Thirteen Days

Drama | USA 2000 | 145 Minuten

Regie: Roger Donaldson

Politdrama um die 13 Tage während der Kubakrise im Oktober 1962, bei der die Welt am Rande eines Atomkrieges stand. Der Film konzentriert sich ganz auf die amerikanische Seite, wobei ihm das Kunststück gelingt, eine Politik, die in erster Linie von der Sprache bestimmt wird, durch eine stimmige dramaturgische Form überzeugend und spannend darzustellen. Dabei werden die Sprachstrategien der Beteiligten als die prägenden und entscheidenden Handlungen erfahrbar. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THIRTEEN DAYS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2000
Produktionsfirma
Beacon Pictures
Regie
Roger Donaldson
Buch
David Self
Kamera
Andrzej Bartkowiak
Musik
Trevor Jones
Schnitt
Conrad Buff
Darsteller
Kevin Costner (Kenneth P. O'Donnell) · Bruce Greenwood (John F. Kennedy) · Steven Culp (Robert F. Kennedy) · Dylan Baker (Robert McNamara) · Michael Fairman (Adlai Stevenson)
Länge
145 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama | Politthriller
Externe Links
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Heimkino

Die umfangreiche Special Edition beinhaltet u.a. einen Audiokommentar des Regisseurs und des Drehbuchautors, in den zusätzlich Zitate von Personen der Zeitgeschichte (u.a. Kenndy, seinem Berater Kenneth O´Donnell, Verteidigungsminister Robert McNamara) eingeschnitten sind. Des weitern enthält die DVD eine ausführliche, erhellende Dokumentation über die Hintergründe und Entwicklung der Kubakrise.

Verleih DVD
Kinowelt (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Filme über US-Präsidenten hatten im Kino der 90er-Jahre Konjunktur. Auch Roger Donaldsons „Thirteen Days“ fällt unter das Genre der Präsidentenfilme, und doch ist er, bei allem Pathos und aller Heroisierung, die sich auch hier finden, sowie bei aller Verklärung und mancher Schönfärberei der politischen Position der Kennedy-Regierung kaum mit den anderen vergleichen, nicht mit den Satiren von Nichols und Levinson, und schon gar nicht mit der Popcorn-Action von „Absolute Power“ (fd 32 545) oder „Airforce One“ (fd 32 808). Allenfalls noch Oliver Stone („John F. Kennedy – Tatort Dallas“, fd 29 360; „Nixon“, fd 31 795) lieferte einige Akzente, die sich auch hier wiederfinden: Wie dieser nimmt Donaldson die politische Bühne zunächst einmal grundsätzlich ernst, macht sie zum Schauplatz von schicksalhaften Ereignissen, und wie Stone versucht auch Donaldson, eine semidokumentarische Atmosphäre zu erzeugen. Die Wechsel zwischen Schwarz-Weiß und Farbe, gelegentlich ergänzt um historische Originalaufnahmen und Ausschnitte aus Fernsehsendungen, gehören aber eher zu den schwächeren Aspekten von „Thirteen Days“. Im Mittelpunkt stehen die historischen Ereignisse vom Oktober 1962, die heute unter dem Stichwort „Kuba-Krise“ abgelegt sind. Tatsächlich handelte es sich eher um einen Showdown im „High Noon“-Stil zwischen den beiden Kalte-Krieg-Antipoden USA und Sowjetunion, um ein weltpolitisches Kräftemessen, das – ausgelöst von heimlich auf Kuba stationierten sowjetischen Atomraketen – bis zu einem Punkt eskalierte, an dem der mit atomaren Waffen geführte dritte Weltkrieg fast unvermeidlich schien. Zumindest zwei Tatsachen scheinen dieses Szenario zu einem schwierigen Filmstoff zu machen. Zum einen weiß man von vornherein, wie die Geschichte ausgeht: Die atomare Apokalypse hat sich nicht ereignet. Zum zweiten handelt es sich um Vorgänge, die vor allem in geschlossenen Räumen stattfinden; das Tun besteht aus endlosen Debatten, Abwägungen, Zweifeln und Ängsten, aus Kommunikationshandlungen, die häufig nur indirekt ihr Ziel verfolgen, denn die Furcht, ein falsches Signal zu geben, Angst oder Unentschlossenheit zu zeigen, überwiegt alles. Wie stellt man solche emotionalen, an herkömmlicher „Action“ überaus armen Vorgänge dar? Gerade diese beiden Kardinalprobleme bewältigt Donaldson meisterhaft. Indem er gar nicht erst versucht, eine irgendwie „objektive“ Sicht zu zeigen, indem er sich auf die subjektiven Perspektiven der politischen Akteure im Weißen Haus konzentriert, zieht er die Zuschauer mehr und mehr in die Dramatik des Ablaufs hinein und lässt den Ausgang des Geschehens vergessen. Man erlebt einen Männerbund in Grau gekleideter, ständig redender Herren in weißen Räumen, die mit Präsidentenbüsten oder geschmacklosen Bildern von Seeschlachten und Büffeljagden geschmückt sind. Hier setzen sich zumeist diejenigen durch, die eine große Klappe haben. Kein einziges Mal gibt „Thirteen Days“ Einblick in die russische Sicht der Dinge. Das ist gut für den Film. Sein Thema sind die internen Konflikte und Probleme, der Blick auf den Apparat bei der Arbeit. Man beobachtet die Mechanismen des Handelns, spürt die Zwänge, denen auch die Handelnden ausgesetzt sind, und ihre Ohnmacht. So ist „Thirteen Days“ zuallererst ein Film darüber, wie Politik funktioniert, über die wahrscheinlich immer noch nicht allen bewusste Tatsache, dass kein Machtzentrum „mit einer Stimme“ spricht, das vielerlei Interessen und unterschiedliche Denkschemata das Handeln prägen, und vor allem individuelle Psychologien. Indem Donaldson diesen Aspekt ins Zentrum steht, wird Politik zum Schauplatz eines Psychothrillers, dessen Spannung von Innen kommt und der Action nicht nötig hat, weil die anfänglich visuell skizzierte Bedrohung immer latent und insofern auch real vorhanden bleibt. Wie alle Thriller braucht auch dieser seine Helden. Zum Stellvertreter des Zuschauers wird der Präsidentenberater Kenneth O’Donnell, eine der blassesten Gestalten in Kennedys Tafelrunde. Kevin Costner leiht diesem Mann, der überall dabei war, ohne je entscheidend einzugreifen, seinen Star-Appeal, das seit jeher leicht antiquiert wirkt und insofern perfekt in die Ära der frühen 60er-Jahre passt. Die eigentlichen Helden dieses Dramas sind aber die Kennedy-Brüder. Bruce Greenwood und Steven Culp verhalf vor allem ihre Ähnlichkeit mit John F. Kennedy und seinem Bruder Robert zu einer Hauptrolle. Besonders Greenwood überzeugt über alle angeeignete Gestik hinaus durch sein sehr zurückgenommenes Spiel, mit dem er dem Bild des Präsidenten einiges von seinem pathetischen Heroismus nimmt. Dennoch bleibt es letztlich verwaschen zwischen der Verklärung des politischen Jahrhundert-Mythos Amerikas und dem Porträt eines unsicheren Zauderers, der bereit war, einen Atomkrieg zu führen. Vielleicht ist diese Unsicherheit aber historisch angemessener, als wenn sich Donaldson ganz auf eine Seite geschlagen hätte. Letztlich ist es ein unverklärtes Bild des Politischen, das hier gezeigt wird. Zwischen heiligem Ernst und spielerischer Risikobereitschaft der Akteure konzentriert sich der Film vor allem auf das historisch belegte, an Konspiration grenzende Treiben des US-Militärs, das am Präsidenten vorbei an einer Eskalation der Lage interessiert war. Gegenüber John Frankenheimers „Sieben Tage im Mai“ (fd 12 641) bleibt Donaldson weniger deutlich. Fast beiläufig zeigt er die Mischung aus Naivität und Skrupellosigkeit, und die nahezu verzweifelten Bemühungen der Berater und des Verteidigungsministers McNamara, das illoyale Militär im Zaum zu halten. Desweiteren vermittelt der Film, dass Politik zu wesentlichen Teilen ein Zeichenhandeln ist. Zum Großteil symbolisch setzt sich die komplizierte Botschaft aus der Fülle kleiner Gesten zusammen. „Das ist keine Blockade, sondern Sprache“, erklärt McNamara einmal einem begriffsstutzigen Admiral die Funktion von Warnschüssen. Auch Drohungen, auch der Einsatz militärischer Mittel bleiben immer Fortsetzung von Politik. Irgendwann, so scheint es, kommt freilich der Punkt, an dem man einander vertrauen muss, sei es nicht auf den guten Willen, dann zumindest auf die Rationalität der Beteiligten. So gehen Emotionen und rationales Kalkül in diesem Fall eine schwer durchschaubare Mischung ein. Die Sicherheit, in der man sich wiegt, aber auch jene gelegentlich gern zur Schau gestellte Politikverachtung, wird in „Thirteen Days“ nachhaltig erschüttert.
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