Liebe auf den ersten Schlag

Drama | Frankreich 2015 | 98 Minuten

Regie: Thomas Cailley

Ein sanftmütiger Schreiner verliebt sich in eine kratzbürstige junge Frau, die vom baldigen Ende der Welt überzeugt ist und sich einem knallharten Überlebenstraining unterzieht. Um ihr näher zu kommen, nimmt er an einem Survival-Programm der Armee teil und gerät mit ihr in einen Wald, in dem beide bald ums Überleben kämpfen. Eine eigenwillige Mischung aus Liebesgeschichte und Überlebensdrama, angesiedelt in einer mythischen Sphäre zwischen Western und Science-Fiction, getragen von der Präsenz der Hauptdarstellerin sowie der vorzüglichen Kameraarbeit. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
LES COMBATTANTS
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Nord-Ouest Films
Regie
Thomas Cailley
Buch
Thomas Cailley · Claude Le Pape
Kamera
David Cailley
Musik
Philippe Deshaies · Lionel Flairs · Benoît Rault
Schnitt
Lilian Corbeille
Darsteller
Adèle Haenel (Madeleine Beaulieu) · Kévin Azaïs (Arnaud Labrède) · Antoine Laurent (Manu Labrède) · Brigitte Roüan (Hélène Labrède) · William Lebghil (Xavier)
Länge
98 Minuten
Kinostart
02.07.2015
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Liebesfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. den Kurzfilm "Paris Shanghai" des Regisseurs (27 Min.).

Verleih DVD
Tiberius (16:9, 1.85:1, DD5.1 frz./dt.)
Verleih Blu-ray
Tiberius (16:9, 1.85:1, dts-HDMA frz./dt.)
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Eigenwilliges Liebes- und überlebensdrama

Diskussion
So unvermutet heftig und zögerlich wie in „Liebe auf den ersten Schlag“ findet das Verlieben im Kino selten statt. Was unter anderem damit zu tun hat, dass die Protagonisten auf die Liebe nicht warten und auf Romantik nicht eingestellt sind. Oder, wie es der 35-jährige, französische Regisseur Thomas Cailley formuliert: sein Kinoerstling sei eine Mischung aus „Casablanca“ (fd 19 478) und „Rambo“ (fd 23 808). Aktueller verortet man seinen Film im weiten Feld zwischen einer Nicolas Sparks-Schmonzette, Jean Denizots großartigem Aussteigerfilm „La belle vie“ und herb-schönen Provinzromanzen wie Rebecca Zlotowskis „Grand Central“. Zum ersten Mal laufen sich Arnaud und Madeleine während einer Infokampagne der Armee über den Weg. Freunde haben Arnaud für einen Selbstverteidigungskampf angemeldet. Madeleine ist seine Gegnerin. Arnaud aber ist einer, der nicht gegen Frauen kämpft, und wie sie ihn mit dem ersten Wurf aufs Kreuz legt, rettet er sich mit einem Biss in ihr Handgelenk aus der Bredouille. Selbstverständlich kann Arnaud diesen Vorfall nicht vergessen. Doch welcher Kerl könnte das schon, wird die kratzbürstige Madeleine doch von Adèle Haenel gespielt, und die vergisst man so schnell nicht wieder. Nicht nur, weil sie mit ihren stahlblauen Augen stechend blicken kann wie keine andere und einen trotzigen Schmollmund besitzt, sondern weil die 26-jährige Darstellerin seit ihren ersten Auftritten in „Les diables“ (2002) und in „Water Lilies“ (fd 38 789) eine geradezu vehemente Leinwandpräsenz an den Tag legt. Madeleine ist eine ganz auf Haenel zugeschnittene Figur. Eine aggressive, junge Frau, die Makroökonomie studiert hat und felsenfest davon überzeugt ist, dass die Welt in den nächsten zehn Jahren untergeht. Weswegen sie sich alle nur möglichen Überlebenstechniken aneignet, mit Ziegeln im Rucksack in den elterlichen Swimmingpool springt, zum Frühstück pürierten Fisch schlürft und sich für die strengste Armee-Einheit rekrutieren lassen will. Davor aber muss sie einen Vorbereitungskurs besuchen, und bei dem kommt sie Arnaud unversehens näher. Was arg verkürzt und auch verfälschend ist. Denn eigentlich erzählt Cailley aus der Sicht Arnauds und der ist, gespielt von Kévin Azaïs, ein sanftmütiger Schwerenöter. Ein Mann Anfang 20, der vor kurzem seinen Vater verloren hat und nun in der familieneigenen Schreinerei arbeitet, obwohl er insgeheim vielleicht doch andere Berufswünsche hegt. Arnaud kann seine Gefühle für Madeleine weder in Worte noch sonst irgendwie fassen. Doch er begegnet ihr wieder, als ihre Eltern in der Schreinerei ein Gartenhäuschen bestellen; dass Arnaud schließlich im gleichen Trainingslager landet wie Madeleine, verdankt man der kleinen Ranküne, zu der er trotz allem fähig ist. Unter den Armee-Aspiranten ist Arnaud der Einzige, der Madeleines Aggressionen versteht, sich auch schon mal zwischen sie und die anderen stellt; während einer Nachtübung hauen die beiden schließlich ab und finden sich alleine im Wald wieder, wo es nun wirklich ums Überleben geht. Der zweite Teil des Films hat dann etwas Märchenhaftes. Die Bilder aus den (vermeintlich) weltabgeschiedenen Wäldern Aquitaniens sind traumhaft, die verlassene Stadt, in der Madeleine und Arnaud in letzter Not stranden, ist ein (N)Irgendwo, wie man es bisweilen in Western oder SF-Filmen trifft; ein Ort, in dem das Sterben genauso eine Möglichkeit ist wie das Überleben oder die Liebe. Über zwei Jahre haben Cailley und seine Co-Autorin Claude Le Pape am Drehbuch gearbeitet und sechs Fassungen geschrieben. Gedreht wurde streng chronologisch und ohne dass die Schauspieler davor miteinander probten, weil Cailley die Magie ihrer Begegnung bewahren wollte. Das Experiment hat sich mehr als gelohnt. „Liebe auf den ersten Schlag“ ist ein einmalig eigenwilliges Leinwandstück, Love-Story und Überlebensgeschichte in einem und dazu noch voll leisen Humors.
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