Milos Forman - What Doesn't Kill You

Dokumentarfilm | Tschechien 2009 | 104 Minuten

Regie: Miloslav Smídmajer

Dokumentarische Filmbiografie über das Leben des tschechischen Regisseurs Miloš Forman (geb. 1932). Sie begleitet ihn auf einer Reise in die Vergangenheit, als er Anfang der 2000er-Jahre nach Prag zurückkehrte, um mit seinen Söhnen aus erster Ehe ein Theaterstück zu inszenieren. In der Konfrontation mit seiner Familiengeschichte wird deutlich, wie sehr Formans Leben und Schaffen von der Erfahrung totalitärer Herrschaft geprägt sind. Aus der Montage aus Interviews, Archivmaterial und Filmszenen erwächst das komplexe Porträt eines Künstlers, der zeitlebens seine Stimme gegen Diskriminierung, Folter und Zensur erhoben hat. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MILOŠ FORMAN - CO TE NEZABIJE...
Produktionsland
Tschechien
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Bio Illusion/Pluto Film & Video/Eurocine Paris/Cine Aktuell München
Regie
Miloslav Smídmajer
Buch
Miloslav Smídmajer
Kamera
Vlastimil Zan · Martin Kubala
Musik
Petr Malásek
Schnitt
Jakub Vansa · Ondrej Ctibor
Länge
104 Minuten
Kinostart
06.10.2016
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm | Künstlerporträt
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Dokumentarische Filmbiografie des in der ehemaligen Tschechoslowakei geborenen US-Regisseurs

Diskussion
Der Dokumentarfilmer Miloslav Šmídmajer begleitet den Regisseur Miloš Forman ein Jahr lang mit der Kamera auf einer Reise in die Vergangenheit. Fast 40 Jahre, nachdem Forman seine tschechische Heimat verlassen hatte, reist er mit seiner Frau und seinen zehnjährigen Zwillingssöhnen Jim und Andy dorthin zurück. Mit seinen wesentlich älteren Söhnen, den Zwillingen Petr und Matej, macht sich Forman an die gemeinsame Arbeit eines Theaterprojekts. Es ist das erste Mal, dass sich die Familie nach so langer Zeit wiedersieht. Forman hatte die damalige CSSR während des Prager Frühlings 1968 verlassen. Er emigrierte in die USA, wo er eine neue Heimat, eine neue Familie und eine Umgebung fand, in der er ohne politische Eingriffe Filme machen konnte. Die Reise in die ehemalige Tschechoslowakei ist eine Reise in die private Vergangenheit, aber auch eine Begegnung mit der eigenen künstlerischen Geschichte, die häufig Gegenstand zensorischer Auseinandersetzung war. Diese Umstände mögen dazu beigetragen haben, dass Formans Werk stark von einer postmodernen Kritik an alle Formen des Totalitären durchdrungen ist. Šmídmajer rekonstruiert diesen roten Faden als Leitlinie von Formans Leben. Mit Hilfe von Archivmaterial, alten tschechischen Nachrichtensendungen, Found Footage, Fotos und Interviews mit zeitgenössischen Kollegen und Filmemachern, aber auch mit Szenen aus Formans Filmen montiert er ein privates, künstlerisches und politisches Porträt. Šmídmajer, ein Freund der Familie, macht deutlich, dass eine große Frage Formans Schaffen grundiert: Was stellen totalitäre und korrupte Systeme mit Menschen an? Die am eigenen Leib erfahrene Diskriminierung durch die Nationalsozialisten und später durch die kommunistischen Machthaber bilden das persönliche Fundament für Formans künstlerisches Schaffen, das selbst wie eine kathartische Entdeckungsreise auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage wirkt. „What people can do to each other, is still a mystery to me“, sagt Forman zu Šmídmajer und blickt dabei an der Kamera vorbei ins Leere. Genau darum gehe es in „Goyas Geister“ (fd 37 903), nicht um den spanischen Maler, sondern um dessen Nicht-Verstehen von Diskriminierung, Verfolgung, Folter und Tod unter korrupten Machtstrukturen. In seinen Filmen kämpft Forman quasi künstlerisch dagegen an. Sein Interesse an Filmstoffen, in denen es um die Wiedererlangung von Rechten oder den Kampf gegen Ungerechtigkeiten geht, ist bei Forman immer zu erkennen. Šmídmajer flicht einzelne Filmausschnitte so geschickt zwischen die Interviewsequenzen, dass sie wie Belege für Formans Thesen wirken. So übt „Der Feuerwehrball“ (fd 16 817) ganz offensichtlich Kritik an der politischen Situation in der Tschechoslowakei; in „Einer flog über das Kuckucksnest“ (fd 19 710) steht die Krankenschwester sinnbildlich für die kommunistische Partei KSČ, und „Larry Flynt – Die nackte Wahrheit“ (fd 32 409) greift das Thema der totalen Medienkontrolle auf, ein Hauptinteresse von Nationalsozialisten und Kommunisten, so Forman. Der tschechisch-US-amerikanische Filmemacher ist vielleicht wie kein anderer Regisseur das Kind seiner Zeit. Die Umgang mit Zensur und Korruption haben ihn geprägt und in seiner Arbeit wie in seinem Denken gelenkt. Seine Filme sind Reflexionen über Machtstrukturen, die es zu durchbrechen gilt. Šmídmajer zeichnet in „Miloš Forman – What doesn’t kill you“ das Bild eines Filmemachers, bei dem Privat- und Familienleben nicht vom Werk zu trennen sind. Ein beeindruckendes Feature, das in seiner Montage fast subversive Absichten verfolgt.
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