Gefühlt Mitte Zwanzig

Komödie | USA 2014 | 98 Minuten

Regie: Noah Baumbach

Ein etwa 45-jähriger Dokumentarfilmer aus Brooklyn und seine Frau freunden sich mit einem 20 Jahre jüngeren Pärchen an, lassen sich von der Spontaneität und Lebensfreude der Mittzwanziger anstecken und beginnen, verpassten Chancen nachzutrauern. Die melancholische Komödie stellt das Bemühen um ein modernes, "hippes" Dasein einem gepflegten Retro-Chic gegenüber, erscheint als Generationenporträt aber bisweilen allzu exemplarisch konstruiert. Dagegen überzeugt der Film als bemerkenswert leicht inszenierte Geschichte über das Filmemachen und künstlerische Prozesse. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
WHILE WE'RE YOUNG
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Scott Rudin Prod.
Regie
Noah Baumbach
Buch
Noah Baumbach
Kamera
Sam Levy
Musik
James Murphy
Schnitt
Jennifer Lame
Darsteller
Ben Stiller (Josh) · Naomi Watts (Cornelia) · Adam Driver (Jamie) · Amanda Seyfried (Darby) · Maria Dizzia (Marina)
Länge
98 Minuten
Kinostart
30.07.2015
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Square One/Universum (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Square One/Universum (16:9, 1.85:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Melancholische Komödie um einen etwa 45-jähriger Dokumentarfilmer aus Brooklyn und seine Frau, die sich von der Spontaneität und Lebensfreude eines jungen Paares anstecken lassen und verpassten Chancen nachtrauern.

Diskussion
Es gibt ein böses, aber nicht ganz falsches Vorurteil über die Filme von Regisseuren wie Noah Baumbach oder Zach Braff: In diesen könne man sich die Probleme von Menschen erzählen lassen, die keine wirklichen Probleme haben. Dieses Mal geht es bei Baumbach um Josh und Cornelia – beide jenseits der 40, beide irgendwie saturiert, beide reden einander gleich zu Beginn heftig ein, wie glücklich sie doch mit ihrer Kinderlosigkeit sind. Und dafür, dass Josh seit zehn Jahren an seinem neuen Dokumentarfilm bastelt, wohnen die beiden mit ausgesprochen viel Platz im bekanntlich auch schon hundsteuren Brooklyn – womöglich, ausgesprochen wird es nie so richtig, auch vom Geld von Cornelias Vater, der ebenfalls ein berühmter Dokumentarist ist. Nun hat sich bei Baumbach nach dessen Vorgängerfilm »Frances Ha« New York in ein diffuses Gefühl aufgelöst: New York, das ist da, wo halbneurotische Künstlerexistenzen die Zeit und den Raum finden, ihren Halbneurosen nachzuhängen und einander dabei zu begegnen, zu inspirieren oder zu ruinieren. Ben Stiller ist mit seiner letztlich sympathischen, zum Markenzeichen gewordenen Mischung aus Eifer, Trotz und Überforderung eine erstaunlich unauffällige – und gerade dadurch passende – Wahl für die Hauptrolle. Wenn also die Topografie der Stadt und deren »Vibe« sich ganz in die Menschen gesogen haben, ist es nur trefflich, dass Baumbach und sein Kameramann Sam Levy ihren Film im heute vielleicht schon klassisch zu nennenden 16:9-Format aufgenommen haben – einem Format, das in der Ära der Breitwandspektakel geradezu eng wirkt. Das moderne, hippe Brooklyn jedenfalls muss man sich so ähnlich vorstellen wie Jamie, den Hut tragenden, kreativ-prekären, betont lockeren Mittzwanziger, der eines Abends mit seiner Frau Darby nach einem Kurs Josh anspricht und dessen Eitelkeit streichelt. Schnell haben sich die Paare miteinander angefreundet. Erstaunlich schnell, schließlich gibt Adam Driver, einer der vielseitigsten Jungstars des amerikanischen Kinos, diesem Jamie mit seinen schlaksigen Gesten und seiner offensiven Unbekümmertheit etwas aufdringlich Oberflächliches mit. Auch Cornelia ist von Anfang an nicht gar so bezaubert wie Josh von dem jungen Burschen, der selber an einem Dokumentarfilm arbeitet. In manchen Momenten scheint es, als seien Jamie und Darby bloße Symptome der Sehnsucht nach den Chancen, die Josh und Cornelia verschenkt haben – oder verschenken mussten: Ihre Kinderlosigkeit ist keineswegs so freiwillig, wie es anfänglich den Anschein hatte. So stehen sie nun zwischen ihren langjährigen Freunden, die sich zu karikaturesken Helikopter-Eltern entwickelt haben, und der Frische und Spontaneität, die Darby und Jamie verkörpern. Diesen Konflikt konturiert Baumbach bisweilen überdeutlich: Eine mit klassischen Klängen unterlegte Montage zeigt, wie die bemühte Modernität der Älteren auf den so faszinierend ausgemalten Retro-Chic der Jüngeren trifft, Digitales auf Vinyl, iPad auf Brettspiel. Dann wieder ächzen Josh und Cornelia dem sportlichen Lebensgefühl ihrer neuen Freunde hinterher, dazu ertönt treibender HipHop (die Originalmusik stammt von James Murphy, dem Mastermind von LCD Soundsystem). Stärker als als Generationenporträt funktioniert der Film als Geschichte über das Filmemachen, über Wahrhaftigkeit und den kreativen Vatermord, der die Harmonie zwischen den Freundespärchen irgendwann entgleisen lässt. Hierbei trifft Baumbach fast immer genau jene Leichtigkeit in seiner Erzählung, die oft unglaublich schwer herzustellen ist. So kann er sich sogar einen für seine Verhältnisse geradezu bombastischen Showdown in einem fast menschenleeren Foyer gönnen, in dem das Rot der Stoffe und das Schwarz der nächtlichen Stadt hinter der riesigen Fensterwand Opulenz und Bedrohlichkeit ineinanderfließen lassen.
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