Drama | Spanien 2011 | 94 (24 B./sec.) Minuten

Regie: Maru Solores

Ein 13-jähriges Mädchen, das nach einem Unfall nahezu erblindet ist, kämpft mit den Höhen und Tiefen der Pubertät. Seine Eltern nehmen davon kaum Notiz, da es ihnen ausschließlich darum geht, Geld für eine teure Augenoperation in den USA zu sammeln. Als ein Onkel das Interesse des Mädchens fürs Fotografieren weckt, entdeckt es, dass seine Familie nur noch durch seine Blindheit zusammengehalten wird und es selbst im Zentrum eines Geflechts unerfüllter Leidenschaften, verletzter Gefühle und Kränkungen steht. Das subtil und feinfühlig inszenierte Familiendrama erzählt ohne Larmoyanz vom Umgang mit Behinderten und fasst die Welt des erblindenden Mädchens in eindringliche Bilder. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
CAMERA OBSCURA
Produktionsland
Spanien
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Basque Films/Letra M/Deutsche Exotik Filmprod.
Regie
Maru Solores
Buch
Maru Solores · Ruth Rehmet
Kamera
Frank Amann
Musik
Pablo Cervantes
Schnitt
Juan Ortuoste
Darsteller
Josean Bengoetxea (Koldo) · Leire Berrocal (Luisa) · Victor Clavijo (Onkel Antonio) · Jacqueline Duarte (Ane) · Pello Madariaga (Imanol)
Länge
94 (24 B.
sec.) Minuten
Kinostart
05.12.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Cine Global/Lighthouse & Cinespañol (16:9, 1.78:1, DD5.1 span.)
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Diskussion
„Camera obscura“ bedeutet „Dunkelkammer“; der Filmtitel umschreibt in nuce das Schicksal der 13-jährigen Ane, für die das ganze Leben zur Dunkelkammer geworden ist. Das baskische Mädchen hat sein Augenlicht bei einem Unfall durch Säureverätzungen verloren. Seitdem ist das familiäre Gleichgewicht abhanden gekommen. Der Bruder Imanol fühlt sich benachteiligt, die Eltern Koldo und Lucia reagieren zunehmend gereizt und aggressiv aufeinander. Das Mädchen wird am Auge operiert, doch nach dem Eingriff scheint sich nichts verbessert zu haben. In der Hoffnung auf eine positive Entwicklung fährt die Familie einige Wochen ans Meer und lebt sich nur noch mehr auseinander. Die Mutter klammert sich an ihre Tochter, erstickt sie fast mit ihrer Überfürsorglichkeit. Der Bruder wünscht sich ein Moped, aber das Geld soll in eine neue Augenoperation, diesmal in den USA, gesteckt werden. Und der Vater will das häusliche Elend bei der Arbeit und beim Bier mit Freunden vergessen. „Camera Obscura“ ist ein Sommerfilm, mit jungen Mädchen am Strand, mit Teenagern, die am Lagerfeuer Partys feiern. Doch Ane spürt, wie sie aus der Welt der Freundinnen, aus der Welt der Sehenden, zunehmend ausgeschlossen wird, wie sie Freunden und Familie zur Last wird. Eines Tages steht Onkel Antonio vor der Tür, der Vetter des Vaters. Der Fotograf und Globetrotter bringt frischen Wind in das erstarrte Familienleben. Antonio macht das blinde Mädchen mit der Kamera vertraut. Ane benutzt sie als zusätzliches Sinnesorgan, sie filmt und fotografiert und lässt sich das Sichtbare nachher erklären. Dabei stößt sie auf Geheimnisse, auf feine Risse, die die Stabilität der Familie immer mehr bedrohen. Ane merkt, dass ihre Blindheit das letzte Glied ist, das ihre Familie noch zusammenhält, und dass sie selbst im Zentrum eines Geflechtes unerfüllter Leidenschaften, verletzter Gefühle und Kränkungen steht. In dieser Zeit kommt sie in die Pubertät, hat ihre erste Monatsblutung und hinterfragt ihr Leben, bis sie im Gespräch mit einer Freundin ihre Situation auf den Punkt bringt: „Ich will keine Operation mehr. Meine Eltern trennen sich wahrscheinlich.“ Der Debütfilm der baskischen Regisseurin Maru Solores schildert die Entwicklung Anes und die Erosion ihrer Familie leise und eindringlich. Atmosphärisch erinnert „Camera Obscura“ an die großen spanischen Kinderdramen der 1970er- und 1980er- Jahre, beispielsweise an „El espiritu de la Colmena“ (1973) von Victor Erice. Im Gegensatz zu den älteren Filmen rekurriert „Camera Obscura“ jedoch nicht mehr auf eine traumatische kollektive Vergangenheit, sondern erzählt ohne jegliche Larmoyanz vom Umgang mit Blinden und Behinderten von Ignoranz bis Bevormundung. Auch optisch gelingt es der Inszenierung, die Welt des blinden Mädchens in eindringliche Bilder zu erfassen, was den Film zu einem subtilen, feinfühligen Familiendrama macht, einem Ensemblefilm über ein blindes Mädchen, das seinen Platz im Leben sucht.
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