Komödie | Deutschland 2013 | 96 Minuten

Regie: Züli Aladağ

Der Leiter des Kölner Ausländeramts und ein Hodscha geraten in einen erbitterten Streit um illegale Heiratsvermittlung. Da tritt die junge Generation auf den Plan: Der Neffe des rassistischen Beamten und die Tochter des traditionsbewussten Moschee-Vorstehers versuchen, die Wogen zu glätten, verlieben sich ineinander und wirbeln damit noch mehr interkulturellen Staub auf. Temporeiche Komödie, die mit treffendem Wortwitz und psychologischem Feingefühl Schlüsselpositionen der so genannten Integrationsdebatte konterkariert. Dabei gelingt es ihr freilich nicht immer, im Spiel mit den Vorurteilen vorhandene Klischees überzeugend zu brechen. - Ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Sperl Prod./ZDF/ARTE
Regie
Züli Aladağ
Buch
Ali Samadi Ahadi · Arne Nolting · Gabriela Sperl · Züli Aladağ
Kamera
Kolja Brandt
Musik
Michael Kadelbach · Christopher Bremus
Schnitt
Anne Fabini
Darsteller
Pegah Ferydoni (Lale) · Christoph Maria Herbst (Dr. Ludwig Sarheimer) · Vedat Erincin (Hodscha Cengiz Demirkan) · Christoph Letkowski (Marc Rehmann) · Nadja Uhl (Connie)
Länge
96 Minuten
Kinostart
05.02.2015
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
dcm/Universum (16:9, 2.35:1, DD5.1 dt.)
Verleih Blu-ray
dcm/Universum (16:9, 2.35:1, dts-HDMA dt.)
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Temporeiche Multikulti-Liebeskomödie.

Diskussion
Spätestens seit den Erfolgen von „Blockbustern“ wie „Türkisch für Anfänger“ (fd 40 991) oder kunstsinnigeren Filmen wie „Evet, ich will“ (fd 39 492) ist die Interkulti-Komödie zum festen Bestandteil des deutschsprachigen Unterhaltungsfilms geworden. Züli Aladağ fügt dem Genre ein weiteres Beispiel hinzu, das mit politisch unkorrekter Didaktik treffsicher ins Herz der deutschen Integrationsdebatte vorstößt. Sein Protagonist Dr. Ludwig Sarheimer vom Kölner Ausländeramt macht unerbittlich Jagd auf illegal in Deutschland lebende Ausländer. Klar, dass er den Moschee-Vorsteher Demirkan auf dem Kieker hat, der sich mit der Vermittlung von Frauen aus der Türkei an türkischstämmige Deutsche ein kleines Zubrot verdient. Hier der rassistische Staatsbeamte, der sich als „Speerspitze des Abendlands“ bezeichnet, dort der alleinerziehende Imam, dem die Weitergabe von Familientraditionen wichtiger ist als die Einhaltung von Gesetzen. Zwei Alpha-Tiere mit festen Überzeugungen, hinter denen es die nächste Generation nicht einfach hat. So kostet es Sarheimers Neffen und Mitarbeiter Marc, der Demirkan und seiner Gemeinde mit großem Verständnis begegnet, und Demirkans Tochter Lale einiges an Geduld, die Wogen zu glätten, die mit der illegalen Ankunft neuer Bräute aus der Türkei entstehen. Als sich Marc und Lale ineinander verlieben, steht die Welt der Altvorderen schließlich vollends Kopf. Wie jede gute Sitcom bürstet auch „300 Worte Deutsch“ existierende Klischees gegen den Strich. Pegah Ferydoni spielt die zwischen traditioneller Tochterrolle und neuem Frauenbild pendelnde, bisweilen zerrissene junge Lale. Hier die Kopftuchträgerin, die dem traditionellen Gesellschaftsverständnis des von ihr geliebten Vaters Respekt zollt, dort die Studentin und erfolgreiche Karatekämpferin – zwei unterschiedliche Rollen, aber mit dem gleichen Selbstbewusstsein überzeugend in Szene gesetzt. Lale muss nicht nur gegen die festgefahrenen Wertvorstellungen ihres Vaters ankämpfen, der von Vedat Erincin als nervöser Hodscha mit zu hohem Blutdruck in bester Louis-de-Funès-Tradition gespielt wird, sondern auch gegen die zwar zugängliche, aber auch gönnerhafte Political Correctness von Sarheimers Neffen. Ferydoni und Erincin schaffen es, die biografischen und sozialen Brechungen ihrer Figuren als nuancenreich agierendes Vater-Tochter-Gespann überzeugend darzustellen – ein psychologischer Detailreichtum, der auf der „deutschen“ Seite leider etwas verloren geht. Der wehleidig agierende Marc (Christoph Letkowski) und sein plump rassistischer Onkel (Christoph Maria Herbst) bleiben Abziehbilder des Gutmenschen bzw. des „hässlichen Deutschen“, deren Figuren zuweilen auf der Stelle treten - aber seit dem Popularitätsgewinn rassistischer Äußerungen durch die „Pegiada“-Demos eine kaum vorhersehbare Renaissance gewinnen. Eine Ungleichzeitigkeit, die durch zahlreiche treffsichere Pointen wettgemacht wird, darunter Sarheimers Thilo Sarrazin-Scheitel oder der Deutschunterricht, den Lale ausgerechnet im „Schlesiensaal“ des Ausländeramtes anbietet. „300 Worte Deutsch“ hat dabei vor allem das türkischstämmige Publikum im Blick: Bei Lale lernen die Neuankömmlinge nicht nur Deutsch, sondern auch, wie man sich gegen männliches Machtverhalten wehrt und dass Sex durchaus auch „super“ sein kann. Es ist schlicht genial, wie die türkische Frauenklasse dort zwischen Schlesiertrachten, darunter auffallend viele weibliche Kleidungen mit Kopftuch und Haube, im Chor den Satz „Männer sind Schweine“ einüben. Es sind diese Details, die „300 Worte Deutsch“ sehenswert machen, eingebettet in eine Situationskomik, die permanent mit dem Begriff „Heimat“ jongliert und mit viel Tempo über vereinzelte „Lindenstraße“-Referenzen wie die Turtelei zwischen dem Lebensmittelhändler Emre und Sarheimers Sekretärin Connie hinwegtäuscht. Auch wenn es mitunter etwas überdeutlich wird: Mit „300 Worte Deutsch“ schafft es das Gespann aus den Drehbuchautoren Arne Nolting und Ali Samadi Ahadi, der Produzentin Gabriela Sperl und dem Regisseur Aladağ, die durchaus liebenswürdigen Dissonanzen des vielschichtigen interkulturellen Mit- und Gegeneinanders auf den Punkt zu bringen. Mit versöhnlichem, aber durchaus offenem Ende, an dem weit mehr als die Frage steht, ob der Enkelsohn nun Mehmet oder Anton heißen soll. Oder, wie es Dr. Sarheimer alias Theo Sarrazin am Ende der turbulenten Komödie ausdrückt: „Ich verstehe das alles nicht mehr. Ich glaube, ich sollte mal ein Buch darüber schreiben.“
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