert ist. Denn „Das Streben nach Perfektion“ erzählt von japanischem Essen, und das ist in seinem visuellen Reiz kaum zu übertreffen.

Jeder Koch hat seine kulinarische Theorie

Aus den über 80 000 Restaurants in Tokio wurden vier ausgewählt, beziehungsweise es wurden vier renommierte Köche gesucht, die in der Stadt ein Restaurant betreiben und selbst kochen. Der Film ist klar strukturiert. Jedes Restaurant lässt sich einer bestimmten Variante der japanischen Küche zuordnen, jeder Koch hat seine persönliche kulinarische Theorie. Man erfährt etwas über ihr Selbstverständnis, das sich dann in dem jeweiligen Essen spiegelt. Die dazugehörigen Gerichte sind bei aller Schönheit in ihrer Form so deutlich unterschieden, dass man bei ihrem Anblick auch als Nicht-Japaner versteht, wovon die Rede ist. Zusätzlich gibt es Kommentare von US-amerikanischen „Food-Journalisten“, auf die man allerdings gut verzichten könnte.

Den Anfang macht die große japanische Tradition, das Kaiseki: ein mehrgängiges Menü, sparsam in der Menge. Oft reicht ein Lacktablett, um alles darauf anzurichten. Die Ursprünge des Gerichts werden von Takemasa Shinohara erläutert, der in der Ginza ein Kaiseki-Lokal betreibt, eher klein, fast eine Bar. Die Erscheinungsformen japanischer Restaurants stellt der Film en passant mit vor, ohne dies extra zu erklären. Zwei der Restaurants haben eine lange Theke, hinter der der Koch steht und vor aller Augen das Essen zubereitet. Die Gäste sind auch Zuschauer; das steigert ihre Spannung. Denn, das wird von allen vier Köchen betont, es ist wichtig, ein Gefühl für das Essen zu bekommen. So erfährt man in „Das Streben nach Perfektion“ nicht nur etwas über das Herstellen und das Geben, sondern auch etwas über das Nehmen.

Asia’s Best Pastry Chef

Nach der Tradition kommt die Unterhaltung. Natsuko Shoji wurde 2020 als erste japanische Frau zu „Asia’s Best Pastry Chef“ gekürt. Ihre Kuchen sind bunt und knallig; sie erinnern eher an Comics als an Patisserie. Sie will sie als Kunst verstanden wissen und erzählt über ihre Zusammenarbeit mit dem Künstler Takashi Murakami, aber auch über den Autismus des Backens. An ihrem Gebäck erkennt man Jugend und Moderne, was durchaus erleichternd ist in einer Dokumentation, in der die anderen mit großer Wichtigkeit über ihren Beruf sprechen. Die Vision der Köche vom perfekten Mahl scheint darin zu bestehen, alles und jedes zu bestimmen. Manchmal klingt das wie auf einem Motivationsseminar. Der Regisseur nutzt überdies jedes abgenutzte Japan-Klischee, um solche Äußerungen zu untermalen.

Es folgt der internationale Koch, Yosuke Suga, der lange Jahre Schüler des mit unzähligen Sternen bepreisten Franzosen Joël Robuchon war. Suga eröffnet einen kleinen Sightseeing-Part des Films; er reist aufs Land, besorgt dort spezielle Zutaten, besucht Bauern und Sake-Brauer. Nach ihm sieht man einen weiteren Japan-Klassiker, den Sushi-Chef, in diesem Fall Takaaki Sugita, mit dem man einen Blick in den aufregenden Tokioter Fischmarkt werfen kann. Ein sympathischer Mann, hinter dem die anderen mit ihrer ganzen Poesie zurückfallen, denn von ihm erfährt man das Grundlegende: die Feinheiten der Reiszubereitung und die Kenntnis der Fische. Schließlich gibt es bei Sushi nicht viel zu kochen, und auch in der Präsentation steckt nicht allzu viel Originalität.

Der Reiz des Exotischen

Der Umgang mit dem Essen und die Gedanken zu seiner Herstellung offenbaren wenig, worauf sich nicht auch andere regionale Küchen berufen. Allerdings hält Japan als Region für Europäer immer noch eine gewisse Exotik bereit, wenngleich man Restaurants wie diese vier im Film bei einer Japanreise wahrscheinlich kaum betreten wird. Auch deshalb lohnt der Film. Man weiß, was man versäumt.

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